Zusammenfassung
Angeregt von der Diskussion über die Direktausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten wird das Konzept eines psychodynamischen Fallseminars, das die Autorin an der Kassler Universität im Rahmen des Masterstudiengangs Klinische Psychologie und Psychotherapie durchgeführt hat, vorgestellt. Der Seminarinhalt verteilte sich auf drei Tage, in denen der Fragenkatalog zum Bericht an den Gutachter für einen Krankenkassenantrag erläutert und anhand von Fallbeispielen durchgearbeitet wurde. Als Leistungsnachweis sollten die Studierenden am Ende einen eigenen Fallbericht schreiben. Die Autorin geht auf die Möglichkeiten und Grenzen bei der Vermittlung psychodynamischer Theorien und Methoden im universitären Rahmen ein. Zudem beschäftigt sie sich mit der Kritik an der bisherigen Ausbildung, um auf die Notwendigkeit von Reformen hinzuweisen.
Die Direktausbildung zum Psychotherapeuten eröffnet eine große Chance für die Beibehaltung bzw. Weiterentwicklung der psychoanalytisch orientierten Therapien. Denn das Seminar stieß bei den Studierenden auf ein großes Interesse, und es erwies sich als sehr sinnvoll, dass die Studierenden schon früh mit dem psychodynamischen Denken in Kontakt kamen. Gleichzeitig wurde in den Seminaren aber auch deutlich, wie groß die Vorurteile über die psychodynamischen bzw. psychoanalytischen Theorien und Therapien sind: Einerseits bestehen utopische Vorstellungen, wie schnell man ein Psychotherapieverfahren erlernen und in welch kurzer Zeit Veränderungen bei Patienten erreicht werden könnten. Andererseits werden Psychotherapieverfahren entwertet, da deren Wirksamkeit mangels wissenschaftlicher Evidenznachweise anzuzweifeln sei. Hier gibt eine Ausbildungsreform die Möglichkeit, den Vorurteilen frühzeitig entgegenzuwirken und Forschungsprojekte anzuregen.
Abstract
Stimulated by the discussion about the direct training of psychotherapists, this article presents the concept of a psychodynamic case seminar held by the author in the context of a Master of Science degree in clinical psychology and psychotherapy at the University of Kassel. The seminar was spread over 3 days during which the catalogue of questions on the report to the experts for an application for health insurance was discussed and elaborated on the basis of case examples. To obtain a certificate of performance the students were required to write their own case study at the end of the course. The author outlines the possibilities and limitations of the instruction concerning psychodynamic theories and methods in a university context. In addition, the criticism of the previous training is considered in order to show the necessity for reform.
The direct training of psychotherapists opens up an opportunity for retention and further development of psychoanalytically oriented therapies. Particularly because the student’s interest in the seminar was obvious and it is reasonable to expose the students to psychodynamic thinking even at an early stage. At the same time the seminar clearly showed how big the prejudices towards psychoanalytical theories and therapies are. On the one hand there are utopian opinions that a psychotherapy procedure can be quickly learnt and that changes in patients can be achieved in a short time but on the other hand psychotherapeutic methods are devalued because their effectiveness should be doubted for lack of scientific evidence. Reform of the professional training could present the possibility for early prevention of prejudices and to encourage research projects.
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Sabine Morbitzer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Überarbeitete Fassung des auf der Tagung „Psychoanalyse Lehren und Lernen“ am 01.10.2015 gehaltenen Vortrags.
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Morbitzer, S. Psychodynamisches Fallseminar im Masterstudiengang. Forum Psychoanal 32, 19–30 (2016). https://doi.org/10.1007/s00451-016-0222-2
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