Lieber Leserinnen und Leser,

auch die schönste Reise endet einmal:

Am 29.09.2023 wurde Prof. Dr. med. Jochen Cremer, Ordinarius und Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, im Rahmen eines Symposiums feierlich in den Ruhestand versetzt. In den Vorträgen wurde seine beachtliche Lebensleistung als Herzchirurg und Wissenschaftler gewürdigt, und auch einige amüsante, teilweise unbekannte Details aus seinem Privatleben wurden verraten; einen Bereich, den Prof. Cremer nicht gerne in die Öffentlichkeit stellte. Die Tatsache, dass Herr Cremer 15 Jahre die Geschicke der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie (ZHTG) maßgeblich mitgestaltet hatte, wurde eher am Rande erwähnt; jetzt wird es höchste Zeit, der Leserschaft seine Bedeutung für die Zeitschrift zu offenbaren!

Nach 20 Jahren der Schriftleitung durch den Begründer Prof. Roland Hetzer erfolgte 2008 ein Relaunch der ZHTG unter dem damaligen DGTHG-Präsidenten Prof. Axel Haverich. Die Zeitschrift wurde der DGTHG übergeben und in eine Rubrikenzeitschrift, in welcher die Herausgeber für ihre jeweilige Rubrik verantwortlich zeichneten, umgewandelt. In diesem illustren Herausgeber-Board war Prof. Cremer seit der ersten Stunde vertreten und verantwortlich für die Rubrik „Stand der Wissenschaft“. Als sich 2010 Prof. Zerkowski, der erste Editor nach dem Relaunch, aus dem Amt zurückzog, wurde von der DGTHG nun eine Schriftleitung eingesetzt, mit mir als junger federführender Schriftleiter (der machen sollte …) und flankiert von Herrn Prof. Cremer sowie Prof. Mohr, später Prof. Welz als erfahrene Schriftleiter (die aufpassen sollten …). Herr Cremer, der diese Personalie maßgeblich gestaltete, ließ mich machen; er hatte in wenigen, klaren Worten sein Verständnis der Zeitschrift vermittelt: Der Auftrag ist die wissenschaftliche Weiterbildung, aber magazinartig so präsentiert, dass in ihr auch an „stillen Örtchen“ geblättert werden mag. Wichtig war ihm immer die Rubrik „Über den Tellerrand“, später „#Leben“, in der auch Themen jenseits der Herzchirurgie dargestellt werden, die die herzchirurgische Community interessieren könnte, also auch gerne einen Bericht „… über ein tolles Auto“ (dieses Motiv tauchte immer wieder auf, womit an dieser Stelle doch private Interessen durchscheinen). Diese Rubrik, sozusagen als Eyecatcher, ist heute immer noch unter den medizinischen Fachzeitschriften ein Alleinstellungsmerkmal der ZHTG. Gemeinsam haben wir in den nächsten Jahren die Zeitschrift im Herausgebergremium weiterentwickelt; der federführende Schriftleiter als Manager, Herr Cremer als Berater, der bei Problemen jederzeit helfend eingriff. Prof. Cremer sorgte dafür, dass die Zeitschrift in der DGTHG zunehmend wahrgenommen wurde, und unterstützte maßgeblich den „Pflichtbezug“ der ZHTG für jedes Mitglied der DGTHG (wodurch die Auflage von etwa 50 auf > 1100 Exemplare hochschnellte). Seine Kommunikation war sparsam, aber ausreichend und präzise, seine Arbeitsleistung vorbildlich: Als Leiter der Rubrik „Stand der Wissenschaft“, heute umbenannt in „Ausgezeichnet“, hat er insgesamt 97 Beiträge aus den unterschiedlichsten Bereichen unseres Fachgebietes bis zur Publikation betreut. Die Editorinnen des Springer-Verlages konnten im E‑Mail-Archiv keine einzige Mail direkt von Prof. Cremer finden; alles lief über seine langjährige Assistentin, Frau Bornholdt-Dudler. Einmal, als die Freigabe eines Beitrages sehr pressierte, meinte sie schmunzelnd, sie werde zum „Äußersten“ schreiten und die Anfrage ausgedruckt auf seinen Schreibtisch legen; dieses Alarmzeichen führte zur sofortigen Erledigung. In der Summe war das Urteil über die Zusammenarbeit der Redakteurinnen aus dem Springer-Verlag mit ihm, der auch bei den halbjährlichen Herausgebersitzungen fast immer anwesend war, eindeutig: „Herr Cremer war toll; er hat sich nie in den Vordergrund gespielt, aber wenn er etwas sagte, war es fundiert und konstruktiv.“

Im illustren Herausgeber-Board war Prof. Cremer seit der ersten Stunde vertreten

Nun geht die Reise von Prof. em. Cremer (Def. Emeritierung: altersbedingte Befreiung von der Pflicht) mit neuen Zielen weiter. Konsequent wie er ist hat er mit der Emeritierung seine Tätigkeit als Schriftleiter niedergelegt. Wir haben uns mehrfach über die Zeit danach unterhalten; er konnte mir glaubhaft versichern, dass seine 7 Kinder, seine Frau und seine zahlreichen Hobbys, die hier weiterhin im Ungefähren bleiben, ihn auf Trab halten würden. So sehr er seinen Beruf geliebt hat, so wenig jammert er über sein Ende und freut sich auf neue, spannende Erfahrungen in anderen Bereichen.

Auch im Namen der Herausgeber der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie sowie des Springer-Verlages danke ich Herrn Prof. em. Jochen Cremer für seinen außerordentlichen Beitrag zum Gelingen des Journals. Persönlich bedanke ich mich für seine Unterstützung und Förderung, die er in seiner zurückhaltenden Art mit vorbildlicher Zuverlässigkeit ausgeübt hat; er wird mir als die langjährige Konstante, aber auch als Mensch in der zukünftigen Arbeit für die ZHTG fehlen.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr

Klaus Kallenbach