Die Herz-Kreislauf-Medizin hat in den letzten Jahrzehnten wie kaum ein anderes Fach einen rasanten Wandel durchlaufen, der die Prognose der betroffenen Patienten wesentlich verbessern konnte. Dies betrifft besonders die Behandlung der thorakalen und abdominellen Aorta. Chronische und akute Erkrankungen der Aorta finden sich in der westlichen Welt unter den 15 häufigsten Todesursachen der über 65-Jährigen. Von einigen genetisch determinierten Ursachen abgesehen sind Aortenerkrankungen Leiden mit parallel zum Alter steigender Inzidenz. Somit ist auch aus demografischen Gründen eine weitere Zunahme der klinischen und sozioökonomischen Bedeutung dieser Erkrankungen zu prognostizieren. Insbesondere das akute Aortensyndrom ist aufgrund neuerer Leitlinien, aber auch verbesserter Bildgebungsverfahren in ein breiteres Bewusstsein der Behandlungsteams von Notfallaufnahmen gerückt. Geschätzt finden sich unter ca. 200–300 Fällen mit akutem Thoraxschmerz und primär vermutetem akuten Koronarsyndrom 1–2 Kranke mit akuter Aortendissektion, gedeckter Aortenruptur oder einem sog. perforierten Aortenulkus (PAU). Die Erkrankung ist von einer hohen Mortalität, im Falle des Überlebens auch von schweren Organkomplikationen bedroht.

Prognostisch entscheidend sind zunächst eine indikationsgerechte elektive Versorgung von Aortenaneurysmen, beim Auftreten eines akuten Aortensyndroms die klare, gut definierte Strategie zur Diagnostik und Therapie. Gerade aber die Festlegung des korrekten elektiven Operationszeitpunkts benötigt auch möglichst umfassende Einsicht in die pathophysiologischen Zusammenhänge der Entstehung und Progression von Aortenaneurysmen.

Die Therapie der Aortenaneurysmen kann, wie ich meine, uneingeschränkt als Domäne der Chirurgie bezeichnet werden. Chirurgische Techniken erlauben sowohl die klassische offene Aneurysmaausschaltung als auch das Bereithalten aller Zugangswege für interventionelle und endovaskuläre Verfahren, ggf. auch in Hybridtechnik mit zusätzlichen sog. Debranching-Lösungen. In diesem Sinn befasst sich diese Ausgabe der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie in drei Artikeln mit Aortenerkrankungen. Wolfgang Hemmer gibt in seinem CME-zertifizierten Fortbildungsartikel eine umfassende Darstellung der chirurgischen Behandlung des Aortenbogens, Mathias Wilhelmi beschreibt unter der Rubrik „Operative Techniken“ die konventionelle Chirurgie der abdominellen Aorta. Letztlich wird aber auch die Grundlagenwissenschaft berücksichtigt. So möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Lektüre der Übersichtsarbeit zu den molekularen Mechanismen von Aortenerkrankungen empfehlen.

Darüber hinaus finden Sie weitere spannende Themen. So analysiert außerhalb der obig beschriebenen Thematik Arndt-H. Kiessling die Evidenzstärke der auf unserer Jahrestagung 2015 präsentierten Arbeiten. Besonders lesenswert dabei ist der auf einer eigenen Analyse chirurgischer wissenschaftlicher Arbeiten basierende Kommentar von Axel Haverich.

Letztlich wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Studium dieser Ausgabe der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie.

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Prof. Dr. A. Welz