Liebe Leserinnen und Leser,

die Techniken der extrakorporalen Zirkulation und somit auch der temporären kardiopulmonalen Ersatztherapien sind ohne Ausnahme auf die Entwicklung der Chirurgie am offenen Herzen zurückzuführen. Am 06.05.1953 gelang John H. Gibbon (1903–1973) an der Pennsylvania University in Philadelphia die erste erfolgreiche Herzoperation unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM) am Menschen. Das von ihm entwickelte System, benannt als Mayo-Gibbon-Modell, erfuhr in der Folge weite Verbreitung. Nur 5 Jahre später führte dann Rudolf Zenker (1903–1984) in Marburg die erste erfolgreiche Herzoperation unter Verwendung der HLM in Deutschland durch. Dieser kurze Ausflug in die Geschichte soll Ihnen die kontinuierliche wechselseitige Beeinflussung von Fortschritten in der Kardiovaskularchirurgie, Weiterentwicklungen und Verbesserungen der extrakorporalen Zirkulation sowie der dabei erforderlichen medizintechnischen Komponenten in Erinnerung rufen. Ohne diese in beide Richtungen verlaufenden Impulse zwischen Herzchirurgie und Medizintechnik wäre der heute weit verbreitete Einsatz der lebenserhaltenden Systeme, die unter dem Terminus Extracorporeal Life Support (ECLS) Systems als Oberbegriff für venovenöse und venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) zusammengefasst werden, nicht denkbar. Ihr Einsatz erstreckt sich inzwischen auf praktisch alle Bereiche der klinischen Medizin.

Dies verdeutlicht in anschaulicher Weise die Kasuistik von S. Günther. Sie beschreibt den Einsatz eines mobilen ECLS-Teams im Kreißsaal zur Therapie der fulminanten Fruchtwasserembolie, einer der meist gefürchteten peripartalen Komplikationen. A. Liebold gibt unter der Rubrik „CME Zertifizierte Fortbildung“ einen Überblick über den aktuellen Stand und die derzeitige Entwicklung der extrakorporalen Zirkulation. Diese genannten Beiträge knüpfen nahtlos an eine Übersichtsarbeit zur ECMO in der Rubrik „Operative Techniken“ in Heft 04/2015 an. Ich möchte die kontinuierliche Bearbeitung dieses Themenkomplexes in der Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie begrüßen und unser Fachgebiet, insbesondere die nachwachsende Generation von Herzchirurgen, ermuntern, das faszinierende Thema „Extrakorporale Zirkulation“ in Klinik und Forschung auch zukünftig an führender Stelle zu besetzen.

Extracorporeal Life Support erstreckt sich auf alle Bereiche der klinischen Medizin

Darüber hinaus enthält diese Ausgabe wieder eine breite Palette von Publikationen, die für die tägliche Arbeit von Herzchirurginnen und Herzchirurgen überaus informativ und nützlich sind. Sie decken alle Einsatzorte in der Herzchirurgie ab und reichen vom Operationssaal (z. B. „Aortenwurzelersatz“ von A. El-Essawi), über die Intensivstation („Störungen des Endokriniums“ von K. Pilarczyk) bis in die wissenschaftlichen Laboratorien („Pathophysiologie der arteriellen Gefäßerkrankung“ von T. Deuse) und unsere Dienstbüros („Strategische Zukunftsplanung mithilfe der Szenarioanalyse“ von K. Backhaus et al.).

„Last but not least“ unter unserer neuen Rubrik #Leben stellt K. Gelhardt eine überraschende Verknüpfung von „Medizin und Raum“ her.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Vergnügen und Erkenntnisgewinn beim Studium der vorliegenden Ausgabe der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie.

Ihr

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Armin Welz