Liebe Leserinnen und Leser,

Qualität und Transparenz in der Medizin sind in aller Munde. Gesetzlich vorgeschrieben in der Krankenhausmedizin ist die externe vergleichende Qualitätssicherung gemäß dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Ergebnisse der Auswertung müssen inzwischen jährlich im Qualitätsbericht der Krankenhäuser publiziert werden. Die Daten sind insbesondere für Laien nicht leicht zu finden und schwer zu interpretieren. Vonseiten der Kostenträger wird an vereinfachten Methoden der Ableitung von Ergebnisqualität auf der Basis von Routinedaten gearbeitet. Im Internet oder in gedruckten Presseorganen werden Ranglisten basierend auf unterschiedlichsten Quellen publiziert.

Qualität und Transparenz in der Medizin sind in aller Munde

Diese Ausgabe der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie beginnt mit einer Übersichtsarbeit zur Risikoadjustierung. Im Einzelnen wird eine umfassende Zusammenschau der für die Herzchirurgie entwickelten Risiko-Scores geboten. Ein aussagekräftiger Vergleich der Ergebnisqualität einzelner Zentren ist, wenn überhaupt, nur unter Einschluss einer auf validen Scoring-Systemen basierenden Risikoadjustierung möglich. Nur dadurch ist die mathematische Berücksichtigung der das Behandlungsergebnis mit postoperativer Morbidität und Mortalität beeinflussenden patientenbezogenen Parameter möglich. Lediglich unter Berücksichtigung dieser Daten ist wohl ein Interhospitalvergleich zulässig und auch für Öffentlichkeit und Patienten nützlich. Dies ist nicht nur im Sinne der zu Recht eingeforderten Transparenz der Ergebnisse von größter Wichtigkeit. Es hilft auch uns in unserem Bestreben um die kontinuierliche Verbesserung von Struktur- und Prozessqualität sowie der persönlichen Qualifikation der an der herzchirurgischen Behandlung beteiligten Personen und Berufsgruppen. Neben öffentlich eingeforderter Transparenz und unseren Bemühungen um Benchmark-Kriterien zur eigenen Qualitätssteigerung kommt geeigneten Risiko-Scores auch für die Entscheidungsfindung bei verschiedenen zur Verfügung stehenden Therapieoptionen zunehmend Bedeutung zu. Ich denke dabei auch an die fulminante Entwicklung kathetergestützter Klappeneingriffe.

Somit gibt es zahlreiche wichtige Gründe, die es angebracht erscheinen lassen, grundlegendes Verständnis für Risiko-Scores und deren Entwicklung zu erarbeiten. W. Schiller stellt in seinem Beitrag die Formel für die Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit p einer Komplikation dar. Sie lautet

(Equ1)

Dies entspricht der Auflösung der grundlegenden Formel der logistischen Regression nach p

(Equ2)

Dabei entspricht βn den aus einer Prüfpopulation errechneten Regressionskoeffizienten, xn wird als 1 gesetzt bei Vorhandensein eines Risikofaktors, als 0 bei Fehlen desselben. Das Intercept β0 fungiert als statistischer Korrekturfaktor. Die Formel ermöglicht z. B. die Berechnung einer „predicted mortality“. Diese kann dann, bezogen auf das eigene Gesamtkollektiv, zur „observed mortality“ in Beziehung gesetzt werden. Das Verhältnis observed/predicted ist bei Validität des Scores von der Zusammensetzung des eigenen Patientenkollektivs unabhängiger. Ein Wert deutlich >1 kann dann im Einzelfall einer Klinik Anlass zu Qualitätsüberlegungen sein.

Es ist das große Verdienst der mit der externen Qualitätssicherung betrauten Institute, zunächst BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit GmbH und derzeit AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, dieser Tatsache gemeinsam mit den Fachgruppen Rechnung getragen zu haben. Darüber hinaus gelang es, aufbauend auf dem umfangreichen und, weil verpflichtend, annähernd alle Patienten umfassenden – somit vollständigen – Datenpool eigene für das bundesdeutsche Patientenkollektiv geeichte Risiko-Scores zu errechnen und zu publizieren.

Herr Kollege Schiller ist seit Jahren Mitglied der Expertengruppe Herzchirurgie bei der externen Qualitätssicherung. Es ist ihm gelungen, das für Chirurgen trockene, aber in meinen Augen sehr wichtige Gebiet der Risiko-Scores verständlich zu beleuchten.

Darüber hinaus umfasst diese Ausgabe wieder spannende und lesenswerte Beiträge zu chirurgischen Techniken, aber auch juristischen Themen und Problemen des Krankenhausmanagements. Besonders herausheben möchte ich noch, um beim Thema Mathematik zu bleiben, den Beitrag in der Rubrik CME Zertifizierte Fortbildung von H. Burger: Implantierbare kardiale elektronische Systeme – Indikationen und Algorithmen. Es ist mir persönlich ein großes Anliegen, daran zu arbeiten, dass diese Expertise unter den in der Herzchirurgie tätigen Kollegen auf höchstem Niveau erhalten bleibt.

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und kritischen Studium der Beiträge dieser Ausgabe der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr Armin Welz