Hilfesituation und Hilfeperspektive von erheblich beeinträchtigten Kranken mit rheumatoider Arthritis

Zusammenfassung

Einleitung Trotz therapeutischer Fortschritte führt die rheumatoide Arthritis (RA) noch immer bei einem Drittel der Kranken zu schwerwiegenden Funktionsbeeinträchtigungen und Abhängigkeit von fremder Hilfe. Es ist wenig bekannt, wie hilfeabhängige RA-Kranke – insbesondere alleinlebende – ihren Alltag bewältigen, welchen Hilfebedarf sie haben, wer die Hilfe leistet, von welchen Hilfeperspektiven sie ausgehen und welche patienten- und ressourcenseitigen Merkmale mit ungedecktem Hilfebedarf assoziiert sind. Methoden An einer repräsentativen Stichprobe deutlich funktionsbeeinträchtigter RA-Kranker wurden in standardisierten Interviews Daten zur aktuellen Lebenssituation, zur Funktionsfähigkeit, zum Hilfebedarf, zu Merkmalen der Hilfepersonen, zur Stabilität der Hilfesituation, zu Wohnpräferenzen und zur Inanspruchnahmehaltung erhoben. Die Untersuchungsteilnehmer wurden als hilfeabhängig bzw. hilfeunabhängig klassifiziert. Ergebnisse Alleinlebende Untersuchungsteilnehmer erhielten bei vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen zeitlich nur etwa ein Drittel so viel Hilfe wie RA-Kranke in Mehrpersonenhaushalten. Bei ihnen rangierten private Hilfepersonen erst an zweiter Stelle hinter Mitarbeitern sozialer Institutionen und bezahlten Haushaltshilfen. Trotz häufig fragiler Zukunftsabsicherung konnten sich nur sehr wenige Hilfeabhängige ein Leben in einem Wohnheim vorstellen. Institutionalisiertes Wohnen war – unabhängig von Funktionsbeeinträchtigungen, Adäquanz der derzeitigen Hilfe und finanziellen Verhältnissen – mehrheitlich aversiv besetzt. Ungedeckter Hilfebedarf fand sich weitgehend unabhängig vom Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und der verfügbaren Ressourcen, aber hoch abhängig von Alter und Gesundheit der Hilfepersonen und der Inanspruchnahmehaltung der Hilfeabhängigen. Schlussfolgerungen Eine angemessene Wohnung vorausgesetzt, waren die meisten Bedingungen für ein selbstbestimmtes Leben schwer beeinträchtigter RA-Kranker im Rahmen vorhandener Beratungs- und Hilfesysteme zu erfüllen, es kommt jedoch darauf an, den Betroffenen und ihren Hilfepersonen die Inanspruchnahme sozialmedizinischer und sozialer Ressourcen zu vermitteln.

Summary

Introduction Although increased efforts have been made, rhaumatoid arthritis still leads to severe disability and dependence on external help in about one-third of the patients. Relatively little is known on how hel-dependent RA patients manage everyday life, to what extent they need help, by whom the help is given, what the patients’ future help perspectives are and what kind of patient- and resource-related characteristics are associated with unmet need. Methods By means of standardized interviews a representative sample of severley disabled RA patients was investigated with respect to present life situation, functional capacity, amount of help needed, relationship of caregiver and patient, health status of caregiver, stability of the help situation, housing preferences and help-seeking behaviour. The patients were classified as being either in definite need of help or independent of external help. Results Patients with comparable disabilities living on their own had only one-third of the help of those living together with others. They received help slightly more often from non-family caregivers, such as visiting nurses or privately paid household help, than from family members. Although many patients had rather uncertain perspectives for the future, the majority vehemently rejected living in a retirement home or in a home for the disabled. This refusal to live in an institution was independent of functional capacity, adequacy of the present help situation and the financial situation. Unmet need was highly associated with the age and health status of the caregiver as well as the help-seeking behaviour of the dependent person, but not with functional status or available resources. Conclusion Given an appropriate home, the majority of conditions for a self-determined life for help-dependent RA patients are satisfied by the present outpatient help and care systems in Germany, but patients and their care givers need to be encouraged to take advantage of the available help and care facilities.