In der Pathogenese vieler entzündlich-rheumatischer Erkrankungen spielen Autoantikörper eine zentrale Rolle. Diese werden von Plasmazellen produziert und sezerniert. Vorläuferzelle der Plasmazelle ist die B‑Zelle, die nach Aktivierung durch Antigenkontakt zunächst zu einem Antikörper-sezernierenden Plasmablast differenziert. Aus diesem entsteht wiederum die reife Plasmazelle. Somit stellen diese Zellen, die pathogene Autoantikörper produzieren, wichtige Targets in der Therapie von immunvermittelten Erkrankungen dar.

Insbesondere die langlebigen Gedächtnis-Plasmazellen sind in den letzten Jahren in den Vordergrund des Interesses gerückt, da sie resistent gegen die üblichen immunsuppressiven Medikamente und Therapien sind, die B‑Zellen als Ziel haben. Hierzu haben Arbeitsgruppen des DRFZ wegweisende Beiträge geleistet und eine neue Ära in der Therapie von Autoantikörper-vermittelten Erkrankungen, mit der Gedächtnis-Plasmazelle als Target, eingeleitet.

Störung der B-Zell-Homöostase in der Autoimmunität

B‑Zellen sind nicht nur als Vorläufer der Autoantikörper-sezernierenden Plasmablasten und Plasmazellen an Autoimmunprozessen beteiligt. So können sie auch durch die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine zum Entzündungsprozess beitragen und durch die Präsentation von körpereigenen und kreuzreagierenden Antigenen die Autoimmunprozesse weiter anheizen. Von großer Bedeutung sowohl für die Diagnostik als auch die Pathogenese war der im Jahr 2000 publizierte Nachweis einer gestörten B‑Zell-Homöostase im peripheren Blut von Patienten mit aktivem systemischem Lupus erythematodes (SLE). Bei bekannter B‑Zell-Lymphopenie konnte eine Vermehrung von CD19+/CD20-B-Zellen, die eine starke Expression von CD27 aufweisen, im peripheren Blut gefunden werden. Bei diesen Zellen handelt es sich um proliferierende Plasmablasten, die Ausdruck einer B‑Zell Aktivierung sind [24]. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass hierzu auch Plasmablasten mit einem mukosalen Phänotyp beitragen [23]. Die Zahl der Plasmablasten korreliert mit den Spiegeln der Anti-DNA-Autoantikörper im Blut sowie der Aktivität der Erkrankung [14]. Bei Autoimmunerkrankungen, wie dem SLE, lassen sich deutlich erhöhte Plasmablasten so lange im Blut nachweisen, wie die Erkrankung aktiv ist. Das erklärt sich damit, dass sie ständig aus aktivierten B‑Zellen generiert werden. Im Gegensatz dazu erscheinen bei einer Impfung, z. B. mit Tetanus-Toxoid, Plasmablasten, die Antikörper gegen das Vakzin sezernieren, nur kurzzeitig am Tag 7 nach der Impfung im Blut [25].

B‑Zellen produzieren in der Autoimmunität weniger Zytokine

Seitdem gab es eine intensive Erforschung der weiteren phänotypischen und funktionellen B‑Zell-Subsets bei diesen Erkrankungen, um die Immunpathogenese besser zu verstehen und dadurch therapeutische Targets zu identifizieren. So ist es erstmals gelungen, die gestörte Expression von Chemokin-Rezeptoren, wie CXCR3, CCR6, CCR7 und CCR9, Oberflächenmarkern wie z. B. CD27, Immunglobulin D (IgD) und CD95, Transkriptionsfaktoren wie STAT1 und Checkpoint-Molekülen, wie PD‑1 oder BTLA, zu beschreiben [3, 9, 31, 36]. Völlig überraschend produzieren B‑Zellen in der Autoimmunität weniger Zytokine und weisen zudem eine verminderte TLR- und BCR-Antwort auf. Auf molekularer Ebene spiegelt sich dies in einer reduzierten Proteintyrosinkinase-Phosphorylierung von Syk, BTK und PLCg‑2 sowie in einer gesteigerten Expression von Oberflächenmolekülen wie CD22 wider [35].

Es ist daher davon auszugehen, dass sich die molekularen Signaturen der B‑ und Plasmazellen, je nachdem, ob sie z. B. bei einer Impfung oder während eines Rheumaschubs entstehen, unterscheiden. Bei der antigenspezifischen Analyse zeigte sich, dass bei einer Primärimpfung die B‑Zellen sowohl aus dem naiven Pool als auch aus kreuzreaktiven Gedächtnis-B-Zellen rekrutiert werden, während sie bei der Sekundärimpfung nur noch aus dem Gedächtnispool reaktiviert werden [8]. Kürzlich wurde mit dieser Technologie die Wirksamkeit der COVID-19-mRNA-Impfstoffe auf B‑ und Plasma-Zell-Reaktionen bei Dialysepatienten und Nierentransplantatempfängern im Vergleich zu gesunden Kontrollen untersucht. Sowohl Dialysepatienten als auch Nierentransplantierte wiesen dabei eine deutlich reduzierte und verzögerte Impfantwort auf, was Konsequenzen für die Impfstrategie bei diesen Patienten hat [29].

Die Forschungsergebnisse zur gestörten B‑Zell-Homöostase haben wesentlich zum Verständnis von B‑Zell-gerichteten Therapien bei rheumatischen Erkrankungen beigetragen. Sie haben geholfen, das Nutzen-Risiko-Verhältnis von B‑Zell-gerichteten Therapien zu verbessern sowie gleichzeitig mehr Erkenntnisse über biologische Prozesse, die bei schützenden Immunreaktionen und Impfungen ablaufen, zu gewinnen.

Bedeutung des IgM-Fc-Rezeptors (FcµR) für die Regulation von Autoimmunität

Die regulatorische Rolle des IgM-Fc-Rezeptors (FcµR), dem jüngsten Mitglied der FcR-Familie, ist bislang nicht ausreichend geklärt. Aus Studien mit Mäusen, die kein IgM sezernieren können, geht hervor, dass sowohl das natürliche als auch das antigeninduzierte IgM für den Schutz vor Krankheitserregern und für die Regulierung der Immunantwort gegen Autoantigene wichtig sind. Die Rolle des FcµR bei diesen Effektorfunktionen wird seit seiner Identifizierung beim Menschen mittels funktioneller Klonierungsstrategie im Jahr 2009 erforscht. Der humane FcµR bindet pentameres und hexameres IgM mit einer hohen Avidität von ~10 nM in Lösung, bindet aber effizienter an IgM, wenn es über seine Fab-Region an eine Membrankomponente auf derselben Zelloberfläche gebunden ist (cis-Engagement; [12]). Im Gegensatz zu den Fc-Rezeptoren für klassengewechselte Ig-Isotypen (z. B. FcγR, FcεRI, FcαR) wird der FcµR selektiv von Lymphozyten exprimiert (auf B-, T‑ und NK-Zellen beim Menschen und nur auf B‑Zellen bei Mäusen), was auf einen Speziesunterschied in der zellulären Verteilung von FcµR schließen lässt. Der nur auf Lymphozyten beschränkte FcµR hat somit möglicherweise eine andere Funktion als andere FcR, die von einer Vielzahl von hämatopoetischen und nichthämatopoetischen Zellen als zentrale Vermittler zwischen angeborener und adaptiver Immunität exprimiert werden. Im Gegensatz zu gepaarten, aktivierenden und hemmenden Rezeptoren (z. B. FcγR, Killer-cell-Immunoglobulin-like Receptors KIR) verfügt der FcµR möglicherweise über eine doppelte Signalisierungsfähigkeit: zum einen durch ein potenzielles, noch nicht identifiziertes Adaptorprotein, das über einen His-Rest im Transmembransegment nicht kovalent mit der FcµR-Ligandenbindungskette verbunden ist, und zum anderen durch seine eigenen Tyr- und Ser-Reste in der zytoplasmatischen Domäne. Vier verschiedene Labors haben FcµR-ablatierte Mäuse erzeugt, und acht verschiedene Forschergruppen haben die daraus resultierenden Phänotypen untersucht, wobei einige deutliche Diskrepanzen berichtet wurden. Ein gemeinsames Merkmal dieser verschiedenen mutierten Mäuse ist jedoch die Neigung zur Bildung von Autoantikörpern sowohl des IgM- als auch des IgG-Isotyps, was auf eine regulatorische Rolle des FcµR bei der B‑Zell-Toleranz hindeutet [18]. Die Arbeitsgruppe um Hiromi Kubagawa schlägt ein Rheostat-Modell dafür vor, wie der FcµR die Bildung autoreaktiver B‑Zellen reguliert [15].

Neben der zellulären Verteilung besteht der deutlichste Unterschied zwischen den humanen und murinen Fcµ-Rezeptoren in ihrer Fähigkeit, Liganden zu binden. Dies wurde erstmals festgestellt, als FcµR cDNA-transduzierte Zellen auf ihre IgM-Bindung untersucht wurden. Wie erwartet, banden humane FcµR-tragende Zellen während der gesamten Kultivierungsperiode unabhängig von den Wachstumsstadien der Zellen an IgM (konstitutive Bindung). Im Gegensatz dazu ging der murine FcµR-tragende Transduktor nur vor dem frühen Zellwachstumsstadium eine Bindung an IgM ein, obwohl sich die Rezeptorspiegel während der Zellkultur nicht signifikant veränderten (transiente Bindung). Unter Ausnutzung des Unterschieds in der IgM-Bindung konnte die Arbeitsgruppe durch gezielte Mutagenese drei kritische Stellen in der IgM-Bindung des menschlichen FcµR identifizieren. Dazu gehören Asn66 in der CDR2-Schleife, Lys79 bis Arg83 in der DE-Schleife und Asn109 in der CDR3-Schleife des humanen FcµR. Die Ergebnisse der rechnergestützten Strukturmodellierungsanalyse stimmen mit diesen Mutationsdaten überein (Abb. 1; [30]). Diese Erkenntnisse könnten bei der künftigen Entwicklung von präventiven und therapeutischen Maßnahmen, die auf den FcµR abzielen, hilfreich sein.

Abb. 1
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Computergestütztes Strukturmodell der menschlichen FcμR Immunglobulin-ähnlichen Domäne (a) und nach 180° horizontaler Drehung (b). Hervorgehoben sind der C‑Terminus (lila) und die β‑Stränge sowie die folgenden in der Studie mutierten Aminosäurereste: K24-G27 (rot), E41/M42 (grün), N66 (blau), K79-R83 (cyan) und N109 (magenta). Die polymere Ig-Rezeptor-Domäne 1 (PDB 5D4K) wurde als Vorlage zur Erstellung der menschlichen FcμR-Modellstruktur verwendet. (Aus [30]. Mit freundl. Genehm. © C. M. Skopnik et al., CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/))

Langlebige Gedächtnis-Plasmazelle – eine entscheidende Komponente zur Aufrechterhaltung von Autoimmunität

Bis in die 1990iger Jahre war unklar, wie Antikörpertiter über Jahre bis zu Jahrzehnten aufrechterhalten werden, um somit die humorale Immunität zu sichern. Die vorherrschende Auffassung war, dass Plasmazellen dafür ständig aus B‑Zellen neu generiert werden. 1997 konnten Andreas Radbruch und Rudolf Manz erstmals den Nachweis erbringen, dass reife Plasmazellen, die nicht mehr proliferieren, im Knochenmark über viele Jahre hinweg überleben und Antikörper sezernieren können [22]. Diese langlebigen Plasmazellen sind verantwortlich für die Stabilität der humoralen Immunität. Daraufhin stellte sich die Frage, ob langlebige Plasmazellen auch bei Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielen.

Bei der Immunablation mit Antithymozytenglobulin wird das adaptive Immunsystem weitgehend zerstört

In einem Mausmodell des systemischen Lupus erythematodes konnte 2004 zum ersten Mal gezeigt werden, dass langlebige Plasmazellen pathogene Autoantikörper generieren und sezernieren [5, 13]. Da sie weder mit konventionellen Immunsuppressiva noch mit Therapien, die gezielt die B‑Zellen angreifen, eliminiert werden können, hatten diese Erkenntnisse fundamentale Auswirkungen für das Verständnis und die Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Die Existenz langlebiger, autoreaktiver Plasmazellen erklärt, warum trotz konventioneller Immunsuppression oder B‑Zell-Targeting pathogene Autoantikörper persistieren oder nicht vollständig verschwinden. Dies wiederum kann die Ursache für ein fehlendes oder nicht ausreichendes Ansprechen der Therapie bei Autoimmunerkrankungen sein. Hinweise hierfür lieferten die Daten nach Behandlung von schwer kranken, therapierefraktären SLE-Patienten mit Immunablation, also der Zerstörung des körpereigenen Immunsystems, gefolgt von autologer Stammzelltransplantation. Bei der Immunablation mit Antithymozytenglobulin wird das adaptive Immunsystem einschließlich der langlebigen Plasmazellen weitgehend zerstört. Erst dadurch verschwanden auch die pathogenen Anti-dsDNA-Autoantikörper, und eine langfristige klinische Remission wurde erreicht [2].

Ohne Nische keine langlebige Gedächtnis-Plasmazelle

Eine wichtige Frage ist, welche Mechanismen dazu beitragen, dass Plasmazellen viele Jahre oder sogar lebenslang im Knochenmark existieren und Antikörper produzieren können. Die entscheidenden Arbeiten hierzu erfolgten am DRFZ mit der Charakterisierung der Plasmazellnische. Die Migration von neu gebildeten Plasmablasten von den Orten ihrer Differenzierung, vorwiegend in den sekundären lymphatischen Organen, in das Knochenmark stellt einen entscheidenden Schritt und die Voraussetzung für die Langlebigkeit dieser Zellen dar. Ihre Einwanderung wird über das Chemokin CXCL12 gesteuert, das von mesenchymalen Stromazellen produziert wird [10]. Nach ihrer Ankunft im Knochenmark werden die Plasmablasten sesshaft. Dabei gehen sie enge Kontakte mit den Stromazellen ein [34, 37], wie u. a. durch die am DRFZ entwickelte longitudinale Intravitalmikroskopie im Knochenmark gezeigt werden konnte (Abb. 2; [28]). Von Stromazellen exprimierte Adhäsionsmoleküle wie VCAM‑1, Laminin, Fibronektin und Kollagene sind für das Andocken der Plasmazelle zuständig. Die Stromazellen fungieren hierbei nicht allein als statische Andockstellen für die Plasmazellen, sondern induzieren über den PI3-Kinase-Signalweg auch Signale zum Überleben, wie kürzlich in einem In-vitro-System gezeigt wurde. Dabei wirken die Stromazellen in Synergie mit hämatopoetischen Zellen, die die Überlebensfaktoren APRIL und BAFF produzieren [7]. Offensichtlich haben IgG-sezernierende und andere Plasmazellen unterschiedliche stromale Nischen im Knochenmark [20, 33]. Neben dem Knochenmark kann auch der Darm langlebige, vorzugsweise IgA-Plasmazellen beherbergen. Nach oraler Immunisierung von Mäusen mit dem Cholera-Toxin ließen sich antigenspezifische IgA-Plasmazellen in der Lamina propria nachweisen. Darmepithelzellen, die APRIL freisetzen sind hier für das Überleben der Plasmazellen verantwortlich [19].

Abb. 2
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Immunhistologischer Nachweis von Plasmazellen im Knochenlängsschnitt der Maus. (Adaptiert von [37])

Zusätzlich zu den physiologischen Nischen im Knochenmark und Darm können bei Entzündung Plasmazellen in den betroffenen Organen so lange persistieren, wie die Entzündung besteht. Dies wurde zuerst in den entzündeten Nieren in NZW/B-Mäusen, einem Mausmodell für SLE, gezeigt [4]. Auch im Zentralnervensystem können Plasmazellen bei chronischen Entzündungsbedingungen persistieren. Die Umgebungsbedingungen in den Entzündungsnischen im ZNS ähneln in ihrer molekularen Zusammensetzung hinsichtlich der Anwesenheit von Plasmazell-Überlebensfaktoren denen im Knochenmark, wenngleich die zelluläre Umgebung, die die Überlebensfaktoren bereitstellt, organspezifisch ist [27].

Langlebige Gedächtnis-Plasmazellen als therapeutisches Target bei rheumatischen Autoimmunerkrankungen

Erst durch die Entdeckung der langlebigen Plasmazellen und ihrer Relevanz für die Autoimmunität rückten die Zellen als vielversprechendes, therapeutisches Target in den Fokus. Während die Vorläufer der langlebigen Plasmazelle, die aktivierten B‑Zellen und proliferierenden Plasmablasten, auf immunsuppressive Medikamente und Biologika, die B‑Zellen als Ziel haben, ansprechen, können die langlebigen Plasmazellen nicht erreicht werden (Abb. 3; [11]). Die Ergebnisse der immunablativen Therapie im Rahmen der autologen Stammzelltransplantation bei therapierefraktären SLE-Patienten offenbarte, dass die Eliminierung der langlebigen Plasmazellen als Teil des autoreaktiven Gedächtnisses der Schlüssel für eine Heilung von Antikörper-vermittelten Erkrankungen sein kann. Ohne eine Auslöschung des autoreaktiven Gedächtnisses ist wiederum eine Heilung nicht möglich, was oftmals eine dauerhafte, medikamentöse Therapie mit all ihren potenziellen negativen Langzeitfolgen erfordert. Da die autologe Stammzelltransplantation aufgrund ihres Risikos u. a. für fatale Infektionen nur bei Patienten mit einem extrem schweren Krankheitsverlauf in Betracht zu ziehen ist, wurde diskutiert, ob die selektive Depletion von Plasmazellen bei Patienten mit einer Autoimmunerkrankung, die auf die herkömmlichen Therapien nicht ausreichend ansprechen, eine Alternative darstellt. Die Inspiration kam aus der Hämatoonkologie, wo neue Therapien für die maligne Plasmazell-Erkrankung multiples Myelom entwickelt und zugelassen wurden. Dazu gehören Proteasom-Inhibitoren und neuerdings monoklonale Anti-CD38-Antikörper. In Zusammenarbeit mit Reinhard Voll aus Erlangen, der im Mausmodell der Lupusnephritis durch Applikation des Proteasom-Inhibitors Bortezomib die Plasmazellen im Knochenmark fast vollständig eliminieren und somit die Erkrankung stoppen konnte sowie weiteren Zentren in Deutschland, wurden 12 Patienten mit einem therapierefraktären SLE mit Bortezomib behandelt. Alle Patienten zeigten eine signifikante Reduktion sowohl der Anti-dsDNA-Autoantikörperspiegel, die trotz immunsuppressiver Therapie persistierten, als auch der Krankheitsaktivität [1]. Aufgrund der Toxizität des Bortezomibs ergab sich nach Zulassung des Anti-CD38-Antikörpers Daratumumab für die Behandlung des multiplen Myeloms eine weitere Option für den Einsatz bei rheumatischen Erkrankungen, da das CD38-Molekül sehr stark auf der Oberfläche von Plasmazellen exprimiert ist. Bei 2 Patientinnen mit einem schweren aktiven SLE, die auf verschiedene immunsuppressive Medikamente und Rituximab oder Bortezomib nicht angesprochen hatten, konnte nach viermaliger Applikation von Daratumumab in wöchentlichen Abständen eine klinische Remission bei deutlicher Reduktion der Autoantikörperspiegel erzielt werden [26]. Auf diesen Ergebnissen basierend wurde kürzlich eine „investigator-initiated“ Studie, bei 10 therapierefraktären SLE-Patienten begonnen.

Abb. 3
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Therapeutische Angriffsmöglichkeiten auf B‑Zellen und Plasmazellen. Pathogene Autoantikörper können von zwei verschiedenen Plasmazell-Kompartimenten sezerniert werden: 1. den proliferierenden Plasmablasten, die aus aktivierten B‑Zellen entstehen; 2. den langlebigen Gedächtnis-Plasmazellen, die in Nischen im Knochenmark und entzündeten Geweben überleben. Die konventionellen Immunsuppressiva und Therapien mit B‑Zellen als Target wie Anti-CD20 und Anti-BAFF/BLyS monoklonale Antikörper unterbinden die Bildung der von Plasmablasten produzierten Autoantikörper, ohne jedoch die Gedächtnis-Plasmazellen zu depletieren. Gedächtnis-Plasmazellen werden durch Immunablation mit Antithymozytenglobulin, Proteasom-Inhibitoren und Anti-CD38-Antikörper depletiert

Auch durch das Targeting der Plasmazellnische selbst können Plasmazellen depletiert werden. So konnte gezeigt werden, dass Salmonella enterica sich der humoralen Immunität entzieht, indem es die Zahl der IgG-sezernierenden Plasmazellen im Knochenmark reduziert, was die IgG-Titer im Serum vermindert. Verantwortlich dafür ist ein von Salmonella sezerniertes Protein, das eine Homologie mit Laminin 1β aufweist. Laminin ist ein Bestandteil der Plasmazellnische, das mit Intergrin 1β auf Plasmazellen interagiert. In der Lupus-Maus konnte mit einem solchen von Salmonella abgeleiteten Peptid die Zahl der IgG Anti-DNA-Autoantikörper-sezernierenden Plasmazellen um > 50 % reduziert werden [20].

All diese Therapien depletieren jedoch nicht nur die Plasmazellen, die pathogene Autoantikörper sezernieren, sondern auch diejenigen, die die humorale Immunität aufrechterhalten, was zu einem Ig-Mangel führen kann. Am DRFZ entstand deshalb die Vision, eine Therapie zu entwickeln, die in der Lage ist, selektiv nur die Plasmazellen zu eliminieren, die pathogene Antikörper sezernieren. Hierzu kann man sich die Antigenspezifität der sezernierten Antikörper unter Anwendung der von uns entwickelten Affinitätsmatrix-Technologie zu Nutze machen (Abb. 4; [21]). Nach erfolgreich verlaufenen Ex-vivo-Experimenten konnte in einer „Proof-of-concept“-Studie in der Maus nach Ovalbumin-Immunisierung, eine Reduktion der Ovalbumin-spezifischen Plasmazellen im Knochenmark um 70 % nach Applikation eines Ovalbumin-Anti-CD138-Konjugates erzielt werden. Das führte wiederum zu einem dauerhaften Abfall der spezifischen Antikörper. Antikörper anderer Spezifitäten wurden nicht vermindert [6]. Gegenwärtig werden Studien in autoimmunen Mausmodellen durchgeführt, in denen demonstriert werden soll, dass die autoantigenspezifische Depletion von Plasmazellen die Erkrankung verhindert oder unterbricht. Somit nähern wir uns der Vision, eine Therapiestrategie zu entwickeln, die selektiv pathogene Plasmazellen eliminiert, ohne dass die schützende Immunität beeinträchtigt wird.

Abb. 4
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Prinzip der (auto)antigenspezifischen Depletion von humanen langlebigen Gedächtnis-Plasmazellen mittels einer Affinitätsmatrix, die sich aus dem interessierenden Autoantigen und einem Antikörper, der Plasmazellen erkennt, zusammensetzt

Bei Autoimmunerkrankungen kann es jedoch zur Regeneration des autoreaktiven Plasmazell-Gedächtnisses kommen, wenn weiterhin autoreaktive B‑Zellen aktiviert sind. Dies kann durch eine Kombinationstherapie der Vorläuferzellen wie B‑Zellen und Plasmablasten mit antiproliferativen Medikamenten oder Biologika (Anti-CD20, Anti-BLyS/BAFF) erreicht werden [17, 26, 32].

Infektionshypothese: Citrullin-bildende Mikroben können eine rheumatoide Arthritis induzieren

Es ist unbestritten, dass Autoantikörper nicht nur für die Krankheit selbst, sondern auch für die Diagnostik rheumatischer Erkrankungen einen wichtigen Platz einnehmen. Sie können wertvoll für die Diagnose, die Charakterisierung von Patienten-Subpopulationen, die Beurteilung der Krankheitsaktivität oder das Ansprechen auf eine Therapie sein. Daneben ist aus therapeutischer Sicht die Rolle der Autoantikörper in der Pathogenese von immenser Bedeutung. Insbesondere unter dem Aspekt, dass Plasmazellen, die diese pathogenen Autoantikörper produzieren, gezielt eliminiert werden können. Hierzu gehört auch die Identifizierung von Autoantigenen bei der rheumatoiden Arthritis (RA) mittels menschlicher RA-Protein-Makroarrays zur Entwicklung patentierter diagnostischer Tests. Diese Autoantigene wurden an Diagnostikunternehmen lizenziert und sollen zur Induktion von Toleranz vor dem Ausbruch der RA und für die autoantigenspezifische Depletion von Plasmazellen beitragen. Kürzlich konnte die Bildung von Antikörpern gegen citrullinierte Proteine in der Lunge von RA-Patienten vor Krankheitsbeginn durch molekulares Mimikry des Bakteriums Porphyromonas gingivalis nachgewiesen werden. Die Ergebnisse stützen eindrucksvoll die Infektionshypothese mit einer pathogenetischen Bedeutung von Mikroben wie Porphyromonas gingivalis, die in der Lage sind, Citrullin zu bilden und exogen citrullinierte menschliche und bakterielle Epitope zu produzieren und damit die Entwicklung von Autoantikörpern gegen citrullinierte Proteine (ACPA) zu induzieren. Dies könnte zum Entstehen und Fortschreiten der RA beitragen [16].

Fazit für die Praxis

  • Plasmablasten und Plasmazellen, die pathogene Autoantikörper sezernieren, und ihre Vorläufer-B-Zellen spielen in der Pathogenese von rheumatischen Autoimmunerkrankungen eine zentrale Rolle.

  • Eine erhöhte Zahl im Blut zirkulierender Plasmablasten ist bei bestimmten Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) ein Biomarker für eine B‑Zell-Hyperaktivität.

  • Die Erstbeschreibung der langlebigen Gedächtnis-Plasmazellen, die in Nischen im Knochenmark und im entzündeten Gewebe überleben, hat die Therapie von Autoimmunerkrankungen deutlich verändert, da diese Zellen nicht mit herkömmlichen Immunsuppressiva und Therapien mit B‑Zellen als Target attackiert werden.

  • Die Gedächtnis-Plasmazelle ist ein vielversprechendes therapeutisches Target mit kurativem Potenzial bei Autoantikörper-vermittelten Erkrankungen.

  • Eine selektive therapeutische Depletion von autoreaktiven Gedächtnis-Plasmazellen erfordert auch ein Targeting der Vorläufer-B-Zellen, um ihre Repopulation zu verhindern.

  • Citrullin-bildende Bakterien können in der Autoimmunpathogenese der rheumatoiden Arthritis beteiligt sein.