Im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie ist die Reisetätigkeit dramatisch zurückgegangen, auch ersichtlich am Rückgang importierter Infektionen, wie z. B. der gemeldeten Fälle von Dengue von 1176 (2019) auf 192 (2020), oft in Südostasien erworben. Auch einheimische ansteckende Erkrankungen haben unter den Hygieneauflagen deutlich abgenommen, während die Frühsommermeningoenzephalitis eine der wenigen Erkrankungen ist, die zugenommen haben, vermutlich verstärkte körperliche Aktivität in der Natur in Endemiegebieten. Mit der zunehmenden COVID-19-Impfung der europäischen Bevölkerung und der Rücknahme der Bewegungseinschränkungen wird aber die Reisetätigkeit wieder zunehmen und sich auch auf nichteuropäische Länder erstrecken, in denen die sozioökonomischen und hygienischen Bedingungen nicht denen in Europa oder in Nordamerika entsprechen. Auch unsere Patienten mit rheumatischen Erkrankungen möchten daran Teil haben und die Welt erkunden.

Tomas Jelinek aus Berlin berichtet über mögliche Infektionsgefahren auf solchen Reisen, auch bei teilweise abenteuerlichen Zielen und Reisebedingungen. Die Patienten sind es gewohnt, dass im Falle eines Problems das Medizinsystem sie auffängt. Dies kann in anderen Ländern aber möglicherweise nicht gewährleistet werden, nicht in der gewohnten Qualität und nicht in der erhofften Geschwindigkeit. Bei den Patienten besteht häufig ein natürliches Empfinden für die Gefahren von Infektionen. Dies gilt es, bei der Aufklärung darüber zu nutzen. Im Artikel wird dargelegt, welche prophylaktischen Maßnahmen ergriffen werden können, um sich gut und gezielt zu schützen. Kommt der Patient krank von der Reise zurück oder erkrankt kurz danach, ist diese Anamnese immer zu berücksichtigen und die Differenzialdiagnose anhand der dort vorkommenden Erkrankungen einzuengen. Bei jeder fieberhaften Erkrankung nach Rückkehr aus dem Endemiegebiet ist an die Malaria zu denken.

Die meisten Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen benötigen eine medikamentöse Therapie, die auch während der Reise fortzuführen ist und deren Transport und Applikation an die geänderten Bedingungen anzupassen ist. Katharina Rose und Christof Iking-Konert aus Hamburg berichten über die Herausforderungen für Patient und Arzt, eine erwünschte Reise doch möglich zu machen. Da sind die Transportbedingungen zu beachten, wenn das Medikament gekühlt transportiert werden soll, aber auch gesetzliche Bestimmungen des Ziellandes z. B. zu Opiaten oder injizierbaren Medikamenten. Dies kann auch bei Überschreiten einer Grenze innerhalb des Schengen-Raums bedeutsam sein. Entsprechend empfehlen die Autoren, dass nicht nur die Reisefähigkeit des Patienten überprüft werden soll, wozu auch die Empfehlung gehören könnte, diese Reise nicht anzutreten, sondern auch die Reisefähigkeit der Medikation zu begutachten. Fast alle Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen können und sollen gegen COVID-19 geimpft werden. Es handelt sich um einen Totimpfstoff, sodass die Impfung keine Gefahr für den Patienten darstellt. Allerdings kann der Impferfolg wegen einer immunsuppressiven Therapie in Dauer und Stärke gemindert sein, besonders bei B‑Zell-depletierender Therapie.

Auch Kinder werden zunehmend auf Reisen in ferne Länder mitgenommen. Manchmal sind es auch Reisen in die Heimatländer ihrer Eltern, was häufig mit einer nicht ausreichenden Gefahrenwahrnehmung einhergeht, weil die Eltern sich ja scheinbar in diesem Land gut auskennen. Mirjam Freudenhammer und Markus Hufnagel aus Freiburg berichten über die besonderen Probleme, denen sich Kinder mit rheumatischen Erkrankungen und ihre Eltern bei Fernreisen gegenübersehen. Insbesondere bei hoher Krankheitsaktivität, die aktuell medikamentös nicht kontrolliert ist, oder bei sehr starker Immunsuppression sollte man möglicherweise von einer entsprechenden Reise zu diesem Zeitpunkt abraten und sie verschieben. Allerdings hat die Erfahrung gezeigt, dass solche Hinweise selten fruchten, sodass man immer den bestmöglichen Schutz für das Kind veranlassen sollte.

Aktuell bestehen darüber hinaus besondere Probleme für Kinder durch COVID-19. Gegenwärtig (Anfang Juli 2021) ist ein Impfstoff für Kinder ab 12 Jahre von der EMA zugelassen, von der STIKO gab es für das Alter von 12 bis 17 Jahren bisher nur eine Empfehlung bei Risikopatienten. Seit dem 16.08.2021 ist die Impfung mit mRNA-Impfstoff nun allgemein empfohlen. Man muss auf solchen Reisen mit einer erhöhten Exposition gegenüber SARS-CoV‑2 rechnen. Ab 16 Jahren kann der Jugendliche selber entscheiden, ob er geimpft werden möchte. In den Verlautbarungen von Regierung, EMA und STIKO wird nicht darauf hingewiesen, dass diese Jugendlichen auch selber eine Meinung haben und differenziert über die Möglichkeit der Impfung und mögliche Risiken nachdenken können. Entsprechend ist eine Aufklärung speziell auf das Alter des Kindes oder Jugendlichen abgestimmt erforderlich; dem Wunsch des Jugendlichen sollte größere Bedeutung beigemessen werden. Für Kinder unter 12 Jahren gibt es aktuell keine zugelassene Impfung, Studien in diesen Altersklassen laufen.

Wir wünschen dem Leser Vergnügen und Erkenntnisgewinn, eine erfolgreiche Anwendung beim Patienten, und vielleicht erwacht ja auch im Leser wieder die Lust nach Abenteuern in der Ferne, möglichst CO2-neutral. Wir werden uns vermehrt den Sorgen der nachwachsenden Generationen öffnen müssen, unsere Gewohnheiten überprüfen und den sich wandelnden Bedingungen anpassen müssen. Während der Pandemie hat insbesondere Deutschland keine Rücksicht auf seine Kinder genommen und sie nicht vor den Schäden des Lockdown geschützt. Nun ist es an der Zeit zu überlegen, ob wir der kommenden Generation nur Schulden und einen sich beschleunigenden Klimawandel hinterlassen wollen oder ob wir unserer Verantwortung ihnen gegenüber gerecht werden.

H.-I. Huppertz

B.F. Hoyer