Wie bei vielen seltenen Erkrankungen beruhten die Empfehlungen zum Management von Patienten mit Vaskulitiden bis vor wenigen Jahren überwiegend auf Erfahrungen, die durch die Beobachtung monozentrischer Kohorten gewonnen wurden. In den vergangenen 15 Jahren konnten dann durch eine gut abgestimmte Zusammenarbeit führender Zentren in Forschungsnetzwerken in Europa und den USA multizentrische randomisierte Studien durchgeführt werden, die jetzt die Basis für die Entwicklung von evidenzbasierten Leitlinien bilden. In diesem Jahr wurden die 2009 erstmals publizierten EULAR-Recommendations zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) unter erweiterter Mitwirkung vieler medizinischer Disziplinen umfassend revidiert und ergänzt. Zudem wurden durch die DGRh erstmals deutschsprachige S1-Leitlinien zum Management der AAV erarbeitet. Die interdisziplinäre Erstellung sowohl der neuen EULAR-Recommendations als auch der DGRh-Leitlinie hat mehr Zeit in Anspruch genommen als zunächst erwartet, so dass die ursprünglich für dieses Schwerpunktheft geplante Vorstellung und Kommentierung der Leitlinien leider kurzfristig auf eine spätere Ausgabe verschoben werden muss.

Der Focus des vorliegenden Heftes soll daher auf selteneren Vaskulitisformen liegen. Die häufig uncharakteristischen Symptome sowie die begrenzte Sensitivität und Spezifität der zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren macht speziell die Diagnose der cerebralen Vaskulitis zu einer großen Herausforderung. Der Beitrag von T. Magnus und S. Schuster aus Hamburg gibt einen umfassenden Überblick über die primäre ZNS-Vaskulitis und zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen Differentialdiagnostik und kritischen Bewertung speziell der bildgebend erhobenen Befunde auf. Kontrollierte Studien zur cerebralen Vaskulitis existieren bis dato nicht. Trotz der begrenzten Datenlage konnte 2012 – basierend auf der begrenzten Evidenz und Expertenmeinungen durch Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der DGRh – eine S1-Leitlinie zur cerebralen Vaskulitis veröffentlicht werden, die im AWMF-Portal zugänglich ist.

Für Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter gibt es nun eine Leitlinie

Die Datenlage zu Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter ist, abgesehen von der IgA-Vaskulitis, nicht zuletzt wegen der in dieser Altersgruppe niedrigen Prävalenz ebenfalls sehr begrenzt. Dennoch liegt auch für die Vaskulitiden im Kindes- und Jugendalter jetzt eine Leitlinie vor, die von J. Kümmerle-Deschner und S. Benseler im vorliegenden Schwerpunktheft in aktualisierter und erweiterter Form vorgestellt wird. Die Therapie orientiert sich mangels Studiendaten in der Regel am Konzept der stadien- und aktivitätsorientierten Behandlung der Vaskulitiden im Erwachsenenalter, weist aber auch einige altersspezifische Besonderheiten auf.

Die extratemporalen Manifestationen mit Befall der Aorta und der aortennahen Gefäße treten häufiger auf als früher gedacht und lassen sich ohne moderne bildgebende Verfahren nur unzureichend erfassen. Zudem ist die Riesenzellarteriitis mit extratemporaler Manifestation in den ACR-Klassifikationskriterien von 1990 nicht adäquat abgebildet. Derzeit werden im Rahmen des weltweiten DCVAS-Projekts anhand von Daten mehrerer Tausend Patienten neue Klassifikationskriterien für die systemischen Vaskulitiden erarbeitet. Bildgebende Verfahren werden dabei eine wichtigere Rolle spielen als in der Vergangenheit. Der dritte Beitrag von S. Gatidis stellt die Kombination von PET/MRT als neues Verfahren der bildgebenden Diagnostik entzündlicher Prozesse vor und beschreibt erste Anwendungen in der Diagnostik von Vaskulitiden großer Gefäße. Die Arbeit veranschaulicht die zunehmende Bedeutung bildgebender Verfahren wie MRT, PET/CT sowie Sonographie in Diagnostik und Follow-Up von Vaskulitiden großer Gefäße und gibt Ausblicke auf die Entwicklung der PET/MRT als neue Methode.

Wir hoffen Ihnen mit den genannten Beiträgen zu bis dato eher selten in der Literatur thematisierten Themen interessante und in der Praxis hilfreiche Informationen zusammengetragen zu haben. Gleichzeitig werden wir uns bemühen die oben genannten Leitlinien zur AVV nach finaler Abstimmung durch die Fachgesellschaften so bald wie möglich in dieser Zeitschrift vorzustellen.

Ihre

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Bernhard Hellmich

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Peter Lamprecht

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Frank Moosig