Fast jeder Kongress und jedes größere Symposium werden durch einen oder mehrere Beiträge zum Thema neue Therapiestrategien verfeinert. Jeder Kollege, der auf dem neuesten Stand der Wissenschaft bleiben möchte, wird diese Vorträge und Referate zielgerichtet ansteuern, um für sich und seine Patienten stets auf dem aktuellsten Stand des Wissens zu sein. Wir freuen uns, dass sich für dieses Themenheft mehrere renommierte Kollegen bereit erklärt haben, zu aktuellen Themen in diesem anspruchsvollem Gebiet detailliert Stellung zu nehmen und die wichtigsten Daten für Sie zusammenzustellen.

Frau Prof. Kötter und Herr Dr. Henes analysierten den Wissensstand von Therapiestrategien, die aus etablierten Situationen in neue Anwendungsgebiete übergeführt wurden. Beispiele hierfür sind die Anwendung von den bei der rheumatoiden Arthritis etablierten Medikamenten Leflunomid und verschiedenen Biologicals in der Therapie anderer und v. a. seltener entzündlicher Systemerkrankungen. Hierzu gehört auch als prominentes Beispiel dieses Jahres, dass ein Biological (Rituximab) neu für ANCA-assoziierte Vaskulitiden zugelassen wurde. Sie erklären auch, warum es so schwierig ist, tägliche Krankheitsbilder wie die Lupusnephritis mit diesen Medikamenten zu behandeln und trotz häufiger Off-label-Situationen die optimale Medikation für die Patienten zu finden.

Biologicals, Kinasehemmer, Biosimilars und ihre Kombinationen erweitern das Therapiespektrum

Ganz aktuell ist auch die Aufgabe, die sich Frau Dr. Alten gestellt hat, die Kinasehemmer und deren Wert zur Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, v. a. der rheumatoiden Arthritis, sachgerecht, umfassend und detailliert einzuordnen. Nicht vorauszusehen war hierbei die Brisanz, die sich bei der Erstellung der Artikel in der Zwischenzeit entwickelt hat, nachdem der erste Januskinaseinhibitor, Tofacitinib, in den USA zugelassen wurde. Die Erwartung bestand, dass dieses Medikament auch für die Patienten in Europa zügig zur Verfügung stehen würde. Bis jetzt hat dieses Ziel nur die Schweiz erreicht, Europa bei der European Medicine Agency (EMA) dagegen noch nicht, da hier die zahlreichen Fragen bzw. Rückfragen bezüglich des Medikaments noch nicht zu einer überzeugend positiven Bewertung geführt haben. Dieser Prozess wird somit sicherlich noch einige Zeit brauchen, bis er für alle Beteiligten hoffentlich positiv abgeschlossen werden kann. Umso wichtiger ist es, dass sich die weiteren, in Entwicklung befindlichen Kinasehemmer in den klinischen Studien bewähren, sodass das Potenzial dieser Medikamente durch die nicht so ganz einfache Zulassung des ersten Medikaments dieser Gruppe nicht an Dynamik verliert, da weiterhin zahlreiche Patienten nach Mono- oder Kombinationstherapie noch nicht das angestrebte Ziel einer langjährigen Vollremission erreichen. Beachtenswert bei dieser Zusammenstellung ist auch die Analyse und Darstellung des Nebenwirkungsprofils der Kinasehemmer, da es für den behandelnden Rheumatologen neben der Auswahl eines Medikaments mindestens genauso wichtig ist, die Kurz- und Langzeitnebenwirkungen im Detail zu kennen, um so in jeder Situation für den Patienten handlungsfähig zu bleiben.

Im dritten Beitrag widmen sich Herr Prof. Aringer und Herr Prof. Dörner den Generika unter den biologischen Wirkstoffen, den sogenannten Biosimilars. Während wir bereits gelernt haben, bei den konventionellen nichtbiologischen Wirkstoffen die Vor- und Nachteile der Originalpräparate vs. der Generika in die tägliche Therapie einzuordnen (manchmal nicht ganz ohne pekuniären Druck von außen), betreten wir bei den Biosimilars teilweise völliges Neuland. Zum einen ist aufgrund der biochemischen Komplexität dieser Substanzen das Nachahmerpräparat nie völlig identisch, muss sich aber im klinischen Profil so eng am Original orientieren, dass es in der Wirkung von diesem nicht unterscheidbar ist. Selbst eine bessere Effektivität des Biosimilars könnte für dieses Produkt temporär ungünstig sein, da es dann als Biobetter einem komplett neuen Zulassungsprozess unterworfen wäre. Der Anspruch an die Biosimilars ist also nicht nur die medizinische Seite einer effektiven Wirkung bei möglichst nicht höherer Nebenwirkungsrate als die der Originalpräparate, der sozialpolitische Druck auf diese Medikamente dürfte sich auch in einer entsprechend neu gestalteten Kostenstruktur widerspiegeln, was deren Einpreisung sehr spannend machen wird. Auch die EMA hat eine sehr differenzierte Vorstellung für die Zulassung dieser Substanzen und noch nicht alle haben in der Rheumatologie die entsprechenden klinischen Phase-III-Studien erfolgreich durchlaufen. Für 2014 sind aber erste Zulassungen zu erwarten.

Auch der letzte Beitrag von Herrn Prof. Härle ist eine Herausforderung sowohl für den Autor als auch für den Leser: Der Wunsch nach konkreten Empfehlungen für die Kombination von Biologicals – (k)eine Selbstverständlichkeit, obwohl wir ja konventionelle DMARD und Biologicals mit konventionellen DMARD in allen Variationen kombinieren (müssen). Da die Datenlage bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit verschiedener Biologicalkombinationen noch nicht ausreichend untersucht ist, um eindeutige Empfehlungen geben zu können, steht trotz einzelner Studien immer noch das erhöhte Risiko an Infektionen und der sehr hohe Preis einem häufigeren Einsatz entgegen, obwohl wir ja bei einem Wechsel von Biologicals mit langer Halbwertszeit auf ein weiteres Biological de facto eine Kombination von Biologicals einsetzen. Ansätze zur Lösung dieses Problems werden aber in diesem Beitrag sehr anschaulich geschildert.

Wenn Sie, liebe Kollegen, einen interessanten und spannenden Abend mit diesen neuen Therapiestrategien verbracht haben, sind wir überzeugt, dass Sie gleichzeitig tief in das faszinierende Wesen der Rheumatologie für einige Stunden eingetaucht sind. Sollten alle diese seitens der Autoren dargestellten Entwicklungen in baldiger Zeit Realität werden, dann dürften die kommenden Kongresse noch facettenreicher werden als bisher.

Ihre

Ulf Müller-Ladner

Ingo H. Tarner