Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lange Zeit galt die Entzündung bei rheumatischen Erkrankungen als bloße immunpathologische Folge, hervorgerufen beispielsweise durch die Ablagerung von Immunkomplexen im Gewebe. Erst in jüngerer Zeit erfährt dieses Paradigma einen grundlegenden Wandel, indem die Entzündung selbst als neue treibende Kraft in der Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen erkannt wird. Die Erkenntnis, dass rheumatische Symptome bei hereditären autoinflammatorischen Erkrankungen durch spontan aktivitätssteigernde Mutationen entzündungsvermittelnder Proteine hervorgerufen werden, hat zu diesem Wandel beigetragen.

Zu den seltenen autoinflammatorischen Erkrankungen gehören das familiäre Mittelmeerfieber, das Hyper-IgD mit periodischen Fieber Syndrom (HIDS), das Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-assoziierte periodische Syndrom (TRAPS), die Kryopyrinopathien und andere Erkrankungen, deren genetische, immunologische und klinische Aspekte Gegenstand der Beiträge dieser Ausgabe sind.

Zunehmend wird die Entzündung selbst als treibende Kraft in der Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen erkannt

Durch die Beschreibung der den autoinflammtorischen Syndromen zugrunde liegenden Genmutationen wurden die Funktion und die Bedeutung der kodierten Proteine für entzündliche Prozesse erst deutlich. Als Beispiel sei auf die im Jahre 2001 erstmals beschriebenen Mutationen des NLPR3-Gens hingewiesen, die die Kryopyrinopathien hervorrufen. NLRP3 kodiert das NALP3-Protein, das für die Interleukin- (IL-)1b-Prozessierung von Bedeutung ist. NALP3-Liganden blieben aber längere Zeit unbekannt. Erst in den letzten 3 Jahren wurde das NALP3-Inflammasom als intrazellulärer Mustererkennungsrezeptor von Zellen der natürlichen Abwehr für verschiedene Liganden wie Uratkristalle oder Amyloid beschrieben. Die Aktivierung des NALP3-Inflammasoms durch Uratkristalle wurde so neben der bekannten uratinduzierten Phagolysosomenschädigung als neuer Pathomechanismus bei der Gicht identifiziert. Diese Erkenntnis stellt die Rationale für die Behandlung therapieresistenter Gichtpatienten mit IL-1-Rezeptorantagonisten dar.

Die Rolle des NALP3-Inflammasoms bei anderen Erkrankungen, z. B. beim mit Amyloidablagerungen einhergehenden Morbus Alzheimer oder Autoimmunerkrankungen, ist im Wesentlichen noch nicht erforscht. Die Beschäftigung mit autoinflammatorischen Erkrankungen und der Inflammation bei rheumatischen und anderen Erkrankungen verspricht somit zukünftig weitere bahnbrechende Entwicklungen.

Ihre

Peter Lamprecht und Wolfgang L. Gross