Zusammenfassung
Hintergrund – Zielsetzung
In Deutschland haben 2015 knapp 2,9 Millionen Menschen Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Mehr als 27 % der Pflegebedürftigen leben in stationären Pflegeeinrichtungen. Mehr als 6 % der durch den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) in die Prüfung einbezogenen Bewohner hatten behandlungsbedürftige chronische Wunden oder Dekubitus. Ziel der Studie ist es, Einblicke in Versorgungsentscheidungen zu gewinnen; die Forschungsfrage heißt: Wie gestaltet sich der Prozess der Wundversorgung im Pflegeheim?
Methodik
Die Studie nutzt ein qualitatives Design. Ausgehend von 4 stationären Pflegeeinrichtungen unterschiedlicher Trägerschaft erfolgt die Datenerhebung mit 19 leitfadengestützte Interviews; die durchschnittliche Dauer beträgt 62 Minuten. Alle Interviews werden in der qualitativen Software MAXQDA 18 transkribiert und analysiert.
Ergebnisse
Die ausschließlich bewohnerbezogenen Regelprozesse mit den bekannten Schnittstellenproblemen stellen Hausärzte und Pflegeheime vor Herausforderungen und stoßen an ihre Grenzen. Sie befördern die Emergenz zusätzlicher Akteure, sogenannte Homecare-Unternehmen, die im deutschen Gesundheits- und somit auch im Vergütungssystem nicht vorgesehen sind. In neuen Versorgungsstrukturen übernehmen Homecare-Unternehmen den Prozess der Wundversorgung nahezu vollständig. Sie finanzieren sich über das Rezeptgeschäft, d. h. über Rabatte der Hersteller.
Diskussion
Für Pflegeheime und Hausärzte eröffnen Homecare-Unternehmen eine willkommene Möglichkeit, die komplexen Anforderungen im Versorgungsprozess bei gleichzeitiger Einsparung eigener Ressourcen zu erfüllen. Die Finanzierung der Leistungen aus Herstellerrabatten lässt befürchten, dass Produkte mit höherer Marge präferiert eingesetzt werden und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entgegengewirkt wird.
Abstract
Background—objective
In 2015 almost 2.9 million people in Germany received nursing care insurance benefits. More than 27% of those in need of long-term care lived in inpatient care facilities. Of the residents 6% included in the examination by the Medical Services of the Leading Association of Healthcare Insurances (MDS) had chronic wounds or bedsores requiring treatment. The aim of the study was to gain insights into care decisions and the research question was: what is the process of wound care in nursing homes?
Methods
The study used a qualitative design. Based on four inpatient nursing facilities of different ownership, the data were collected with 19 guideline-based interviews, the average duration being 62 min. All interviews were transcribed and analyzed using the qualitative MAXQDA 18 software.
Results
The exclusively resident-related rule processes with the known interface problems pose challenges for general practitioners and nursing homes and reach their limits. They promote the emergence of additional players, so-called homecare companies, which are not provided for in the German healthcare system and thus also not in the remuneration system. In new care structures, homecare companies are taking over the wound care process almost completely. They are financed through prescription business, i.e. through discounts granted by drug manufacturers.
Conclusion
For nursing homes and general practitioners, homecare companies offer a welcome opportunity to meet the complex requirements of the care process while simultaneously saving their own resources. The financing of services from manufacturer discounts gives rise to fears that products with a higher cost margin will be preferentially used, thus counteracting the economic viability requirement for services provided by statutory healthcare insurance.
Notes
Besonders betonte Wörter oder Äußerungen werden durch GROSSCHREIBUNG gekennzeichnet.
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Interessenkonflikt
R. Wiedemann und S. Bohnet-Joschko geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Befragungen wurden im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen Beteiligten liegt eine Einverständniserklärung vor. Für die Studie wurden Forschungsmittel aus der Industrie eingeworben (Dr. Ausbüttel & Co. GmbH). Eine Einflussnahme auf das Forschungsdesign, die Analyse, die Ergebnisse oder Zugang zu Daten waren zu jedem Zeitpunkt vertraglich ausgeschlossen.
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Wiedemann, R., Bohnet-Joschko, S. Emergente Strukturen in der Wundversorgung. Z Gerontol Geriat 52, 737–742 (2019). https://doi.org/10.1007/s00391-019-01610-7
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