Zusammenfassung
Hintergrund
Eine umfassende und gut zugängliche Beratung für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen kann die häusliche Pflege auf vielfältige Art verbessern. Doch Betroffene suchen sich aus den unterschiedlichsten Gründen selten rechtzeitig Rat und Hilfe. Wird Beratung aufgesucht, ist die häusliche Pflegesituation meist bereits in eine Krise geraten. Der ländlich geprägte Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen hat 2012 eine mobile gerontopsychiatrische Beratung mit dem Schwerpunkt Demenz eingerichtet. Multiprofessionelle und trägerübergreifende Teams, bestehend aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, bieten in einem speziell ausgestatteten Fahrzeug an verschiedenen Standorten im Kreis kostenlose Beratungen an.
Ziel der Arbeit
Dieses Angebot wurde mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit durch die Autorinnen dieses Beitrages von 2012 bis 2015 wissenschaftlich begleitet. Primäres Ziel war es, zu untersuchen, wie eine mobile Beratung so implementiert werden kann, dass sie zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenz und deren pflegenden Angehörigen beitragen kann.
Material und Methoden
Ein Mix aus quantitativen (z. B. standardisierte Fragebogen) und qualitativen Methoden (z. B. leitfadengestützte Interviews).
Ergebnisse/Schlussfolgerung
Es zeigt sich, dass das mobile Beratungsangebot eine wichtige Lotsenfunktion erfüllt und zur Entlastung von pflegenden Angehörigen beiträgt. Insbesondere seine Niedrigschwelligkeit hat es ermöglicht, gerade jene Pflegenden zu erreichen, die sonst eine Beratungsstelle zu spät oder gar nicht aufgesucht hätten. Auch trägt es zur Enttabuisierung von Demenz in der Öffentlichkeit bei.
Abstract
Background
Comprehensive and easily accessible information and counseling for people with dementia and their caregivers can improve home care in many ways; however, for various reasons the affected persons rarely seek help and advice. When advice is sought the caregiving situation at home is mostly already in a crisis. The Rhine-Erft district, a rural area in Germany, improved its network of dementia care services by establishing a mobile gerontopsychiatric counseling service with a special focus on dementia. A multiprofessional and interdisciplinary team consisting of professional and voluntary personnel in a specially equipped bus offers free counseling at several public places in the district at least once a month.
Objectives
The project was accompanied and scientifically evaluated by the authors of this article from 2012 to 2015. The German Ministry of Health funded the evaluation. The main objective of the scientific evaluation was to examine how to implement the mobile counseling in order to improve the situation for people with dementia and their informal caregivers.
Material and methods
A mixture of quantitative (e.g. standardized questionnaires) and qualitative (e.g. semi-structured interviews) methods was employed.
Results/conclusion
The data show that the mobile counseling service fulfills an important role in the navigation into the healthcare system and contributes to the easing of caregiver burden. In particular, the low threshold of the service proved to be very effective. The mobile counseling service can reach those caregivers who would have sought professional advice too late or not at all.
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M. Reichert, S. Hampel und V. Reuter geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Reichert, M., Hampel, S. & Reuter, V. Mobile Demenzberatung als niedrigschwelliges Hilfeangebot für pflegende Angehörige. Z Gerontol Geriat 49, 181–186 (2016). https://doi.org/10.1007/s00391-016-1029-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00391-016-1029-x
Schlüsselwörter
- Gemeindepsychiatrisches Versorgung
- Akzeptanz der Gesundheitsfürsorge durch Patienten
- Versorgung im ländlichen Raum
- Evaluation
- Geriatrie