Mit neuen labordiagnostischen Methoden ist es heute möglich, die Sepsis früher zu diagnostizieren und hinsichtlich des Erfolges therapeutischer Maßnahmen besser zu überwachen. So gehört der Sepsismarker Procalcitonin mittlerweile zu den am meisten favorisierten Methoden und ist in vielen Krankenhäusern bereits Teil des Standardarmentariums einer modernen Sepsisdiagnostik.

Die Ergebnisse der Prävalenzstudie des SepNet haben nicht nur unter Ärzten, sondern auch im Gesundheitssystem eine erhebliche Resonanz gefunden. Auf der Grundlage dieser epidemiologischen Daten von hoher Repräsentativität ist eine wissenschaftlich begründete Einschätzung der Krankheitslast, die der schweren Sepsis geschuldet ist, erstmalig möglich geworden. Sowohl die systematische Entwicklung von Leitlinien seitens der Deutschen Sepsis-Gesellschaft (DSG) als auch die Ergebnisse der Prävalenzstudie des Kompetenznetzwerkes Sepsis (SepNet) zur Leitlinienkonformität haben jedoch aufgezeigt, dass es weiterhin erhebliche Defizite gibt. Es liegen auch bisher zu wenige Behandlungsempfehlungen vor, die sich auf eine hohe wissenschaftlich begründete Evidenz berufen können. Umso wichtiger erscheint allerdings die Konformität mit den wenigen hochgradig evidenzbasierten Empfehlungen in der klinischen Praxis. Es besteht ein erheblicher Bedarf an klinischen Studien zur Überprüfung der Wertigkeit zahlreicher diagnostischer und therapeutischer Verfahren unter den Gesichtspunkten der Wirksamkeit und Sicherheit. Eine Vielzahl von klinischen Studien dürfte daher in der Zukunft erforderlich sein, um zu weiteren Fortschritten in der Behandlung von Patienten mit schwerer Sepsis zu kommen, denn die systematische Beobachtung definierter Patientenpopulationen mittels klinischer Studien ist ein zentrales Instrument der klinischen Forschung, ein unverzichtbares Instrument für den Transfer von Forschungserkenntnissen in die Gesundheitsversorgung, die Grundlage für Evidenz und Qualität in der medizinischen Versorgung und Garant für die Patientensicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten jenseits ihrer behördlichen Zulassung. Besonders nichtkommerzielle klinische Prüfungen („investigator-initiated trials“), die von Ärzten ohne Einflussnahme der pharmazeutischen Industrie durchgeführt werden, haben einen hohen Nutzen für die betroffenen Patienten.

Klinische Studien, insbesondere multizentrische Studien, sind jedoch mit einem hohen wissenschaftlichen, zeitlichen, medikolegalen, logistischen und materiellen Aufwand verbunden. Dieser Umstand wird durch die Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die seit der 12. AMG-Novelle verbindlich sind, nur noch erhöht. Zu selten ist es bisher gelungen, die zur Erfüllung der Anforderungen notwendige Professionalität in der Studienplanung und -durchführung an den deutschen Universitätskliniken in breitem Rahmen zu etablieren. Die Qualität der Studien entspricht zudem häufig nicht dem internationalen Standard. SepNet hat diesen Standard erreicht, und wir laden alle Intensivmediziner in Österreich, der Schweiz und Deutschland ein, an den SepNet-Studien teilzunehmen!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr

Frank Martin Brunkhorst