Zusammenfassung
1. Für den ermächtigten Krankenhausarzt ist es gesetzlich nicht vorgesehen, weitere Ärzte wie Oberärzte und Assistenzärzte, auf die er qua seiner stationären Funktion und Stellung eventuell Zugriff hat, zur Erbringung ambulanter Leistungen, die zu seinem Ermächtigungsumfang gehören, hinzuzuziehen. Macht er dies, verstößt er gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung.
2. Der Amtsermittlungsgrundsatz nach §20 SGB X schließt es nicht aus, begonnene Ermittlungen einzustellen und später wieder aufzunehmen. Nachdem die Staatsanwaltschaft, was die Ermittlung betrifft, mit wesentlich weitreichenden Kompetenzen ausgestattet ist, ist es nachvollziehbar, wenn bei Unregelmäßigkeiten, die daneben einer strafrechtlichen Würdigung bedürfen, die Verwaltungsbehörde den Ausgang des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft abwartet und ihre eigenen Ermittlungen zurückgestellt.
3. Haben die eigenen Ermittlungen der Behörde oder die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, von denen die Behörde Kenntnis erhalten hat, eine Ermittlungsdichte erreicht, die als hinreichend sichere Informationsgrundlage anzusehen ist, ist ab diesem Zeitpunkt von einer Kenntnis i.S.d. §45 Abs. 4 S. 2 SGB X anzugehen.
4. Nach §120 SGB V (§120 Abs. 1 S §SGB V) wird die den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung für diese vom Krankenhausträger mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet und nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der dem Krankenhaus nach Satz zwei entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärzte weitergeleitet. Wird das Honorar nicht an den ermächtigten Krankenhausarzt weitergereicht, kann dieser seinen Anspruch gegenüber dem Krankenhausträger vor den Zivilgerichten geltend machen. Einer Beiladung des Krankenhausträgers im Verfahren vor den Sozialgerichten nach §75 SGG bedarf es nicht.
5. Es spricht gegen eine persönliche Leistungserbringung durch den Vertragsarzt, wenn die ausgestellten Rezepte nicht dessen Unterschrift tragen. Das Gebot der persönlichen Leistungserbringung gilt nicht nur für Behandlungen des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes, sondern auch für die Rezeptausstellung durch den behandelnden Arzt (vgl. BSG v. 20.3.2013 – B 6 KA 17/12 R = SozR 4-5540 §48 Nr. 2), da ein Zusammenhang zwischen der Behandlung einerseits und der Rezeptausstellung andererseits besteht. Letztere folgt dem Behandlungsgeschehen.
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SG München, Urt. v. 16.3.2022 – S 38 KA 300/19 (nicht rechtskräftig). Anforderungen an behördliche Ermittlungsarbeiten als Voraussetzung für die Berechnung der Jahresfrist nach §45 Abs. 4 S. 2 SGB X. MedR 40, 1042–1049 (2022). https://doi.org/10.1007/s00350-022-6368-6
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