Zusammenfassung
1. Wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) besteht kein Anspruch des Krankenhausträgers, dass bei gleicher Sachlage in gleicher Weise wie gegenüber den am Notdienst teilnehmenden Vertragsärzten falsch entschieden wird (Rdnr. 44).
2. Die für den Bezirk der beklagten KÄV gesamtvertraglich vereinbarte Regelung zur Bereitschaftsdienstpauschale ist unwirksam, da ihre Beschränkung auf am organisierten Notdienst teilnehmende Vertragsärzte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (Rdnr. 14).
3. Hierüber hinaus steht die Regelung im Widerspruch zu den vorrangigen bundesrechtlichen Bestimmungen. Die Vertragspartner waren von vornherein nicht berechtigt, Zuschläge zu der im EBM-Ä geregelten Vergütung für die im organisierten Notdienst bzw. in Notfällen erbrachten Leistungen zu regeln (Rdnrn. 14 u. 36).
4. Die durch Art. 3 Abs. 1 GG gesetzten Grenzen gelten auch für die Ausformung von Strukturverträgen (Rdnr. 20).
5. Eine Bereitschaftsdienstpauschale, die Krankenhäuser generell ausschließt, ist strukturell nicht geeignet, möglichst ausschließlich Notfälle in Krankenhausambulanzen zu behandeln (Rdnr. 31).
6. Der Abschlag für die Notfallversorgung nach §§4 Abs. 6 KHEntgG, 17b Abs. 1a Nr. 1 KHG weist im Gegensatz zur früheren Regelung des Investitionskostenabschlages nach §120 Abs. 3 S. 2 SGB V a.F. keinen Bezug zur ambulanten Behandlung durch das Krankenhaus aus, sondern wird für den vollstationären Fall berechnet. Für die Annahme, dass der abschlaglose Erhalt der Fallpauschale, die für die stationäre Versorgung gezahlt wird, eine Subventionierung des Krankenhauses beinhaltet, die sich auf ambulante Notfallbehandlungen bezieht, gibt es keine Grundlage (Rdnr. 27).
7. Für eine Vermutung, dass die in der ambulanten Versorgung eingesetzten Vertragsärzte bezogen auf den Einsatz im Notdienst regelhaft über eine höhere Qualifikation verfügen als die in Krankenhausambulanzen eingesetzten Ärzte, gibt es keine Grundlage (Rdnr. 34).
8. Es ist ausgeschlossen, dass die Gesamtvertragspartner außerhalb von Modellvorhaben (§§63ff. SGB V), Strukturverträgen (§73a SGB V a.F.) oder von Verträgen zur selektivvertraglichen Versorgung (§73b SGB V, §73c SGB V a.F., §140a SGB V), allein auf der Grundlage der §§82, 83 SGB V frei und ohne nähere Vorgaben, Zuschläge zu den bereits im EBM-Ä definierten Vergütungstatbeständen vereinbaren. Regionale Zuschläge zu den im Notdienst erbrachten Leistungen könnten daher nur unter den Voraussetzungen des §87a Abs 2 S. 2 SGB V a.F. in der Form von Zuschlägen auf den Orientierungswert vereinbart werden (Rdnr. 41) (Leitsätze der Bearbeiterin)
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BSG, Urt. v. 28.6.2017 – B 6 KA 12/16 R (Bay. LSG). Ambulante Notfallleistungen durch Krankenhausambulanz . MedR 36, 345–352 (2018). https://doi.org/10.1007/s00350-018-4921-0
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