Zusammenfassung
1. Bei der im Rahmen der durchgangsärztlichen Erstvorstellung oder späteren Nachschauterminen gemäß §34 Abs. 1 SGB VII zu treffenden Entscheidung, ob nach Art und Schwere der Verletzung die allgemeine Heilbehandlung ausreicht oder der Arbeitsunfallverletzte in die besondere unfallmedizinische Heilbehandlung zu übernehmen ist, handelt der Durchgangsarzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Für Fehler bei diesen Entscheidungen haftet der Durchgangsarzt gemäß Art. 34 GG, §839 BGB nicht persönlich, sondern die Berufsgenossenschaft.
2. Die Durchführung von Untersuchungen und die Erhebung von Befunden, die der Durchgangsarzt als Grundlage für seine Entscheidung über die weitere Heilbehandlung benötigt, betreffen den öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis des Durchgangsarztes. Etwaige Untersuchungs- oder Befunderhebungsversäumnisse begründen keine persönliche Haftung des Durchgangsarztes.
3. Die im Rahmen durchgangsärztlicher Nachschautermine ergänzende Verordnung von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten, die Verordnung von Hilfsmitteln, die dem Durchgangsarzt vorbehalten ist, oder die Abklärung einer Thrombose rechtfertigen nicht die Annahme, der Durchgangsarzt habe die Heilbehandlung mit der Folge, ein privatrechtliches Behandlungsverhältnisses begründet zu haben und persönlich wie jeder andere Arzt zu haften, in die eigenen Hände genommen.
4. Auch die einseitige Vorstellung des Patienten, der Durchgangsarzt habe die Behandlung wegen mehrmaliger Nachschautermine in die eigenen Hände genommen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Durchgangsarzt habe den seine persönliche Haftung ausschließenden öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis durch Übernahme der Heilbehandlung verlassen. (Leitsätze des Bearbeiters)
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LG Dresden, Urt. v. 9.10.2015 – 6 O 2808/13. Durchgangsarzthaftung; Passivlegitimation des Durchgangsarztes . MedR 34, 71–73 (2016). https://doi.org/10.1007/s00350-015-4193-x
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