Zusammenfassung
1. Vorsätzliche Falschangaben gegenüber der gem. §12 TPG zuständigen Vermittlungsstelle (hier: Stiftung Eurotransplant) können als versuchte Tötung zum Nachteil dadurch übergangener Patienten bewertet werden, wenn der Täter weiß, dass seine Angaben nicht weiter überprüft werden, sie die Zuteilungsreihenfolge so weit beeinflussen, dass es in einem engen zeitlichen Zusammenhang unmittelbar zur Zuteilung eines Spenderorgans kommt und die rettende Transplantationsbehandlung anderer Patienten dadurch lebensbedrohlich verzögert wird.
2. Die Sorge um das Wohl des eigenen Patienten, die im Medizinstrafrecht als gegen einen Tötungsvorsatz sprechend herausgestellt wird, kehrt aufgrund der Organknappheit als vorsatzbegründendes Element wieder.
3. Der Annahme dringenden Tatverdachts wegen eines Tötungsdeliktes steht nicht entgegen, dass die Zuteilungsregeln womöglich der Gesetzgeber selbst hätte festlegen müssen (fehlende parlamentarische Legitimation) und das gegenwärtige auf dem MELD-Score beruhende Zuteilungsverfahren für Lebertransplantate möglicherweise fehleranfällig und manipulierbar ist.
4. Bedenken gegen die geltenden Verteilungsregeln machen diese schon deshalb nicht obsolet, weil alle mit Lebertransplantationen befassten Transplantationszentren sich genau diesem Verteilungsverfahren unterworfen haben. (Leitsätze des Bearbeiters)
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.3.2013 – Ws 49/13 (LG Braunschweig). Zur Strafbarkeit der Manipulation der Leberallokation . MedR 32, 661–664 (2014). https://doi.org/10.1007/s00350-014-3805-1
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00350-014-3805-1