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Fehlendes Bemühen eines Patienten um Aufklärung des Behandlungsgeschehens kann den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzen

BGB §§ 199, 823, 853

  • RECHTSPRECHUNG
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Medizinrecht Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

1. Eine den Verjährungsbeginn auslösende, weil auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der Gläubigerseite kann auch darin liegen, dass der Gläubiger auf der Hand liegende, leicht zugängliche Informationsquellen, die weiterführende Erkenntnisse über die anspruchsbegründenden Umstände erwarten lassen, nicht genutzt hat. Entsprechendes gilt, wenn von dritter Seite angebotene Erkenntnismöglichkeiten nicht innerhalb angemessener Zeit oder offenkundig nur unvollständig genutzt wurden (Fortführung von BGH, NJW 2012, 2644, Rdnrn. 19ff.).

2. Eine in diesem Sinne jederzeit zugängliche Informationsquelle stellt auch der Kenntnisstand einer Krankenkasse bzw. Krankenversicherung dar, die sich mit dem versicherten Patienten auf die Überprüfung einer fehlgeschlagenen ärztlichen Behandlung durch einen Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherer (MDK) verständigt hat und dementsprechend die anwaltlich vertretene Patientenseite fortlaufend über den Stand der Angelegenheit unterrichtet.

3. In einem solchen Fall gehört es zu einer obliegenheitsgerechten Umsetzung der Kooperationsvereinbarung, dass die Patientenseite (1) die ihr zugänglichen Behandlungsunterlagen unverzüglich für die angestrebte Begutachtung zur Verfügung stellt und auch in sonstiger Weise auf eine zügige Erstellung des Gutachtens hinwirkt, (2) sodann das erholte Gutachten gewissenhaft und in zeitnaher Abstimmung mit der Krankenkasse usw. auswertet sowie (3) ggf. eine wiederum zeitnahe Einholung eines Ergänzungsgutachtens veranlasst.

4. Sofern die anwaltlich beratene Patientenseite dagegen schon im Vorfeld der Begutachtung nur schleppend kooperiert hat und nach dem Eingang des für sich genommen aussagekräftigen Erstgutachtens überhaupt untätig geblieben ist, sind die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns jedenfalls ab dem Zeitpunkt erfüllt, in dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Eingang des ersten Gutachtens bei der Patientenseite zu erwarten gewesen wäre, wenn sie angemessen kooperiert hätte.

5. Eine i.S. des §199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinreichende Kenntnis von einem Fehlverhalten des behandelnden Arztes kann auch durch ein Privatgutachten vermittelt werden, in welchem zwar abschließend das Vorliegen eines Behandlungsfehlers (floskelhaft) verneint, aber im Rahmen der vorausgehenden Würdigung der angewendeten Operationstechnik eindrücklich und allgemein verständlich veranschaulicht wird, dass die Operationsmethode sowohl therapeutisch als auch wegen des (dann auch eingetretenen) Eingriffsrisikos in hohem Maße bedenklich war und zudem – aus eben diesem Grund – eine qualifizierte Aufklärung erfordert hätte.

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OLG Bamberg, Beschl. v. 14.2.2014 – 4 U 62/13 (LG Aschaffenburg). Fehlendes Bemühen eines Patienten um Aufklärung des Behandlungsgeschehens kann den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzen . MedR 32, 656–659 (2014). https://doi.org/10.1007/s00350-014-3803-3

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