Zusammenfassung
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ist zu verneinen, wenn der Beteiligte sein Begehren erkennbar auch außergerichtlich durchsetzen kann oder der Versuch, eine Aussetzung durch die Behörde zu erreichen, nicht von vornherein aussichtslos erscheint.
2. Eine “Verbesserung der Versorgung” (§ 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Ärzte-ZV) ist bereits dann anzunehmen, wenn am Sitz der Zweigpraxis weitere, bislang nicht abgedeckte Sprechstundenzeiten angeboten werden.
3. Der Genehmigungsbescheid muss nachvollziehbar darlegen, dass die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV (Verbesserung der Versorgung) und des § 24 Abs. 3 Nr. 2 Ärzte-ZV (ordnungsgemäße Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes) vorliegen.
4. Die fehlerhafte oder unzureichende Begründung macht den Bescheid (formell) rechtswidrig, aber nicht nichtig. Sie kann geheilt werden.
5. Eine unvollständige Sachverhaltsaufklärung stellt – vorbehaltlich des § 42 SGB X – einen Verfahrensfehler dar, der grundsätzlich zur Aufhebung des streitbefangenen Bescheides und zur Verpflichtung führt, die Angelegenheit neu zu entscheiden.
6. Die auf einen irrealen Sachverhalt gestützte Genehmigung lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, die Genehmigung sei willkürlich erteilt worden.
7. Die Pflicht, einen Verwaltungsakt zu begründen, besteht rechtsschutzbezogen, so dass eine unzureichende oder irreführende Begründung regelmäßig Anlass zur Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO bieten kann. Auch eine unzureichende Sachaufklärung kann bei rechtsschutzbezogenem Verschulden zur Anwendung des § 155 Abs. 4 VwGO führen. (Leitsätze des Bearbeiters)
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LSG Nordrh.-Westf.. Genehmigung einer Zweig(Filial-)Praxis; Rechtsschutzbedürfnis bei Antrag auf Aussetzung der Vollziehung; unzureichende Begründung bzw. unvollständige Sachverhaltsaufklärung als Verfahrensfehler . MedR 29, 187–193 (2011). https://doi.org/10.1007/s00350-011-2872-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00350-011-2872-9