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Fahrtauglichkeit und chronische Augenerkrankungen

Fitness to drive and chronic eye diseases

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Zusammenfassung

Für die soziale Teilhabe von chronisch Augenkranken am gesellschaftlichen Leben ist der Erhalt der Mobilität eine wichtige Voraussetzung. Auch bei chronischen Erkrankungen soll diesen gemäß Patientenrechtegesetz die Möglichkeit eingeräumt werden, rechtzeitig selbstbestimmt Entscheidungen zur weiteren Vorgehensweise bei Mobilitätsverlust durch eine Fahruntauglichkeit zu treffen. Der Augenarzt sollte daher bei einem chronisch progredienten Visusverlust oder Gesichtsfeldausfall frühzeitig Information und Aufklärung im Hinblick auf eine drohende Fahruntauglichkeit einleiten. Ort, Datum und Zeitdauer des Beratungsgespräches sind zu dokumentieren. Auf Wunsch des Patienten ist ein schriftlicher wertender Befundbericht vom untersuchenden Augenarzt zu erstellen. Im ärztlichen Alltag von Klinik und Praxis sollte zwischen der medizinischen Beratung des chronisch Augenkranken als Patient zu Problemen der Fahrsicherheit und Fahrtüchtigkeit einerseits und den Anliegen bezüglich einer Begutachtung zur Feststellung der Fahrtauglichkeit gemäß § 12, Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung unterschieden werden.

Abstract

For the participation of people with chronic eye problems in social life, the preservation of mobility is an important prerequisite. In the case of chronic illnesses they should also be given the opportunity, in accordance with the Patients Rights Act, to be able to make decisions in good time and independently on the further course of action to be taken in the event of a loss of mobility as a result of the inability to drive. In the case of a chronic progressive loss of visual acuity or loss of field of vision, the ophthalmologist should therefore initiate information and education of the patient at an early stage with respect to a possible impending inability to drive. The place, date and duration of the consultation must be documented. At the patient’s request, a written evaluation report must be prepared by the examining ophthalmologist. In the daily medical routine of the clinic and practice, a distinction should be made between the medical consultation of a chronically ill eye patient on problems of driving safety and fitness to drive and the concerns regarding an assessment to determine fitness to drive in accordance with § 12, Annex 6 of the driving licence regulations.

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Abb. 1

Literatur

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Autoren

F. Tost: Finanzielle Interessen: Referentenhonorar oder Kostenerstattung als passiver Teilnehmer (Erstattung von Reise- oder Übernachtungskosten sowie Teilnahmegebühren): Théa Pharma GmbH | Drittmittelkonto, Universitätsmedizin | Uniklinikum Halle | bon Optic | BVA | Bayer | Bayer Vital | Okuloplastik – Tätigkeit als bezahlter Berater, interner Schulungsreferent oder Bezug eines Gehalts o. Ä.: Mitarbeit in einem Wissenschaftlichen Beirat (advisory board) | Riemser Pharma AG, Bahnhofstr. 44, 17489 Greifswald (advisory board, kein Bezug) | Drittmittelkonto, Universitätsmedizin Greifswald | Berater‑/Gutachtertätigkeit: Virtuelle Hochschule Bayern (vhb), Luitpoldstraße 5, 96052 Bamberg | Riemser Pharma AG, Bahnhofstr. 44, 17489 Greifswald | Wiss. Beratung | Drittmittelkonto, Universitätsmedizin Greifswald. Nichtfinanzielle Interessen: Berufliche Tätigkeit, Mitgliedschaften, Position in wissenschaftlichen Gesellschaften, Berufsverbänden sowie hier relevanten Vereinigungen: Hochschullehrer, Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Universitätsmedizin Greifswald. G. Freißler: Finanzielle Interessen: Referentenhonorar oder Kostenerstattung als passiver Teilnehmer (Erstattung von Reise- oder Übernachtungskosten sowie Teilnahmegebühren): BVA für Vorträge und Dienstreisen – Tätigkeit als bezahlter Berater, interner Schulungsreferent oder Bezug eines Gehalts o. Ä.: HDI-Versicherung, Köln | Beratungsarzt. Nichtfinanzielle Interessen: Berufliche Tätigkeit, Mitgliedschaften, Position in wissenschaftlichen Gesellschaften, Berufsverbänden sowie hier relevanten Vereinigungen: Überwiegend als Augenarzt für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) tätig | Leiter des Ressorts Verkehrsophthalmologie, BVA | Mitglied der gemeinsamen Rechtskommission DOG/BVA.

Wissenschaftliche Leitung

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Der Verlag

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Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.

Additional information

Wissenschaftliche Leitung

F. Grehn, Würzburg

Unter ständiger Mitarbeit von:

H. Helbig, Regensburg

W.A. Lagrèze, Freiburg

U. Pleyer, Berlin

B. Seitz, Homburg/Saar

CME-Fragebogen

CME-Fragebogen

Was ist in der medizinischen Beratung von chronisch Augenkranken mit dem Begriff Fahrsicherheit gemeint?

Die rasch veränderbare situations- und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs

Die sehr langsam veränderbare situations- und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs

Die über mehr als 3 Jahre sich verändernde situations- und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs

Die zeitlich über 5 Jahre stabile, von aktuellen Situations- und Befindlichkeitsparametern unabhängige Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs

Die zeitlich über 10 Jahre stabile, von aktuellen Situations- und Befindlichkeitsparametern unabhängige Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs

Was ist ein wichtiger Kompensationsfaktor bei Fahrerlaubnisinhabern mit chronischer Augenerkrankung?

Langjährige Fahrerfahrung

Erfahrung mit Bagatellunfällen

Langjährige Erfahrung als Beifahrer

Geübter Umgang mit Genussmitteln

Einnahme neu verordneter Medikamente

Was erfordert die Prüfung der Mindestanforderungen an das Sehvermögen gemäß Fahrerlaubnisverordnung (FeV) § 2, Anlage 6 zum Zwecke einer Beurteilung der Fahrtauglichkeit?

Landolt-Ring-Optotypen mit 4 Öffnungen

ETDRS(Early Treatment Diabetic Retinopathy Study)-Tafeln

Zahlen-Optotypen

Buchstaben-Optotypen

Landolt-Ring-Optotypen mit 8 Öffnungen

Welche Aussage zur medizinischen Beratung chronisch augenkranker Patienten mit einer Pkw-Fahrerlaubnis ist richtig?

In Abständen sollte der Patient unaufgefordert durch seinen Augenarzt zu den Auswirkungen seiner Augenerkrankung auf die Fahrtauglichkeit informiert werden.

Nur bei Nachfrage durch den Patienten sollte der Augenarzt zu den Auswirkungen der Augenerkrankung auf die Fahrtauglichkeit informieren.

Der Augenarzt darf nicht zu den Auswirkungen der Augenerkrankung auf die Fahrtauglichkeit informieren, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht zu belasten.

Um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nicht zu belasten, sollte der Augenarzt ohne Einwilligung des Patienten die Angehörigen über die Auswirkungen der Krankheit auf die Fahrtauglichkeit informieren.

Der Augenarzt muss nur zur Einschränkung der Fahrtauglichkeit informieren, wenn er eine Mydriasis durchführt. Beratungsfragen zur Fahrsicherheit kann er an den Hausarzt delegieren.

Welche Form des augenärztlichen Votums gibt die Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit vor?

Mindestanforderungen an das Sehvermögen werden erreicht (ohne bzw. mit Sehhilfe, ggf. unter Auflagen/Beschränkungen) oder nicht erreicht.

Mindestanforderungen an das Sehvermögen könnten nach objektiver Refraktionsbestimmung erreicht werden.

Mindestanforderungen an das Sehvermögen könnten nach binokularem Refraktionsabgleich vielleicht noch erreicht werden.

Mindestanforderungen an das Sehvermögen werden möglicherweise erfüllt.

Mindestanforderungen an das Sehvermögen werden wegen einer zeitlich begrenzten Augenerkrankung möglicherweise nicht erfüllt.

Was sollte der Augenarzt bei erkennbaren patientenseitigen Problemen im Umgang mit den Auswirkungen der chronischen Augenerkrankung auf die Fahrtauglichkeit tun?

Sofort die Straßenverkehrsbehörde informieren

Die erfolgte Aufklärung des Patienten dokumentieren, möglichst unter Angabe von Zeugen oder deren Unterschrift z. B. des nichtärztlichen Praxispersonals

Die Angehörigen des Patienten informieren und sich dies unbedingt per Unterschrift bestätigen lassen

Die erfolgte Aufklärung des Patienten dokumentieren und zeitnah eine Kopie an das Versorgungsamt senden

Sofort das Landratsamt informieren

Ein Patient mit fortgeschrittenem Glaukom behauptet nach schuldhafter Beteiligung an einem Verkehrsunfall vor Gericht, niemals über die Auswirkungen der vorhandenen Gesichtsfeldausfälle auf seine Fahrtauglichkeit vom Augenarzt informiert worden zu sein. Was wirkt dann am besten haftungsbefreiend für den Augenarzt?

Vorlage der Dokumentation eines Aufklärungsgespräches zur Fahreignung möglichst mit Ort, Datum, Uhrzeit und Zeitdauer

Vorlage der ganzen elektronischen Patientenakte

Vorlage aller Perimetriebefunde als Papierausdruck

Telefonrechnung der Arztpraxis als Beleg einer Beratung per Fernsprecher

Vorlage eines medizinischen Befundes zum Nachweis darüber, dass die Augenerkrankung schon über 20 Jahre bekannt sei

Welches Unterstützungsangebot zur Evaluierung der Fahreignung kann Sehbeeinträchtigten vom Augenarzt empfohlen werden?

Freiwillige Mobilitätschecks bei Begutachtungsstellen für Fahreignung wie TÜV, ADAC, DEKRA

Fahrsicherheitstraining und/oder eine Fahrverhaltensprobe durch die Ehefrau

Vorstellung beim Versorgungsamt

Fahrsicherheitstraining und/oder eine Fahrverhaltensprobe durch weitere Angehörige

Ein verlängerter Kuraufenthalt

Eine 70-jährige Patientin Ihrer Praxis, Altinhaberin Führerscheinklasse 3 seit 1975, mit langjährig bestehender Glaukomerkrankung fühlt sich aufgrund ihrer Sehfähigkeit im Straßenverkehr unsicher und bittet um telefonische Beratung. Der Visus wurde zuletzt vor einem Jahr erhoben (RA: 0,5, LA: 0,4). Wie gehen Sie anhand der vorhandenen Leitlinien zur Einzelfallgerechtigkeit vor?

Es wird zu einem augenärztlichen Gutachten gemäß Fahrerlaubnisverordnung (FeV) geraten.

Es wird anhand der Akte die Fahrtauglichkeit bescheinigt.

Es wird eine neurologische Vorstellung empfohlen.

Die Fahrtauglichkeit wird nach ergänzender Perimetrie bescheinigt.

Sie empfehlen eine Sehnervenaufnahme mittels Heidelberg Retina Tomograph.

Welche der nachfolgenden gesetzlichen Regelungen oder Verordnungen enthält für den Augenarzt keinerlei Angaben, die bei der Beurteilung von Fahreignung oder Fahrtüchtigkeit berücksichtigt werden müssten?

Fahrerlaubnisverordnung (FeV) § 2, Anlage 6

Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO),

Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Patientenrechtegesetz (PRG)

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Tost, F., Freißler, G. Fahrtauglichkeit und chronische Augenerkrankungen. Ophthalmologe 116, 479–494 (2019). https://doi.org/10.1007/s00347-019-0900-8

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