Refraktionsanomalien sind eine der häufigsten ophthalmologischen Abnormitäten, und fehlende oder Unterkorrektur von Ametropien, insbesondere der Myopie, ist die weltweit häufigste Ursache für Visusminderung. Insbesondere in ost- und südostasiatischen Ländern hat die Prävalenz der Myopie in der jungen Generation sehr stark zugenommen und erreicht bei den 18-Jährigen eine Häufigkeit von mehr als 80 %, wobei die Prävalenz der hohen Myopie 10–20 % beträgt. Man schätzt, dass im Jahr 2050 die Häufigkeit der Myopie weltweit auf 50 % und die der hohen Myopie auf ca. 10 % ansteigen wird.

Im Jahr 2050 wird die Häufigkeit der Myopie weltweit schätzungsweise auf 50 % ansteigen

Das Problem der Myopie liegt nicht nur in der relativ häufig fehlenden optimalen optischen Korrektur, sondern vielmehr in dem Potenzial der hohen Myopie, aufgrund der Achsenverlängerung des Bulbus durch eine myopische Makulopathie und durch eine Myopie-assoziierte glaukomatöse oder Glaukom-ähnliche Optikusatrophie zur erheblichen Visusminderung und Blindheit führen zu können. Nach neueren Studien ist die glaukomatöse oder Glaukom-ähnliche Optikusatrophie im Vergleich zur myopischen Makulopathie bei hoher Myopie deutlich häufiger Grund für Visusminderung und Blindheit als früher angenommen.

In dem vorliegenden Heft des Ophthalmologen werden in 3 Schwerpunktarbeiten die Epidemiologie und Anatomie der Myopie, die Prävention der Myopie und Therapieoptionen bei progredienter Myopie im Kindesalter dargestellt und diskutiert. Dies beinhaltet u. a., wie man zur Vermeidung der Entstehung der Myopie vielleicht das Sehverhalten von Kindern besser beeinflussen kann, z. B. durch neue Verfahren zur Dokumentation und Verbesserung der Sehgewohnheiten, und welche optischen und pharmakologischen Therapieansätze ergriffen werden können, mit denen man evtl. eine durchschnittliche Verminderung der Myopieprogression von bis ca. 50 % erreichen kann. In der ganzen Diskussion über die Zunahme der Myopie sollte man nicht vergessen, dass eine moderate Achsenmyopie insgesamt wahrscheinlich mehr Vorteile als Nachteile hat. Die mittlere Achsenmyopie erhöht zwar das Risiko einer rhegmatogenen Amotio retinae und erfordert das Tragen einer Brille oder Kontaktlinse für die Fernsicht, hat aber die wesentlichen Vorteile, dass sie mit geringeren Häufigkeiten der altersassoziierten Makuladegeneration, der diabetischen Retinopathie und des primären Pupillarblock-Winkelblockglaukoms assoziiert ist und zudem im mittleren und höheren Alter das Problem der Presbyopie deutlich lindert.

Ihr Prof. Dr. Jost B. Jonas