Zusammenfassung
Durch die Einführung der intravitrealen operativen Medikamenteninjektionen (IVOM) hat sich die Behandlung des retinalen Venenverschlusses (RVV) nachhaltig geändert. Die gesteigerte Aufmerksamkeit verdankt der RVV einem überwiegend guten Ansprechen auf die IVOM-Therapie. Im Rahmen der für die Medikamentenzulassung erforderlichen Studien wurden auch umfangreiche Daten zum Spontanverlauf und zu den für die Erkrankung verantwortlichen Risikofaktoren gesammelt. Da es sich beim RVV um eine Manifestation von systemischen oder lokalen Risikofaktoren handelt, sind diese Daten auch zur Behandlung der zugrunde liegenden Risikofaktoren hilfreich. Im folgenden Beitrag werden die verfügbaren Daten präsentiert und bewertet, um dem Leser einen „roten Faden“ bei der Diagnose dieses komplexen Krankheitsbilds an die Hand zu geben.
Abstract
Since the introduction of intravitreal operative medication injections (IVOM), the therapy of retinal vein occlusion (RVO) has permanently changed. The growing acceptance of IVOM is undoubtedly due to the generally positive outcome after RVO. During the pharmaceutical trials required to obtain medication approval, extensive data were collected on the spontaneous course of the disease and the risk factors responsible for the disease. As RVO is a complication of systemic or local risk factors, these data are also useful for the therapy of the underlying risk factors. In this article the currently available data are presented and evaluated to provide the reader with key guidelines to diagnose and treat this complex syndrome.
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Interessenkonflikt
N. Feltgen und A. Pielen geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Der retinale Venenverschluss ist selten, aber die zweithäufigste Gefäßerkrankung in der Augenheilkunde nach der diabetischen Retinopathie. Welche Aussage ist richtig?
Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter.
Die Inzidenz sinkt mit zunehmendem Alter.
Junge Frauen sind häufiger betroffen als junge Männer.
Das rechte Auge ist häufiger betroffen als das linke.
Ein Verschluss am Partnerauge tritt in 30 % der Patienten auf.
Eine 65-jährige Patientin stellt sich mit langsamer Sehverschlechterung vor. Sie bemerkt Schwankungen im Tagesverlauf. Sie kann abends lesen, während das Sehen morgens besonders schlecht ist. Sie vermuten einen retinalen Venenverschluss. Welche Ursache ist die häufigste, die Sie als Augenarzt unbedingt abklären sollten?
Arteriitis temporalis
Glaukom
Amotio retinae
Uveitis posterior
Zentralarterienverschluss
Sie diagnostizieren bei einem 70-jährigen Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit einen Zentralvenenverschluss. Die Anamnese ist sonst unauffällig, aber Sie vermuten weitere Risikofaktoren aufgrund ihrer Häufigkeit und empfehlen die internistische Abklärung. Welcher Risikofaktor ist am häufigsten?
Hyperlipidämie
Koronare Herzerkrankung
Diabetes mellitus
Arterielle Hypertonie
Abgelaufener Apoplex
Erstdiagnose Zentralvenenverschluss. Bei der Augenuntersuchung zeigen sich eine reduzierte Sehschärfe, ein normwertiger Augendruck, retinale Blutungen in allen Quadranten. Weitere ophthalmologische Untersuchungen sind erforderlich. Welche Aussage stimmt?
Sie verzichten auf den wechselseitigen Pupillenbelichtungstest bei einer Sehschärfe von < 0,1.
Sie verzichten auf die Gonioskopie, weil der Augendruck normwertig ist.
Sie führen eine optische Kohärenztomographie durch, um ein funduskopisch nicht sicher erkennbares Makulaödem zu diagnostizieren und zu quantifizieren.
Sie veranlassen immer eine Fluoreszeinangiographie ungeachtet der Verschlussdauer und der Anzahl der retinalen Blutungen.
Bei der Fluoreszeinangiographie ist die retinale Ischämie nur zu Beginn der Erkrankung sichtbar und muss im Verlauf nicht wieder beurteilt werden.
Eine Patientin hat vor 3 Monaten einen schweren Zentralvenenverschluss erlitten. Das Makulaödem ist mit 3 intravitrealen Injektionen Anti-VEGF behandelt worden, die Sehschärfe angestiegen. Die retinalen Blutungen waren zu Beginn sehr ausgeprägt, sodass die Fluoreszeinangiographie keine Beurteilung der retinalen Ischämie zuließ. Wie ist Ihr weiteres Vorgehen?
In der SD-OCT zeigt sich aktuell kein Makulaödem, daher ist die Therapie abgeschlossen. Es sind keine weiteren Untersuchungen notwendig.
In der SD-OCT zeigt sich weiterhin ein Makulaödem, daher hat die Therapie versagt. Therapieabbruch ohne weitere Kontrollen.
Eine Gonioskopie ist nicht erforderlich, da sich die Sehschärfe verbessert hat.
Eine Fluoreszeinangiographie sollte erneut durchgeführt werden, weil die Blutungen zurückgegangen sind. Die Ischämie ist nun beurteilbar.
Eine Fluoreszeinangiographie ist unter laufender IVOM-Therapie nicht indiziert.
Welche Aussage zu kardiovaskulären Erkrankungen von Patienten mit retinalen Venenverschlüssen ist richtig?
Weder die Apoplexrate noch die Mortalität ist bei diesen Patienten erhöht.
Mortalität, Apoplexrate und die Rate für Herzinfarkte sind gleich stark erhöht.
Mortalität und Apoplexrate sind erhöht, die Rate für Herzinfarkte nicht.
Nur die Herzinfarktrate ist erhöht.
Die Patienten sind in akuter Lebensgefahr.
Sie haben bei einem Patienten einen nichtischämischen Zentralvenenverschluss diagnostiziert. Welche Aussage ist richtig?
Sie müssen den Patienten in regelmäßigen Abständen untersuchen, da ein Übergang in einen ischämischen Verschluss möglich ist.
Der Patient hatte Glück, ein Übergang in eine ischämische Verlaufsform ist ausgeschlossen.
Das Risiko, einen ischämischen Verlauf zu entwickeln, beträgt ca. 75 % innerhalb der ersten 5 Jahre nach Verschluss.
Dank der hochauflösenden OCT ist die Fluoreszeinangiographie zur Beurteilung der Ischämie nicht mehr erforderlich.
Ein relativer afferenter Pupillendefekt ist ein Zeichen eines nichtischämischen ZVV.
Die normale arteriovenöse Füllungszeit bei der Fluoreszeinangiographie beträgt ca. …
3 s.
10–15 s.
30 s.
60 s.
90 s.
Welche Aussage zum spontanen Visusverlauf nach einem retinalen Venenverschluss ist richtig?
Je besser der Ausgangsvisus, desto größer ist der Visusanstieg.
Je besser der Ausgangsvisus, desto besser der abschließende Visus.
Beim ZVV verbessert sich der mittlere Visus spontan um 3 Zeilen, beim AVV verlieren die Patienten im Mittel 2 Zeilen.
Der Ischämiegrad hat keinen Einfluss auf den mittleren Visus.
Ein Astvenenverschluss endet eigentlich immer mit einem Visus ≥ 0,5.
Welche Aussage zur Kollateralbildung bei RVV-Patienten ist richtig?
Beim ZVV bilden sich die Kollaterale ausschließlich an der Papille, beim AAV ausschließlich in der Peripherie.
Kollaterale führen typischerweise zu einer Sehverbesserung.
Kollaterale führen typischerweise zu einer besseren Durchblutung.
Kollaterale finden sich häufiger bei ischämischen Verläufen.
Kollaterale sind ein extrem seltenes Ereignis nach RVV.
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Feltgen, N., Pielen, A. Retinaler Venenverschluss. Ophthalmologe 112, 607–620 (2015). https://doi.org/10.1007/s00347-015-0105-8
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00347-015-0105-8