Das trockene Auge ist allein durch seine Prävalenz und zunehmende Inzidenz in der Bevölkerung ein wichtiges Gebiet der Augenheilkunde, aber auch anderer, zunehmend grundlagenassoziierter Wissenschaftsbereiche. Augenärzte müssen sich täglich mit dieser Entität auseinandersetzen, was vor dem Hintergrund eines oft erheblichen und lang dauernden Leidensdruckes und einer entsprechend hohen Erwartungshaltung der Patienten, den zeitlichen und wirtschaftlichen Zwängen des Praxisalltages, der Komplexität der verschiedenen Arten des trockenen Auges und den letztlich doch sehr limitierten, wirklich effektiven Therapiemöglichkeiten nicht immer Anlass zur Freude gibt.

Die Komplexität lässt sich nur durch eine genaue Aufschlüsselung der Physiologie und Pathophysiologie erklären und später evtl. vereinfachen. Grundlagenforschung erlaubt uns daher auch, einen möglichen Zugang zu effektiven, neuen Therapien zu finden. Zunehmend rücken hier die Sexualhormone in der Regulation beider Hauptformen des trockenen Auges – durch Tränenflüssigkeitsmangel oder durch zu hohe Verdunstung – in den Mittelpunkt der Forschung. Dabei stellt sich die Kontrolle der Meibom-Drüsen derzeit insgesamt etwas klarer und konsistenter dar als die der Tränendrüsen, obwohl die Studienaussagen aufgrund fehlender Standards oft nur schwer vergleichbar sind. Der 2007 in verschiedenen Sprachen veröffentlichte Bericht des Dry Eye Workshops (DEWS) hat in diesem Punkt bereits eine deutliche Verbesserung gebracht. Es ist auch die Meibom-Drüse, die den heute bekannten Therapien eher zugänglich ist. Daher hat das Leitthema unzweifelhaft auch seinen Schwerpunkt bei diesem Gewebe. Der zunehmenden Bedeutung der Meibom-Drüse für Entstehung und Entwicklung eines trockenen Auges trägt auch die Arbeit internationaler Experten im Meibomian Gland Dystrophy Workshop Rechnung, dessen Ergebnisse Anfang kommenden Jahres erwartet werden. Die Kenntnis des aktuellen Wissensstandes hilft dem Interessierten, klinische Phänomene und Beobachtungen besser zu interpretieren und therapeutisch anzugehen. Dementsprechend berichten die Kollegen Knop im ersten Artikel über Anatomie, Embryologie und Histologie der Meibom-Drüsen, wobei sich aus der Analogie der Embryonalentwicklungen von Haarbalg und Meibom-Drüse äußerst spannende Erklärungen ableiten lassen, während sich der zweite Teil schwerpunktmäßig mit dem Produkt der Drüsen, dessen Physiologie, Eigenschaften, Verteilung und Funktion auseinandersetzt.

Obwohl der erste Teil des Leitthemas eher Grundlagen bearbeitet, kann man doch klar den Duft der klinischen Relevanz wahrnehmen. Der zweite Teil des Leitthemas, der in der nächsten Ausgabe von „Der Ophthalmologe“ erscheinen wird, soll den Kreis zur Klinik schließen.