Anatomische Varianten der Wirbelsäule – ihre Bedeutung für die manuelle Medizin

Zusammenfassung

Viele Varianten an der Wirbelsäule sind Raritäten, einige bleiben oft klinisch stumm. Andere hingegen haben klinische Bedeutung. Keil- und Blockwirbel können zu Drehverbiegungen der Wirbelsäule (kongenitale Skoliosen), aber auch Kyphosen und Lordosen führen. Diese Veränderungen müssen stets orthopädisch betreut werden, da bei einer Progression eine rechtzeitige operative Versorgung angezeigt ist. Hier ist der Manualmediziner unserer Einschätzung nach nur die „helfende Hand“. Gleiches gilt für die verschiedenen Ausformungen der Schlussstörungen des Neuralrohrs, die sich in Form der verschiedenen Arten der Spina bifida manifestieren können. Hier gewinnt zunehmend das Feld der Fetalchirurgie eine große Bedeutung, u. a. bei der Versorgung der Spina bifida aperta. Diese Patienten müssen zeit ihres Lebens interdisziplinär betreut werden, wo sich auch die manuelle Medizin wiederfinden kann. Erworbene „Anomalien“ im Sinne von degenerativen Veränderungen, die zu Form- und Funktionsveränderungen führen, sind hingegen ein dankbares Feld für die manuelle Medizin. Hier sollte zunehmend auch an die Prävention im Sinne des Funktionserhalts gedacht werden. Ebenso sollte der funktionell denkende Mediziner die zugrunde liegenden Ursachen der Veränderungen erkennen und behandeln können. Dazu ist das Verständnis der Grundlagenfächer Anatomie, Neurophysiologie, Embryologie usw., die in den letzten Jahren zunehmend wieder Einzug in die manuelle Medizin gefunden haben, eminent.

Abstract

Many spinal variants are rarities and some often remain clinically silent. Others, however, are of clinical importance. Wedge and block vertebrae can lead to congenital scoliosis but also kyphosis and lordosis. These changes must always be attended to by orthopedic specialists, as timely surgical treatment is indicated in the event of progression. In the authors′ opinion, manual medicine is only the “helping hand” here. The same applies to the various types of neural tube defect which can manifest in the form of various types of spina bifida. The field of fetal surgery is becoming increasingly important here, for example in the treatment of spina bifida aperta. Nevertheless, these patients require interdisciplinary care throughout their lives, in which manual medicine can be involved. Acquired “anomalies” in the sense of degenerative changes that lead to changes in form and function, on the other hand, are a grateful field for manual medicine. Here, prevention should increasingly also be considered in the sense of functional maintenance. The functionally thinking physician should also be able to recognize and treat the underlying causes of the changes. In addition, the understanding of anatomy, neurophysiology, embryology, etc., which has increasingly found its way back into manual medicine in recent years, is eminent.