Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Die manuelle Medizin steht für eine moderne, dem Patienten zugewandte Diagnostik und Therapie. Mit ihrer interdisziplinären Ausrichtung bietet sie in allen Bereichen der ärztlichen Tätigkeit wertvolles, ergänzendes Wissen und Können zu den funktionellen Zusammenhängen des menschlichen Körpers. Die moderne manuelle Medizin berücksichtigt diagnostische und therapeutische Techniken aus allen international existierenden wissenschaftsbasierten ärztlichen manuellen Behandlungsansätzen. Insbesondere integriert die manuelle Medizin auch die amerikanische Ausprägung, die sog. Osteopathie, wie sie an Universitäten und im Gesundheitssystem der USA gelehrt und angewendet wird. Damit erweitert die manuelle Medizin wesentlich die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten innerhalb des ärztlichen Handelns, wobei heute insbesondere die Allgemeinmedizin, Orthopädie, physikalische und rehabilitative Medizin, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kinderheilkunde, Schmerzmedizin, Sportmedizin und Arbeitsmedizin zu nennen sind.

So lautet die von der Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) vorgeschlagene Erweiterung der Zielsetzung einer Zusatzweiterbildung „Manuelle Medizin“.

Die auf dem Deutschen Ärztetag 2018 [1] diskutierte und beschlossene Novellierung der ärztlichen (Muster‑)Weiterbildungsordnung [2] ist auf eine vertiefende Anwendung ärztlicher Kenntnisse in der Berufsausübung gerichtet.

Mit der konkreten Umsetzung haben sich auch das Präsidium der DGMM und die Vertreter der drei DGMM-Akademien beschäftigt. In der Diskussion mit der Bundesärztekammer wurden die speziellen Kriterien, die die Qualität in der manuellen Medizin sichern, vertreten und bewahrt.

Machen wir uns stark für die manuelle Medizin

Die DGMM hat gegen eine beabsichtigte Einführung einer einjährigen Weiterbildungszeit zur Zusatzweiterbildung (ZWB) „Manuelle Medizin“ im klinischen Regelbetrieb Stellung bezogen: Die Verlagerung der Weiterbildung zur ZWB ‚Manuelle Medizin‘ in den klinischen Alltag hätte zur Folge, dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wichtige Standards in Theorie und Praxis eingebüßt würden und dass die erreichten Erfolge für die manuelle Medizin in Gefahr geraten würden. Es ist immerhin eine effiziente kostengünstige und heute praktisch risikofreie Therapiemethode mit hoher Compliance, in die auch sehr viele der wissenschaftlich belegten osteopathischen Verfahren Eingang gefunden haben. Die 320 Unterrichtseinheiten, die in allen bundesdeutschen Ärztekammern in präzise formulierten Curricula einschließlich entsprechend der Stundeneinteilung und in jüngster Vergangenheit auch nach den Kriterien der Miller-Pyramide [3] niedergelegt sind, bieten eine sichere Voraussetzung für den Erwerb der Zusatzweiterbildung und Anwendung der genannten Verfahren.“

Die Zusatzbezeichnung unseres Fachgebiets wird zukünftig „Manuelle Medizin“ lauten. Die wahlweise Verwendung der Bezeichnung „Chirotherapie“ fällt damit weg. Dies wird einerseits der Tatsache gerecht, dass manuelle Medizin mehr ist als „nur“ Therapie, andererseits haben Patienten und wahrscheinlich auch Kollegen zu manueller Medizin weniger konkrete Vorstellungen als zu Chirotherapie, Osteopathie oder manueller Therapie, obwohl diese alle in der manuellen Medizin inkludiert sind.

Daher seien hier noch einmal die Prinzipien der Kursweiterbildung „Manuelle Medizin“ aufgeführt:

  • Die Kursweiterbildung „Manuelle Medizin“ dient dem Erwerb der definierten Kompetenzen in der Zusatzweiterbildung „Manuelle Medizin“ durch die Verbindung theoretischer und praktischer Elemente.

  • Nach der jeweiligen theoretischen Einführung in den einzelnen Abschnitten mit der Abklärung von Indikation und Kontraindikation wird besonderes Gewicht auf die praktische Unterweisung in den gelehrten manuellen Untersuchungs- und Behandlungstechniken gelegt. Diese werden vom Dozenten erklärt und demonstriert und anschließend von den Kursteilnehmern unter Supervision aneinander geübt.

  • Ziel der Kurse „Manuelle Medizin“ ist es, den teilnehmenden Arzt zu befähigen,

    • manuelle und funktionelle Diagnostik am Bewegungsorgan und an anderen in das pathologische Geschehen einbezogenen Geweben unter besonderer Berücksichtigung nozireaktiver Zeichen anzuwenden,

    • die funktionelle Verkettung innerhalb des Bewegungsorgans und zwischen dem Bewegungsorgan (Wirbelsäule, Extremitätengelenke, Muskeln, Bänder, Faszien) und den Störungen innerer Organe zu kennen,

    • Ergebnisse bildgebender Untersuchungsverfahren unter strukturpathologischen und funktionellen Aspekten zu bewerten,

    • manualmedizinische Behandlungstechniken am Bewegungsorgan und an anderen in das pathologische Geschehen einbezogenen Organen und Geweben anzuwenden,

    • Patienten zu Eigenübungen und präventiven Maßnahmen anzuleiten und

    • manualmedizinische Erkenntnisse in ein therapeutisches Gesamtkonzept zu integrieren.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

liebe Mitglieder der DGMM,

wir möchten Sie bitten, eigentlich auffordern: „Machen Sie sich stark für die manuelle Medizin!“ Für die Patienten ist es oft schwer, einen Termin bei einem Manualmediziner oder Chirotherapeuten zu bekommen. Heilpraktiker bzw. nichtärztliche Osteopathen decken zwar ein offensichtlich bestehendes Bedürfnis, aber auch sie haben meist keine Termine bei akut auftretenden Beschwerden und können die erworbenen Erfahrungen eines Facharztes mit der Zusatzweiterbildung „Manuelle Medizin“ nicht ersetzen. Die meisten von Ihnen setzen persönlich in Ihren Praxen manuelle Medizin erfolgreich ein. Informieren Sie auf ärztlichen Veranstaltungen Ihre Kollegen von den breiten Einsatzmöglichkeiten der manuellen Medizin. Sie tun es ja nicht zu Werbezwecken für Ihre Praxis, da Manualmediziner ja schon gesuchte Spezialisten sind. Bringen Sie Ihre Fachkenntnisse und Erfahrung auch in die Gremien der Ärztekammern ein, z. B. als Mitglied in den Weiterbildungsausschüssen. Die DGMM unterstützt Sie gerne bei Ihren Aktivitäten. Geben Sie uns bitte auch ein Feedback, wo eine Unterstützung notwendig wäre.

Mit besten Grüßen

R. Klett

Präsident DGMM

L. Beyer

Federführender Schriftleiter Manuelle Medizin