FormalPara Leserbrief zu

Beyer L, Ehlenbeck S (2015) Forschung aus der Praxis für die Praxis und für die Theorie. Manuelle Med 53:328–329

und

Coenen W, Barth F, Henning P et al (2015) Atlastherapie nach Arlen: 3-Zeichen-Test statt Röntgen. Ergebnisse einer multizentrischen Studie. Manuelle Med 53:330–337

Sehr geehrter Herr Professor Beyer,

wir möchten Ihnen herzlich danken für Ihren Grundsatz-Artikel zum wissenschaftlichen Anspruch der Manualmedizin an medizinische Forschung und ethische Standards. Damit haben Sie sicherlich vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Seele gesprochen.

Wenn die Manualmedizin auch als wichtiger wissenschaftlich forschender Fachbereich in der Medizin wahrgenommen werden soll, wenn wir Veröffentlichungen und Studien zur Untermauerung des kurativen Potentials unseres Tuns heranziehen wollen, kommen wir um die Beachtung wissenschaftlicher und ethischer Standards nicht herum. Damit haben Sie eine wichtige Forderung auch für den Anspruch und den Wert unserer Zeitschrift „Manuelle Medizin“ formuliert.

In der Vergangenheit sind ja schon mehrfach Tests veröffentlicht worden. Zuletzt der 3-Zeichen-Test von Coenen et al. Umso überraschter waren wir nach der Lektüre dieser Arbeit eine Seite weiter im gleichen Heft. Hier wurden die von Ihnen formulierten Grundsätze gänzlich missachtet. Wir möchten uns hier in unserer Kritik allein auf die Methodik und Durchführung beschränken. Eine fachliche Auseinandersetzung mit den Ergebnissen und Folgerungen der Arbeitsgruppe um Coenen ist in Vorbereitung und soll an anderer Stelle erfolgen.

  • Im Weiteren werden hier Grundsätze bei der Beurteilung von Untersuchungsbefunden im Rahmen einer Studie wie Reliabilitäten (Intra- und Interraterreliabilität) missachtet. Eine Reliabilitätsanalyse ist als Gütekriterium eines klinischen Tests unabdingbar.

  • Bei Untersuchungen – abgesehen von praxisbegleitenden retrospektiven Beobachtungsanalysen – und Studien gerade bei Säuglingen und Kleinkindern ist eine Einbeziehung einer Ethikkommission heutzutage erforderlich. Ein Hinweis auf eine ethische Beurteilung durch eine entsprechende Kommission fehlt.

  • Die Einbeziehung einer radiologischen Untersuchung allein zur Verifizierung eines Palpationsbefundes halten wir für nicht vertretbar. Das Einverständnis einer Ethikkommission wäre hier wohl erwartungsgemäß nicht erfolgt.

  • Eine Beratung und Begleitung durch die Forschungsstelle in Jena, über deren Nutzung und Zukunft unlängst schon einmal heftig im Rahmen der DGMM diskutiert wurde und eine Schließung zum Glück gerade noch verhindert werden konnte, hätte hier Grundsatzfehler vermeiden helfen können und zeigt die Wichtigkeit dieser Institution. Damit wächst auch die Frage, ob die Forschungsstelle nicht personell und materiell weiter ausgebaut werden müsste.

Marc Wuttke

Holger Spittank