Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

der Rück- und Ausblick, wie er sich aus gegebenem Anlass darbietet, erfüllt uns mit froher Zuversicht. Im Jahre 2003 feiern wir "50 Jahre Manuelle Medizin in Deutschland". Dieses Jubiläum ist durch die Gründung der beiden ersten Weiterbildungsseminare FAC und MWE im Jahre 1953 bestimmt, obwohl "MM", wie wir wissen, auch schon vor diesem Jahr in Europa und Deutschland betrieben wurde. Das Jahr 1953 markiert aber den Beginn systematischer Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der manuellen Medizin, nachdem sich die Ärzteschaft in stärkerem Umfang dieses medizinischen Bereiches angenommen hatte.

Von Vorteil scheint es gewesen zu sein, dass sich die beiden deutschen Gesellschaften FAC und MWE dabei auf unterschiedlichen Wegen der Sache näherten, mehr über den funktionellen Weg die eine, mehr über den gelenkmechanischen Weg die andere. 1990 war die Szenerie durch das Hinzutreten einer dritten deutschen Gesellschaft, der ÄMM, bereichert worden. Die seit Anfang dieser kurzen Geschichte bestehenden Bemühungen aller waren auf die Überwindung scheinbarer Meinungsdifferenzen gerichtet, die aber eben keine echten Differenzen waren, sondern ihre Begründung in der Herangehensweise hatten. Die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit den von der DGMM gestalteten gemeinsamen Lehrerkursen gemacht haben, bestätigten uns das eindrucksvoll.

Nachdem durch die Konsensuskonferenzen eine gemeinsame Terminologie gefunden war, schien es uns die vordringlichste Aufgabe, scheinbare Widersprüche aufzulösen, die aus mangelndem Verständnis der Doppelrolle der einzelnen Gesellschaften erwuchsen, einerseits Schulen zur Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in der manuellen Medizin zu sein und andererseits wissenschaftliche Gesellschaften mit gemeinsamer Zielstellung. Dies gelang uns im vergangenen Jahr auf einer erweiterten Präsidiumssitzung in Fulda in überzeugender Weise. Seither hat unsere Gesellschaft wieder eine klare Option auf die Zukunft als Repräsentantin aller bedeutenden manualmedizinischen Schulen in Deutschland.

Mit Ausgründungen und Separationen werden wir immer wieder einmal zu rechnen haben, denn die menschliche Spezies ist vielgestaltig. Aber die Zusammenarbeit der drei großen Gesellschaften und ihrer Schulen in der DGMM ist ein Faustpfand. Insbesondere auf dem Gebiet der Forschungsförderung erweist sich Gemeinsamkeit als Stärke, zumal hier auch Gesellschaften der drei deutschsprachigen Länder in Europa ihre wirtschaftliche Kraft vereinen. Auch über die Arbeit der FIMM ist unser Bemühen gefördert worden. Durch unsere Zeitschrift "Manuelle Medizin" können wir in wachsendem Maße die FIMM als eine lebendige Organisation erleben. Sie hat hier Sprache und Stimme gefunden. Die Proportionen ihrer Mitgliederzahlen erheischen eine stärkere Einbindung deutscher Ärzte in die Arbeit dieser Organisation. Es ist erkennbar, daß auch das Präsidium der FIMM solche Erkenntnis hat.

Insbesondere aber sollte Europa mit einer Stimme sprechen. Dazu bedarf es der Gründung einer gemeinsamen europäischen Plattform, um Strategien weiteren Vorgehens in der Entwicklung manueller Medizin festzulegen. Denn manuelle Medizin lässt sich heute nicht mehr auf hergebrachte Betätigungsfelder wie Chirodiagnostik und -therapie allein festlegen. Manuelle Medizin sollte mehr sein als das. Sie soll alles integrieren, was über die Hand als diagnostisches und therapeutisches Medium vermittelt wird, naturwissenschaftlich begründeten Denkmodellen folgt und nicht philosophischer Erklärungshilfe bedarf. Die letzte Novellierung bot die Gelegenheit, solche Anliegen in die Weiterbildungsordnung einfließen zu lassen. Wir haben sie genutzt. Inzwischen hat der Ausschuss für Weiterbildung der DGMM klar strukturiert, wie das Mehr an Weiterbildungszeit, das wir durch die Neuregelung gewinnen werden, zu füllen sein wird. Der Weg führt, trotz der unterschiedlichen Ausgangslage unserer drei Seminare, zwangsläufig zu einer Annäherung—ein interessanter und nützlicher Nebeneffekt!

Der DGOM danken wir eine nachvollziehbare Festlegung der Positionen. Das schafft Versachlichung und erleichtert den Umgang miteinander. Die DGMM versteht sich als Vertretung allopathischer Medizin, daran hat sie nie Zweifel gelassen, sie kann deshalb weder zum Sprachrohr osteopathischer Denkmodelle werden, noch kann sie solchem Denken das Feld eines ganzheitlichen therapeutischen Ansatzes überlassen. Ist sie doch dank ihrer neurophysiologischen Herangehensweise dem Denken in Reflexbögen und Ketten etc. seit Jahrzehnten solchem Vorgehen verpflichtet.

Wir werden in diesem Jahr eine Reihe hochinteressanter Veranstaltungen erleben, die die Arbeit unserer Seminare und der Dachorganisation ins Licht der Öffentlichkeit rücken. So in Boppard, Frankfurt, Isny und Jena. Wir freuen uns auch schon auf den nächsten Weltkongress der FIMM 2004 in Bratislava, an dessen Vorbereitung sich nun auch unsere österreichischen Kollegen mit beteiligen, was uns zu besonderer Freude Anlass ist.

So danken wir den Jubilaren, zu denen wir letztlich ja alle gehören, für die Pionierarbeit der vergangenen 5 Jahrzehnte und wünschen ihnen das Beste zum Gelingen ihrer Veranstaltungen und uns allen Schaffenskraft zur Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben.

Ihr

Hermann Tlusteck