Am 25. März verstarb Dr. med. Dr. h.c. mult. Ekkehard Grundmann im 101. Lebensjahr im Kreise seiner Familie. Die Pathologie verliert mit ihm einen bedeutenden Krebsforscher, der weit über sein Fach hinaus bekannt und geschätzt war. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen zeugen von seiner nationalen und internationalen Karriere.

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Dr. med. Dr. h.c. mult. Ekkehard Grundmann

Ekkehard Grundmann wurde am 28. September 1921 in Eibenstock im Erzgebirge geboren. Nach dem Schulbesuch studierte er Freiburg und Wien 6 Semester Medizin, das er aber durch Krieg und Gefangenschaft unterbrechen musste und erst 1946 in Freiburg fortsetzen konnte. 1948 legte er in Freiburg sein Staatsexamen ab und wurde dort 2 Jahre später auch promoviert. Nach einem Jahr in der Inneren Medizin in Marburg wurde er Assistent im Institut für Pathologie in Freiburg, wo er sich 1958 habilitierte und 1963 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Im selben Jahr übertrug ihm die Bayer AG die Leitung ihres Instituts für experimentelle Pathologie, wo er dem Nobelpreisträger und Pathologen Prof. Gerhard Domagk nachfolgte.

In Wuppertal war der Wissenschaftler 8 Jahre lang tätig und entwickelte hier die L‑Asparaginase als Therapeutikum gegen Leukämie. 1971 zog es ihn in den akademischen Betrieb zurück, als er den Ruf auf den Lehrstuhl für Allgemeine und Spezielle Pathologie der Westfälischen Wilhelms-Universität annahm und bis zu seiner Emeritierung ausübte. Er engagierte sich intensiv in der Medizinischen Fakultät und Universität, u. a. als Prodekan, Dekan und Prorektor. Unter seiner Leitung wurde als Zeichen der Wertschätzung das Institut für Pathologie in das Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie umbenannt. Eine Abwerbeversuch des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg widerstand er Ende der 1970er-Jahre, was die Münsteraner zu einer „Bleibefete“ mit Feuerwerk veranlasste.

In seiner bis 1986 währenden Dienstzeit und weit darüber hinaus zählte Ekkehard Grundmann zur führenden Riege der deutschen Krebsforschung. Dabei galt sein besonderes Interesse der Krebsfrüherkennung v. a. in der Brust und dem Gastrointestinaltrakt. Er wurde bereits im Jahr seiner Berufung zum Vorsitzenden der Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten Nordrhein-Westfalen gewählt und 1973 zum Vorsitzenden des Internationalen Wissenschaftlichen Beirates des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg. Mit Prof. Hans Henning Matthiaß, dem Direktor der Orthopädischen Klinik, gründete er 1973 das Knochengeschwulstregister Westfalen und demonstrierte schon damals eindrucksvoll die Effektivität interdisziplinären Wirkens. Es folgte 1974 die Wahl zum Vorsitzenden der Sektion „Epidemiologie“ im „Gesamtprogramm Krebsforschung“ der Bundesregierung. Im Regierungsbezirk Münster gründete er im selben Jahr das Epidemiologische Krebsregister. Auch richtete er in Münster ein onkologisches Nachsorgeregister und die erste Krebsberatungsstelle in NRW zur sozialen und psychologischen Beratung von aus der stationären Behandlung entlassenen Patienten und deren Angehörigen ein. Von 1979 bis 1983 war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, wo er neben Aufgaben der Diagnose und Bekämpfung der Tumorerkrankungen die Krebsfrüherkennung weiter in den Fokus stellte. So wandte er sich in seiner Rolle als Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft auf dem Deutschen Krebskongress 1986 in München direkt an die Krankenkassen, um Beitragssenkungen für alle Mitglieder zu erwirken, die Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Auf internationaler Ebene fungierte er von 1987 bis 1994 als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland und Vizepräsident im Expertenkomitee die EU-Aktion „Europa gegen Krebs“ in Brüssel. Nach seiner Emeritierung 1986 blieb er weiter aktiv in den genannten Gremien, besonders als Ehrenvorsitzender der Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten Nordrhein-Westfalen und ab 1994 als Ehrenvorsitzender des Tumorzentrums Münsterland.

Ekkehard Grundmann veröffentlichte über 430 wissenschaftliche Arbeiten, darunter viele Lehrbücher und Monografien. Eines der großen Standardlehrbücher in der Pathologie – der „Grundmann“ – firmiert noch heute bei den Studierenden als wertvolles und zugleich erschwingliches Lehrbuch. Als richtungsweisend und seiner Zeit weit voraus gilt sein Engagement für die Dokumentation, die zur Errichtung mehrerer Krebsregister führte.

Für sein Wirken wurde der Hochschullehrer im In- und Ausland vielfach ausgezeichnet, so mit zwei Ehrendoktorwürden, fünf Ehrenmitgliedschaften bei Fachgesellschaften sowie dem Bundesverdienstkreuz und der Rudolph-Virchow-Medaille. Er erhielt 1969 den Italienischen Staatspreis für industriellen Gesundheitsschutz, 1982 die Antonio de Almeida-Gedenkmedaille der Universität Campinas in Brasilien und 1983 die Medaille den Chilenischen Gesellschaft für Medizin. 1986 wurde er Ehrenprofessor (Prof. h.c.) der Pontificia Universidad Católica de Chile. 1988 erhielt er den Jahrespreis der Japan Society for the Promotion of Science und 1987 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 1993 erhielt er die Ehrenpromotion (Dr. med. h.c.) der Medizinischen Fakultät Düsseldorf, 1994 die Ehrenpromotion (Dr. med. h.c.) der Medizinischen Fakultät Concepción in Chile und 1999 die Rudolf-Virchow-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Pathologie. Ab 1965 war er Ehrenmitglied der Spanischen Gesellschaft für Pathologie, seit 1977 der American Association of Pathologists, seit 1980 der Ungarischen Gesellschaft für Pathologie, seit 1982 der Chilenischen Gesellschaft für Pathologie und seit 1982 der European Society of Pathology. Seit 1986 war Grundmann Mitglied der Leopoldina.

Die Pathologie verliert mit Ekkehard Grundmann einen weit über Deutschland hinaus anerkannten Forscher, einen engagierten Hochschullehrer und einen hoch geschätzten Kollegen und Menschen, der sich bleibende Verdienste um die Wissenschaft an der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und weit darüber hinaus erworben hat.