Die 105. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie wurde aufgrund der anhaltenden Pandemie durch SARS-CoV‑2 um ein Jahr verschoben und fand vom 9. bis 11. Juni 2022 in Münster als Präsenzveranstaltung statt. Entsprechend wurden, anders als in 2020 und 2021, auch die Vorträge und Posterpräsentationen der Arbeitsgemeinschaft Herz‑, Gefäß‑, Nieren- und Transplantationspathologie ausschließlich als Präsenzveranstaltung gehalten.

Die Veranstaltung wurde mit einem Übersichtsvortrag von Frau Professor Mary Sheppard vom Molecular and Clinical Sciences Research Institute der St. Georges University London als Keynote Speaker eingeleitet. In ihrer Präsentation stellte sie das Register für „Sudden Cardiac Death“ als nationales Programm im Vereinigten Königreich zur Erfassung von an plötzlichem Herztod verstorbenen Patienten dar und weist auf die Bedeutung der Autopsie dieser Patienten hin, insbesondere in der Verknüpfung mit humangenetischen Untersuchungen als sog. „molecular autopsy“. So kann in einem Großteil der Fälle die zugrunde liegende kardiale Erkrankung bestimmt werden, was einerseits für die öffentliche Gesundheitsvorsorge und Prävention von großer Bedeutung ist und andererseits in einem Teil der Fälle auch für die Angehörigen der Verstorbenen Konsequenzen hat.

In einem Block aus zwei Vorträgen zur Lebertransplantation stellte zunächst Professor Dr. med. Hideo Baba vom Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Essen die Erfahrungen aus dem seit 2010 bestehenden ganzjährigen 24-Stunden-Rufdienst zur histopathologischen Evaluierung von Spenderorganen vor. Um den Pool an Organspendern zu erweitern, muss immer häufiger auf marginale Spenderorgane zurückgegriffen werden. Aus diesem Grund müssen spenderbezogene Gewebeuntersuchungen hinsichtlich der Organqualität untersucht werden. Am häufigsten wurden in dem genannten Zeitraum entsprechend des Essener Schwerpunkts Lebergewebe (84,7 %) untersucht, gefolgt von Niere, Lunge und Lymphknoten. Bei der Beurteilung der Organqualität stand die Frage nach Leberzellverfettung und Fibrose im Vordergrund. Die makrovesikuläre Verfettung korrelierte positiv mit dem BMI des Spenders sowie auch mit dem Vorliegen eines Hypertonus. Logistische Regressionsanalysen zeigen, dass eine erhöhte makrovesikuläre Verfettung in der Spenderleber mit einem komplizierten klinischen Verlauf innerhalb der ersten 7 Tage post Transplantation einhergeht („early allograft dysfunction/primary non-function“).

Anschließend erläuterte Professor Dr. med. Jürgen Treckmann, Direktor der Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Essen, die Bedeutung der Schnellschnittergebnisse bezüglich der Organqualität für das klinische Vorgehen und die prognostische Bedeutung insbesondere der makrovesikulären Leberzellverfettung für das klinische Outcome der transplantierten Patienten. Die Bedeutung der Präimplantationsbegutachtung von Spenderlebern durch die Pathologie wird herausgestellt, da alternative Verfahren keine gleichwertigen prädiktiven Ergebnisse bringen.

Professor Dr. med. Jan Hinrich Bräsen vom Institut für Pathologie der Medizinischen Hochschule Hannover berichtete in seinem Vortrag „Actual aspects on diagnosis of renal transplants – Banff and beyond“ über aktuelle Entwicklungen in der histomorphologischen Diagnostik der Abstoßungsreaktionen von Nierentransplantaten, insbesondere der antikörpermediierten Rejektion (AMR). Trotz regelmäßiger Überarbeitung der histomorphologischen Kriterien liegt die mittlere Überlebensdauer von Nierentransplantaten bei circa 10 Jahren. Molekulare Untersuchungen haben das Verständnis von Mechanismen der Organschädigung, insbesondere bei der AMR, signifikant erhöht. Dementsprechend werden aktuelle Veränderungen der Banff-Klassifikation sowie eigene Daten bezüglich der Bedeutung des angeborenen Immunsystems, digitalen Techniken in der Pathologie und molekulare Analyseansätze dargestellt.

In den freien Vorträgen stellte Dr. Riemenschneider (Allgemeine und molekulare Pathologie und pathologische Anatomie, Universitätsklinik Tübingen) eine zusätzlich zur immunhistochemischen Amyloidsubtypisierung etablierte Methode vor. Die massenspektrometriebasierte Proteomik wird üblicherweise an durch Lasermikrodissektion gewonnenem Gewebe durchgeführt. Da bei der Amyloidsubtypisierung an Myokardproben nur wenig Gewebe zur Verfügung steht und die Amyloidverteilung diffus sein kann, wurde auf eine Lasermikrodissektion verzichtet und die gesamte Biopsie zur Untersuchung verwendet (Makrodissektion). Mit dieser Methode konnte sowohl der immunhistochemisch bestimmte Amyloidtyp bestätigt wie auch weitere Subtypen identifiziert werden (ApoAI und ApoAIV).

Professor Dr. med. Matthias Sigler (Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinikum Göttingen) berichtete in seinem Vortrag „Histopathology of 61 human explanted atrial septal defect occlusion devices without removal of metal/polymer parts“ über histomorphologische Veränderungen an verschiedenen Typen von Okklusionssystemen für Vorhofseptumdefekte. Letztgenannte umfassen lymphozytäre Infiltrate und Fremdkörpergranulome als Reaktion auf die Textilkomponente dieser Systeme unabhängig von der Zeitdauer nach Implantation. Nach einer Zeitspanne von 7 Jahren und darüber hinaus waren Verkalkung, Korrosion und Degradation des Ivalon-Schaums festzustellen. Daraus resultiert der Vorschlag einer lebenslangen Beobachtung von Trägern dieser Systeme, um implantatassoziierte Komplikationen frühzeitig zu diagnostizieren.

Privatdozent Dr. med. Christoph Schell (Institut für Pathologie, Universitätsklinik Freiburg) berichtete anhand einer Studie an einem Knock-out-Tiermodell über die Rolle der Intergrin-adhesion-complex(IAC)-Komponente PARVA als mögliche Ursache eines Podozytenverlusts. Verlust von PARVA führte zu einer raschen Ablösung von Podozyten von der glomerulären Basalmembran mit Ausbildung einer fokalen segmentalen Glomerulosklerose, welcher von PARVB über einen IAC-abhängigen Mechanismus kompensiert werden kann. Erschöpfung dieses Mechanismus führt zu Veränderungen des Aktin-Zytoskeletts, was mit Differenzierungsverlust und Ablösung der Podozyten assoziiert ist.

In der anschließenden Mitgliederversammlung wurden Prof. Dr. med. Jeremias Wohlschläger (MVZ für Pathologie, DIAKO Flensburg) als Sprecher und Prof. Dr. med. Jan Hinrich Bräsen (Institut für Pathologie, Medizinische Hochschule Hannover) als stellvertretender Sprecher einstimmig gewählt. Als Berater fungieren Frau Prof. Dr. med. Kerstin Amann (Institut für Pathologie, Universitätsklinik Erlangen) und Prof. Dr. med. Hideo Andreas Baba (Institut für Pathologie, Universitätsklinik Essen).