Nach zweijähriger Online-Tagungsphase aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie fand die 105. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie wieder als Präsenztagung in Münster statt. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Uropathologie gestaltete dabei 2 wissenschaftliche Sitzungen und eine Mitgliederversammlung am 9. Juni 2022 von 10.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr. Die diesjährige Tagung sollte dabei zum einen durch die eingeladenen „Updatevorträge“ aus den eigenen Reihen über die im Erscheinen befindliche WHO-Klassifikation 2022 informieren, zum anderen dem wissenschaftlichen Nachwuchs wieder mehr Gelegenheit zur realen Präsentation der Forschungsarbeiten geben. Wie im letzten Jahr beschlossen, wurde der eingesparte Betrag für Gastreferenten in einen Preis für den besten wissenschaftlichen Beitrag der AG Uropathologie umgewandelt. Dabei wurden die 5 in der Abstractbewertung als am besten bewerteten Beiträge ausgewählt, um sich in der Nachmittagssitzung in einem Präsentationswettbewerb der Jury vorzustellen. Aufgrund eines kurzfristigen, krankheitsbedingten Ausfalls der Jurymitglieder musste der Preisträger durch einen Publikumsentscheid ermittelt werden. Durch einen kurzfristigen Raumtausch aufgrund organisatorischer Gründe der Kongressleitung fand die Sitzung der AG Uropathologie in einem recht kleinen Raum statt, welcher vor allem in der Vormittagssitzung nicht allen Interessenten einen Sitzplatz bot. Dies spiegelt das hohe Interesse an den wissenschaftlichen Sitzungen der AG Uropathologie wider und kann daher als Erfolg angesehen werden. Zudem bestritt die AG am Freitag, den 10. Juni, von 12.15 bis 13.45 Uhr eine geführte Postersession mit insgesamt 14 Postern, welche von Frau PD Dr. med. Dr. nat. med. Kristina Schwamborn, München, und Dr. med. Markus Eckstein, Erlangen, geleitet wurde. Weiterhin wurde von Frau Prof. Dr. Ruth Knüchel-Clarke, Aachen, am Samstag den 11.06.2022 ab 08.30 Uhr ein IAP-Kurs mit dem Titel „IAP-Kurs IV: Urotheliale Tumoren“ abgehalten, welcher trotz des frühen Termins am Samstagmorgen gut besucht war und als Erfolg verbucht werden kann.

Wissenschaftlicher Teil der Sitzung

Mit 23 Beiträgen wurde im Vergleich zum Vorjahr eine gleichbleibende Anzahl von eingereichten Beiträgen erreicht. Die Zahlen von vor der Pandemie wurden dabei nicht wiedererlangt, möglicherweise ist dies jedoch durch weiterhin vorsichtiges Verhalten der potenziellen Interessenten bei noch immer bestehendem Infektionsrisiko bedingt. Die eingereichten Beiträge waren von gewohnt guter Qualität und umfassten alle uropathologischen Organe sowie neue diagnostische Verfahren und Moleküle sowie molekulare Verfahren und Arbeiten zur tumorbiologischen Grundlagenforschung. Detailinformationen zu den wissenschaftlichen Beiträgen und Postern können den Tagungsabstracts entnommen werden.

In der Vormittagssitzung unter Vorsitz von Frau Prof. Dr. med. Marieta Toma, Bonn, und Herrn Prof. Dr. med. Henning Reis, Frankfurt, konnten 4 Beiträge von Thomas Mayr, Bonn („Anti-Angiogenic Properties of A Novel Secreted Neuropilin‑2 Isoform In Bladder Cancer“), Henning Reis, Essen/Frankfurt („A simplified method for molecular subtype classification of urinary bladder cancer based on RT-qPCR“), Anna-Lena Lemster, Lübeck („Identifying proteins interacting with KDM5C in prostate cancer“), und Jorina Schmelmer, Erlangen („Frequency of TERT gene promoter mutations in upper tract urothelial carcinoma“), präsentiert werden.

Den Abschluss bildete der erste Gastredner PD Dr. med. Felix Bremmer, Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Göttingen, welcher leider krankheitsbedingt seinen Vortrag zum WHO-Update der Hodentumoren nicht persönlich halten konnte. Prof. Dr. med. Philipp Ströbel, Leiter des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums Göttingen, vertrat ihn freundlicherweise. Im Vordergrund des Vortrags standen aktuelle nomenklatorische und inhaltliche Neuerungen. So wird das Seminom nun in die Germinoma-Tumorfamilie eingeordnet und es wurde eine größenbasierte Definition für das Teratom mit somatischer Malignisierung eingeführt. Zudem wurde, wie in anderen Organsystemen auch, die Nomenklatur bezüglich der Karzinoide bzw. neuroendokrinen Tumore geändert. Die entsprechenden Tumoren des Hodens werden nun als präpubertale testikuläre neuroendokrine Hodentumoren bezeichnet. Auch der ehemalige primitive neuroektodermale Tumor erfuhr eine nomenklatorische Anpassung und wird nun als embryonaler neuroektodermaler Tumor (ENET) bezeichnet. Weitere Neuerungen betreffen die Angabe der Mitoserate pro mm2 und nicht pro HPF im Rahmen der Malignitätskriterien der Gonadenstromatumoren. Der Siegelring-Stromatumor, der myoidale Gonaden-Stromatumor und der gut differenzierte papilläre Mesotheltumor wurden als neue Entitäten definiert. Zudem wurde das sertoliforme Zystadenom als Untereinheit der Sertoli-Zell-Tumoren eingeordnet.

Die Nachmittagssitzung unter Vorsitz von Frau Dr. med. Veronika Bahlinger, Erlangen, und Herrn Prof. Dr. med. Glen Kristiansen, Bonn (krankheitsbedingte Absage von Prof. Dr. med. Michael Muders, Bonn), wurde von Frau Prof. Dr. med. Ruth Knüchel-Clarke mit dem WHO-Update zu den ableitenden Harnwegstumoren eröffnet. Die wesentlichen Neuerungen der Klassifikation 2022 sind die Abschaffung des Begriffs der Dysplasie und des UPUMP („urothelial proliferation with undetermined malignant potential“) als eigenständige Entitäten, die Umbenennung von Varianten des Urothelkarzinoms in Subtypen des Urothelkarzinoms, die Definition aller invasiven Subtypen als „high grade“, die separate Stellung von Urachus- und Divertikelkarzinomen und damit Abgrenzung von den Adenokarzinomen der Harnblase, den Karzinomen der akzessorischen Drüsen und der Müller-Tumoren. Weiterhin wurde erläutert, dass das Konzept der neuroendokrinen Neoplasien mit den gemischten neuroendokrinen-nicht-neuroendokrinen Neoplasien (MiNEN) nun auch für die urogenitalen Tumoren übernommen wurde und als eigenständiges Kapitel (wie in der 5. Auflage der WHO-Bände allgemein) im hinteren Teil des Buches zu finden sein wird ebenso wie ein Kapitel zu den hereditären Tumoren. Daran schlossen sich die 5 bestbewerteten wissenschaftlichen Beiträge an. Es referierten Ann-Kathrin Gersmann, Göttingen („Primary pseudomyogenic hemangioendothelioma of the testis with a novel POTEI::FOSB gene fusion“), Franziska Carolin Lammert, Aachen („GRHL3 in bladder cancer: a dual role depending on molecular and histological background?“), Jens Köllermann, Frankfurt („NeuroSAFE frozen section examination in potentially nerve-sparing radical prostatectomy: Comparison of conventional frozen sections and fluorescence-based confocal microscopy [FCM] – Initial results“), Markus Eckstein („Spatial immune phenotypes of distant metastases but not matched primary urothelial carcinomas predict response to immune checkpoint blockade“) und Julia Wirtz, Aachen („Epigenetically regulated transcription factor BNC1 shows oncogenic effects in squamous bladder cancer cells“). Aufgrund des kurzfristigen krankheitsbedingten Ausfalls der Jury wurden an alle Teilnehmer, welche die komplette Sitzung besuchten, Stimmzettel ausgehändigt. Per Publikumsentscheid wurde Dr. med. Markus Eckstein als Preisträger für den besten wissenschaftlichen Beitrag der AG Uropathologie ermittelt und am Ende der Sitzung eine Urkunde überreicht. Wir gratulieren Herrn Eckstein ganz herzlich zum AG-Preis.

Mitgliederversammlung

Im Anschluss an die wissenschaftlichen Vorträge konnte eine kurze Mitgliederversammlung stattfinden. Die AG-Vorsitzende Frau Prof. Dr. med. Dr. nat. med. Nadine Gaisa dankte allen anwesenden Mitgliedern für ihr Engagement und führte durch die Tagesordnungspunkte. Der 2. AG-Vorsitzende, Prof. Dr. med. Henning Reis, Frankfurt, ergänzte die Ausführungen. Diese beinhalteten: 1.) ein kurzes Feedback, dass eine Präsenztagung nach der Pandemie-Onlinephase auf große Resonanz stieß, 2.) dass als nächste Tagungen zum einen ein Pre-ECP-Meeting als ISUP-Konsensuskonferenz unter anderem zum Grading beim Urothelkarzinom am Samstag, den 03. September in Basel stattfindet, zum anderen der 74. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. vom 21.–24.09.2022 im Congress Center Hamburg und schließlich das Symposium der Arbeitsgemeinschaft urologische Forschung (AUF), welches gleichzeitig die Herbsttagung der AG Uropathologie darstellt, vom 17.–19.11.2022 im Haus der Kirche in Erlangen stattfindet. Das diesjährige AUF-Tagungsmotto lautet: Wissenstransfer Forschung – Translation – Klinik. Aus den Reihen der AG Uropathologie wird Frau Prof. Dr. med. Marieta Toma, Bonn, am Samstag, den 19.11.2022 09:00–09:30 Uhr einen Vortrag zum Hauptthema halten. Nachdem die Veranstaltung bislang als Präsenztagung geplant ist, darf man hoffen, dass sich dieses Jahr mehr AG-Mitglieder beteiligen als im Vorjahr und ein persönliches Treffen in Erlangen möglich sein wird. 3.) Zudem wurde bezüglich Projekten in der AG gefragt. Im Vorfeld bestand eine Anfrage von Prof. Dr. med. Sven Perner, Lübeck, bezüglich eines Vergleichs von Schnellschnittmethoden beim Prostatakarzinom. Die sog. NeuroSAFE-Methode wird nach einer Abfrage bei den Anwesenden in Hamburg, Bonn, Frankfurt, Offenbach und fraglich Gronau und TUM durchgeführt. Weiterhin stellte Prof. Dr. med. Glen Kristiansen, Bonn, die SUMUS-Datenbank (standortübergreifende Urodatenbank für Molekulare Multicenter Studien) des Deutschen Prostatakarzinom Konsortiums (DPKK) e.V. unter der Leitung von Erlangen vor, welche eine multizentrische Studienplattform für auch gewebebasierte Forschungsprojekte darstellt. Sie ist für Teilnehmer nach entsprechendem Ethikantrag offen. Erste Projekte zur immunhistochemischen Färbung von PTEN („Phosphatase and Tensin homolog“) zeigten überraschende Variabilitäten und werden aktuell noch evaluiert. Weitere, auch molekulare Projekte, z. B. zu BRCAness, sind geplant. 4.) Die Wünsche für die nächste Jahrestagung vom 1.–3. Juni 2023 in Leipzig wurden abgefragt. Hierbei kristallisierte sich heraus, dass ggf. Victor Reuter, MSKCC New York, als internationale uropathologische Berühmtheit und auch aufgrund eines lokalen Bezugs zu Leipzig als Referent infrage kommen könnte (WHO, Digitalisierung etc.). Weiterhin wäre ein Gastvortrag zum Thema Hoden durchaus erwünscht. Als Gastreferent könnte ggf. Dan Berney, London, angefragt werden. Die AG-Sprecher haben diese Ideen gerne aufgegriffen und werden versuchen, diese Wünsche bei der Planung der nächsten Tagung umzusetzen. Frau Prof. Dr. Dr. Gaisa wies zudem darauf hin, dass 2023 turnusgemäß Neuwahlen der Sprecher stattfinden werden. Die Amtszeit von Frau Prof. Dr. Dr. Gaisa geht nach 2 Perioden zu Ende. Herr Prof. Dr. Reis kann bei Interesse wiedergewählt werden. Es wird gebeten, dass sich die Mitglieder Gedanken zu potenziellen Nachfolgekandidaten machen. Zum Punkt 5.) „Verschiedenes“ stellt Frau Prof. Dr. Knüchel-Clarke, Aachen, die Frage zum Stand der strukturierten Befunde. Hier wurde auf einen Vortrag von Herrn Prof. Dr. Henning Reis am Samstag zu Prostatastanzen aus seiner Essener Zeit hingewiesen. Bezüglich der Frage zu den ICCR-Übersetzungen wurde initial eine Anfrage in der Vorstandssitzung erwogen. Da im Rahmen der Samstagssitzung zu diesem Thema jedoch auf eine legitimierte, offizielle Übersetzung der deutschsprachigen Pathologen von Prof. Dr. Peter Schirmacher, Heidelberg, hingewiesen wurde, wird dies vorerst in den Händen der entsprechenden DGP-Vertreter belassen. Eventuelle Fortschritte diesbezüglich können dann ggf. über den AG-Verteiler allen zugänglich gemacht werden.

Fazit

Trotz krankheitsbedingter, spontaner Änderungen war das wissenschaftliche Programm der AG Uropathologie hochkarätig und äußerst aktuell, was sich in den guten Besucherzahlen der Sitzungen widerspiegelte. Wir hoffen, dass wir dieses Niveau auch im nächsten Jahr erreichen können und freuen uns auf eine dann hoffentlich auch wieder in Präsenz stattfindende Jahrestagung 2023 in Leipzig.