Zusammenfassung
In der WHO-Klassifikation der Knochentumoren aus dem Jahre 2020 ist es zu einigen Änderungen gekommen. Konzeptionell wurden die klein-rundzelligen Sarkome in einem gesonderten Kapitel zwischen den Weichgewebs- und Knochentumoren gebündelt. Aufgrund neuerer molekularer Befunde wurden einzelne diagnostische Kategorien wie die der fibrohistiozytären Tumoren aufgegeben, andererseits wurden neue Entitäten in die Klassifikation mit aufgenommen. Schließlich wurden systematische Änderungen in der Terminologie der Klassifikation kartilaginärer Tumoren vorgenommen, und die Bewertung des biologischen Verhaltens einiger Läsionen wurde modifiziert. Diese Übersichtsarbeit stellt die wesentlichen Änderungen mit Fokus auf die bei der Diagnostik und Therapie ossärer Prozesse elementare interdisziplinäre Zusammenarbeit zusammen.
Abstract
The recent WHO classification of Bone Tumours (2020) has introduced several changes. Conceptionally, small round cell sarcomas are now summarized in a distinct chapter, acknowledging their occurrence in both, bone and soft tissue. In the light of new molecular findings some diagnostic categories, such as fibrohistiocytic tumors, have been abandoned, and a few new entities have been added to the classification. Finally, systematic changes were made with regard to the terminology employed in the classification of chondrogenic tumours, and modifications have been made with respect to the biological potential of some lesions. This article summarizes the major changes made, underscoring the elementary role of an interdisciplinary approach in the diagnosis and management of bone lesions.
Literatur
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Überblick über häufiger im Knochen auftretende undifferenzierte klein-rundzellige Sarkome jenseits des Ewing-Sarkoms: EWSR1-non-ETS-fusionierte Sarkome und Sarkome mit genetischer BCOR-Alteration
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Überblick über häufiger im Knochen auftretende undifferenzierte klein-rundzellige Sarkome jenseits des Ewing-Sarkoms: EWSR1-non-ETS-fusionierte Sarkome und Sarkome mit genetischer BCOR-Alteration
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Überblick über häufiger im Knochen auftretende undifferenzierte klein-rundzellige Sarkome jenseits des Ewing-Sarkoms: EWSR1-non-ETS-fusionierte Sarkome und Sarkome mit genetischer BCOR-Alteration
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In der WHO-Klassifikation der Knochentumoren 2020 wurden bei den chondrogenen Läsionen Änderungen vorgenommen. Welche Aussage ist richtig?
Einen hochdifferenzierten, permeativ wachsenden Knorpeltumor an der Schädelbasis bezeichnet man wie im langen Röhrenknochen als atypischen kartilaginären Tumor.
Synoviale Chondromatosen zeichnen sich durch Mutationen in IDH1 oder IDH2 aus.
Eine leicht erhöhte Zelldichte gilt in synovialen Chondromatosen als Malignitätskriterium.
Ein atypischer kartilaginärer Tumor im Bereich der langen Röhrenknochen wird üblicherweise mittels weiter Resektion therapiert.
Eine Knorpelkappenbreite > 2 cm bei einem größenprogredienten hochdifferenzierten Knorpeltumor auf dem Boden eines Osteochondroms im Bereich des Femur gilt als Kriterium für einen sekundären peripheren atypischen kartilaginären Tumor.
In der WHO-Klassifikation der Knochentumoren 2020 wurden bei den chondrogenen Tumoren Änderungen u. a. auch bei der Bewertung der biologischen Wertigkeit vorgenommen, und es wurden typische molekulare Befunde beschrieben. Welche Aussage ist richtig?
Chondromyxoidfibrome werden als lokal aggressive Tumoren klassifiziert.
Chondroblastome gelten nach neuer WHO-Klassifikation als Neoplasien intermediärer Biologie.
Chondroblastome weisen typischerweise Mutationen im H3F3B-Gen auf.
Chondroblastome sind typischerweise diaphysär lokalisiert.
Chondroblastome gehen nie mit metastatischen Absiedlungen in der Lunge einher.
Osteoblastome können in der Alltagsdiagnostik, gerade an morphologisch eingeschränktem Biopsiematerial, in der Diagnostik problematisch sein. Welche Aussage zum diagnostischen Vorgehen ist richtig?
Osteoblastome haben in 85 % der Fälle Translokationen im FOS-Genlokus.
Als Surrogatmarker für eine FOS-Translokation ist die c‑FOS-Immunhistochemie nicht geeignet.
Bei Nachweis einer FOS-Translokation kann die Diagnose eines Osteoblastoms unabhängig von Histologie und Radiologie gestellt werden.
Im Gegensatz zu Osteoblastomen zeigen Osteoidosteome keine rekurrente FOS-Translokation.
Die interdisziplinäre klinisch-pathologische Korrelation ist bei der Diagnose eines Osteoblastoms irrelevant.
Aneurysmatische Knochenzysten können klinisch-radiologisch sehr aggressiv imponieren und stellen häufig eine wesentliche Differenzialdiagnose zu malignen Knochentumoren dar. Welche Aussage ist richtig?
Aneurysmatische Knochenzysten weisen zu 100 % Translokationen mit Beteiligung des USP6-Genlokus auf.
Der Nachweis von USP6-Translokation gelingt immer mittels einer USP6-break-apart-FISH, da nahezu alle läsionalen Zellen klare Split-Signale aufweisen.
Aneurysmatische Knochenzysten-artige Gewebsveränderungen in Assoziation zu einem Osteosarkom werden weiterhin unter dem Begriff „sekundäre aneurysmatische Knochenzyste“ zusammengefasst.
In (vormaligen) Riesenzellläsionen der kleinen Röhrenknochen konnten wie in aneurysmatischen Knochenzysten USP6-Translokationen nachgewiesen werden.
Die Riesenzellläsion der kleinen Röhrenknochen ist auch in der WHO-Klassifikation 2020 eine separat geführte Entität.
Welche Aussage zu Riesenzelltumoren des Knochens ist nach WHO-Klassifikation der Knochentumoren von 2020 zutreffend?
Eine kleine Subgruppe von Riesenzelltumoren des Knochens zeichnet sich durch Mutationen im H3F3A-Gen aus.
Der Nachweis einer H3F3A-Mutation in einem Riesenzelltumor des Knochens schließt einen malignen Riesenzelltumor aus.
In einem mit Inhibitoren gegen den RANK-Liganden behandelter Riesenzelltumor ist eine H3F3A-Mutation nicht mehr nachweisbar.
Der Nachweis einer H3F3A-Mutation in einem Riesenzelltumor des Knochens gilt nach WHO-Klassifikation als „wünschenswertes“ diagnostisches Kriterium.
Vormals als benigne fibröse Histiozytome eingeordnete Läsionen haben per Definition keine H3F3A-Mutation.
Die WHO-Klassifikation der Knochentumoren von 2020 greift im Kapitel der Riesenzelltumoren des Knochens neue Aspekte auf. Welche Aussage ist richtig?
Riesenzelltumoren des Knochens werden neuerdings trotz selten auftretender (dann zumeist) pulmonaler Aussaat als benigne Neoplasien eingeordnet.
Bei Negativität der H3.3(p.G34W)-Immunhistochemie ist eine molekulare Analyse zur Detektion einer selteneren H3F3A-Mutation nicht erforderlich, da eine Mutation ausgeschlossen ist.
Es treten selten auch ohne vorhergehende RANK-Liganden-gerichtete Therapie riesenzellarme, H3F3A-mutierte, zytologisch atypiefreie Tumoren auf, die als Riesenzelltumoren einzuordnen sind.
In Riesenzelltumoren des Knochens stellen Gefäßeinbrüche ein obligates Malignitätskriterium dar.
Maligne Riesenzelltumoren verlieren immer die H3F3A-Mutation.
In der WHO-Klassifikation von 2020 werden Befunde zu nicht-ossifizierenden Fibromen dargestellt. Welche Aussage ist richtig?
Nicht-ossifizierende Fibrome sind die einzigen verbliebenen Vertreter in der weiterhin bestehenden Gruppe „fibrohistiozytäre Tumoren“.
Nicht-ossifizierende Fibrome treten zumeist im höheren Erwachsenenalter (> 60 Jahre) auf.
Nicht-ossifizierende Fibrome müssen auch bei klassischem radiologischem Befund obligat histologisch abgeklärt werden.
In nicht-ossifizierenden Fibromen kommt es häufig zu einer malignen Progression und Dedifferenzierung.
In nicht-ossifizierenden Fibromen kommen häufig aktivierende Mutationen in KRAS oder FGFR1 vor.
In die WHO-Klassifikation der Knochentumoren von 2020 wurde als neue Entität das gering differenzierte Chordom aufgenommen. Welche Aussage ist richtig?
Gering differenzierte Chordome treten vorwiegend im höheren Erwachsenenalter auf.
Das gering differenzierte Chordom ist ein besonderer Subtyp des dedifferenzierten Chordoms.
Im Gegensatz zu konventionellen Chordomen sind gering differenzierte Chordome typischerweise negativ für Brachyury.
Typischerweise liegt in gering differenzierten Chordomen ein Expressionsverlust von SMARCB1/INI1 vor.
Gering differenzierte Chordome unterscheiden sich hinsichtlich des DNA-Methylierungsprofils nicht von atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumoren (AT/RT) und konventionellen Chordomen.
In der Gruppe der anderen mesenchymalen Tumoren des Knochens haben sich in der WHO-Klassifikation von 2020 Neuerungen ergeben. Welche Aussage ist richtig?
Osteofibröse-Dysplasie(OFD)-artige Adamantinome gelten nach der neuen WHO-Klassifikation als maligne Knochentumoren.
OFD-artige Adamantinome treten im typischen Fall im Bereich des Femurs und des Humerus auf.
In OFD-artigen Adamantinomen liegen gruppierte epitheliale Zellen vor, die oft erst immunhistochemisch detektierbar sind.
In osteofibrösen Dysplasien dürfen definitionsgemäß keine Zytokeratine exprimierende Zellen nachweisbar sein.
Klassische Adamantinome gelten als gutartige Knochentumoren.
In der WHO-Klassifikation von 2020 wurde in die Gruppe der anderen mesenchymalen Tumoren als neue seltene Entität das fibrokartilaginäre Mesenchymom aufgenommen. Welche Aussage ist richtig?
Die Diagnose fibrokartilaginäres Mesenchymom bezeichnet eine besondere Form der fibrösen Dysplasie mit kartilaginärer Komponente.
Fibrokartilaginäre Mesenchymome zeichnen sich typischerweise durch GNAS-Mutationen aus.
Das fibrokartilaginäre Mesenchymom gilt als Neoplasie intermediärer Biologie, die sich lokal aggressiv verhält.
Die nichtkartilaginäre Komponente in fibrokartilaginären Mesenchymomen ist von der dedifferenzierten Komponente eines dedifferenzierten Chondrosarkoms nicht zu unterscheiden.
Fibrokartilaginäre Mesenchymome treten zumeist im Bereich der Schädelbasis auf.
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Hartmann, W., Hardes, J. & Vieth, V. Knochentumoren – Neues in und jenseits der WHO-Klassifikation 2020. Pathologie 43, 319–329 (2022). https://doi.org/10.1007/s00292-022-01079-z
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-022-01079-z