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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach längerer Zeit gibt es wieder einmal ein Symposium zur gastrointestinalen Pathologie als Hauptthema der IAP-Frühjahrstagung 2022 inklusive traditionellem Begleitheft in Der Pathologe. Mit der aktuellen Ausgabe liegt Ihnen ein aus mehreren Gründen besonderes Heft vor, für das wir nationale und internationale Autoren und Autorinnen gewinnen konnten.

Bei der Themenwahl für das vorliegende Heft stellten wir uns als Herausgeber zunächst die Frage, was im Heft und was im Symposium abgehandelt werden sollte. Letztlich entschieden wir uns dafür, Themen mit enorm diagnostischer und grundsätzlicher Bedeutung, die im Symposium selbst einfach nicht genug Raum bekommen würden, schwerpunktmäßig im Sonderheft zu behandeln.

Hier sei zunächst die Klassifikation der Magenkarzinome nach der fünften Ausgabe der WHO-Klassifikation (2019) genannt. Herr Professor Kushima aus Japan, der die aktuelle WHO-Klassifikation der Tumoren im Magen entscheidend mitgestaltet hat, präsentiert hier eine Übersicht, in der er auf die wichtigsten Neuerungen eingeht.

Ein weiteres großes Thema sind die Infektionen im Gastrointestinaltrakt, die aufgrund der Vielzahl und des Umfanges natürlich nicht komplett in einem allgemeinen GI-Symposium abgehandelt werden können. Frau Professor Westerhoff ist von den amerikanischen Pathologensymposien für ihre Expertise im Bereich der Infektionen des Gastrointestinaltraktes sehr bekannt. Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, Frau Professor Westerhoff für einen Beitrag zu diesem Thema zu gewinnen.

Die Arbeiten von Professor Kushima und Professor Westerhoff liegen in englischer Sprache vor. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Übersetzungen oftmals viel von Geist und Didaktik der Originalarbeit einbüßen. Obwohl die Zeitschriftensprache des Pathologen Deutsch ist, haben wir uns deshalb nach ausführlicher Abwägung entschieden, diese beiden Arbeiten in englischer Sprache anzunehmen. Der geneigte Leser möge uns dies nachsehen – doch nur so ist es möglich, Autoren von Weltrang für einen Beitrag in der Zeitschrift Der Pathologe zu gewinnen.

Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit mesenchymalen Läsionen. Sie stellen in der Routine aus mehreren Gründen zuweilen ein Problem dar, z. B. weil tief in der Wandung gelegene Läsionen mittels endoskopischer Biopsie nur unvollständig beziehungsweise randständig erfasst sein können. Professor Agaimy aus Erlangen ist weltweit bekannt für seine detaillierten und didaktisch gut verständlichen Arbeiten zum Thema. Daher sind wir sehr glücklich, dass er sich bereit erklärt hat, eine umfassende Arbeit zum Thema der mesenchymalen Läsionen des Gastrointestinaltrakts abzufassen.

Es versteht sich von selbst, dass die oben genannten Übersichtsarbeiten etwas von den Verlagsvorgaben bezüglich der Länge abweichen. Hier auch noch einmal unser großer Dank an Professor Roth und dem gesamten Verlagsteam bei Springer für ihre Bereitschaft zur Ausnahme von der Regel.

Zwei weitere Beiträge befassen sich nicht mit der primären Diagnosestellung von GI-Läsionen, sondern mit morphologischen Phänomenen, die bei Karzinomen zu finden sind.

Zunächst ein Übersichtsartikel über das Tumorbudding: Nicht nur in Kolonkarzinomen, sondern auch bei zahlreichen anderen Tumorentitäten zeigt sich mittlerweile, dass das Tumorbudding, im deutschsprachigem Raum von Professor Gabbert Mitte der 1980er-Jahre als „Tumorzelldissoziation“ bezeichnet, einen zusätzlichen, unabhängigen Risikofaktor darstellt, der standardisiert erfasst werden sollte. Wer könnte für einen Beitrag zu diesem Thema besser geeignet sein als das Team um Herrn Professor Lugli aus Bern in der Schweiz! Durch deren Beharrlichkeit und großes Engagement ist es 2016 gelungen, eine Konsensuskonferenz mit weltweit bekannten GI-Pathologen zu standardisierter Bestimmung und Berichten des Buddings von Tumorzellen abzuhalten. Dieser Meilenstein hat es ermöglicht, das Budding nun weltweit einheitlich zu graduieren und zur mittlerweile großen Bedeutung in der Onkologie zu verhelfen. Herr Kollege Müller aus Bern hat nun speziell für dieses Sonderheft einen didaktisch wertvollen Beitrag zum Budding beim kolorektalen Karzinom abgefasst. Wir sind uns sicher, dass diese Arbeit wertvolle Hinweise für die Routinediagnostik gibt und noch mehr Kolleginnen und Kollegen ermöglichen wird, hier das eigene Wissen weiter auszubauen.

Ein weiteres, in der Routine oft problematisches Feld liegt in der Graduierung der Tumorregression nach neoadjuvanter Therapie. So gibt es mehrere, verfügbare Graduierungsschemata, welche je nach Institution wechseln, und manchmal werden Pathologinnen und Pathologen vom Kliniker sogar gebeten, mehrere Schemata gleichzeitig anzuwenden. Dies macht es nicht wirklich einfacher in der Diagnostik!

Herr Professor Langer aus Linz, Österreich, beschäftigt sich seit Jahren mit der Thematik und hat gemeinsam mit Frau Dr. Liu eine aktuelle Übersichtsarbeit zum Thema verfasst. Frau Dr. Liu arbeitet nach ihrer Ausbildung zur Fachärztin in Maastricht, Niederlanden, nun ebenfalls in Linz. Gerade die Mobilität der jungen Kolleginnen und Kollegen sollte unterstützt werden, weil diese wichtig ist, um neue Ideen, Austausch und Entwicklung wissenschaftlicher Projekte auch in der deutschsprachigen Pathologie voranzutreiben, und helfen wird auf dem Weg zu Vereinheitlichungen auf internationalem Niveau.

Ein ganz spezielles Thema sprechen wir zum Schluss an: die Bedeutung des standardisierten strukturierten Befundes!

Je nach Institution variieren die Befunde in deutschsprachigen Pathologieinstituten zwischen langen, prosaartigen Texten, die die Schönheit und Komplexität des histologischen Präparates für den potenziellen Leser nachvollziehbar machen wollen, und einem emotionslosen Einzeiler, der zwar dieselbe Diagnose transportiert, jedoch in einer eher minimalistischen Art. Beide Extreme und viele Zwischennuancen haben ihre Anhänger und Gegner. Umso wichtiger, dass gerade im Hinblick auf Zertifizierungen und Akkreditierungen von klinischen Zentren, die Verwendung von Grundbegriffen sicher möglich ist. Problematisch aus deutschsprachiger Sicht ist natürlich, dass viele Arbeiten auf Englisch erscheinen und deutsche Übersetzungen entweder gar nicht oder noch nicht verfügbar sind. Herrn Professor Hewer aus Lausanne ist es gelungen, hierzu zusammen mit Frau Dr. Rump und Herrn Kollegen Langer aus Linz eine weitere wichtige Arbeit für das Themenheft zu verfassen.

Wir hoffen, dass Sie als Leserin oder Leser die gewählten Beiträge, die letztlich immer nur eine Auswahl darstellen können und auch als Ergänzung zu dem Frühjahrssymposium gedacht sind, lesenswert und hoffentlich für die Routinearbeit wertvoll finden.

Welche größere Auszeichnung gibt es für eine Autorin oder einen Autor, als ein Themenheft möglichst lange direkt am Mikroskop der Kolleginnen und Kollegen liegen zu sehen, die es nutzen um sich schnell bei bestimmten Fragen rückversichern zu können?

Auf ein erfolgreiches Themenheft und Symposium im Frühjahr 2022!

Heike I. Grabsch

Rupert Langer

Michael Vieth