Die Arbeitsgemeinschaft Thoraxpathologie konnte in diesem Jahr wieder auf 2 erfolgreiche Treffen zurückblicken, an denen höchst aktuelle Entwicklungen in der Pathologie mit Fokus auf Lungenpathologie behandelt worden sind.

Frühjahrstreffen in Bern

Unter dem Motto „Innovations in Lung Pathology“ fand am 7. und 8. Februar 2020 das Frühjahrstreffen, organisiert durch Sabina Berezowska, als gemeinsames Treffen der AG Thoraxpathologie der DGP und der Schweizer Lungenpathologiegruppe (SLPG) in der Schweiz, am Universitätsinstitut für Pathologie in Bern, statt. An der international offenen Tagung haben insgesamt 68 Pathologen aus 9 Ländern teilgenommen, wobei die meisten aus Deutschland und der Schweiz angereist waren. Das wissenschaftliche Programm umfasste Themen der neoplastischen und nichtneoplastischen Lungenpathologie und war am ersten Tag fokussiert auf methodische Neuerungen in Wissenschaft und Diagnostik.

So wurde in der ersten Session „Diagnostics goes Digital“ unter Vorsitz von Gian Kayser (Freiburg) und Inti Zlobec (Bern) zunächst die in der täglichen Routinediagnostik wertvolle Standardisierung der Befunde durch synoptische Berichte in der Pathologie durch Ekkehard Hewer aus Bern vorgestellt, der die Vorteile aus Sicht der Befundenden und aus Sicht der Einsender beleuchtete und auch auf die enormen Vorteile aus Sicht einer zukünftigen Datennutzung (Stichwort: Data Mining) einging. Eingeführt durch einen Vortrag von Lukas Ebner aus Bern über die aktuellen KI-Anwendungen in der Thoraxradiologie hat der Bioinformatiker aus Lausanne Andrew Janowczyk, Sekretär des „Swiss Digital Pathology Consortium“ (SDiPath), über die Möglichkeiten der Digitalen Pathologie auf dem Weg zur Präzisionsmedizin referiert.

Die zweite Session „Innovative methods in lung research & diagnostics“ unter Vorsitz von Fabian Mairinger (Essen) und Alex Solterman (Neuchâtel) umfasste einen Vortrag von Olivier Guenat (Bern) zur Lung-on-Chip-Methodik, in der die atmende Lunge in vitro nachgeahmt wird, einschließlich der Komplexität der Alveolarkapillarbarriere, des Gasaustauschs und der mechanischen Stimulation der Atembewegungen der Lunge. Danach hatte Alex Walch vom Helmholtz Zentrum in München den Einsatz der MALDI-Imaging-Massenspektrometrie am Formalin-fixierten Paraffin-eingebetteten (FFPE) Lungengewebe vorgestellt, die es aufgrund der In-situ-Technologie und mikroskopischen Auflösung möglich macht, das gemessene metabolische Profil spezifischen Gewebearealen und Zellgruppen zuzuordnen.

Der erste Tag des Treffens wurde abgerundet durch eine höchst informative und hochwertige Führung durch die Altstadt von Bern. Sie wurde durch den Historiker Armand Baeriswyl vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern geleitet. Die Führung endete an der Gaststätte Verdi am unteren Ende der Altstadt nahe der Aare-Schleife, in der sich Teilnehmer, Sprecher und Vorsitzende in geselliger Runde austauschen und das eine oder andere Thema vom Nachmittag vertiefen konnten.

Der Samstag früh begann mit der Session Nummer III „Innovations in thoracic neoplasms“ unter Vorsitz von Verena Tischler (Bonn) und Lukas Bubendorf (Basel). Philipp Jurmeister aus Berlin berichtete zunächst über die Möglichkeit, morphologisch gleichartige Tumoren in der Lunge (z. B. intestinal und muzinös differenzierte Adenokarzinome) anhand der Methylomsignatur als Primarius oder Metastase zu unterscheiden. Anschließend gab Reinhard Büttner aus Köln einen Überblick über Neuerungen in der Prädiktion des Ansprechens auf Immuncheckpoint-Inhibitoren und zielgerichtete Krebstherapien, der von Spasenija Savic-Prince aus Basel, der derzeitigen Vorsitzenden der Schweizer Lungenpathologie-Gruppe, anschließend um die Sichtweise der Zytologie abgerundet wurde. Die Aussicht auf eine passgenauere Möglichkeit der Prädiktion, diesmal durch Screening der Wirkstoffe an In-vitro-Organoid-Kulturen, die dem Tumor entnommen worden sind, wurde auch durch Marianna Kruithof-de Julio (Bern) thematisiert. Dem Vortrag folgte eine angeregte Diskussion zum Stand der Entwicklung der Technik. Als letztes im Rahmen des neoplastischen Themenblocks fasste Ludger Fink aus Wetzlar die Empfehlungen des Pathologiekomitees der International Association for the Study of Lung Cancer (IASLC) zur diagnostischen Immunhistochemie des Lungenkarzinoms zusammen [1].

Die letzte Session der Frühjahrstagung, „Innovations in non-neoplastic lung diseases“, unter Vorsitz von Ludger Fink und Igor Letovanec (Lausanne) begann mit einer Einleitung von Manuela Funke, stellvertretende Chefärztin und Leiterin der Sprechstunde für interstitielle Lungenerkrankungen an der Universitätsklinik für Pneumologie des Inselspitals Bern, zu Innovationen in der Behandlung interstitieller Lungenerkrankungen. Dem folgten 2 Vorträge aus Hannover. Danny Jonigk gab Einblick in die umfassende diagnostische und wissenschaftliche Aufarbeitung, v. a. der explantierten Lungen in Hannover, und Paul Borchert ging spezifisch auf die molekulare Profilerstellung der vaskulären Remodellierung in chronischen Lungenerkrankungen ein.

Zum ersten Mal während einer Frühjahrs‑/Herbsttagung fand auch eine Posterpräsentation statt, an der die eingereichten Beiträge gleichzeitig als Kurzvorträge (2-Minuten-Session) präsentiert wurden. Themen waren klonale Beziehungen der einzelnen Komponenten in adenosquamösen Karzinomen der Lunge, die auch in einem weiteren Fallbericht erörtert wurden, sowie die PD-L1-Expression nach neoadjuvanter Therapie, die PD-L1-Heterogenität in Biopsiematerial und auch die Darstellung des Konzepts der Pathwaypathologie.

Die Mitgliederversammlung fand am Morgen des zweiten Tages statt. Im Vorfeld der Sitzung hatten Verena Tischler (Bonn), Konrad Steinestel (Ulm) und Florian Länger/Danny Jonigk (Hannover) ihre Bereitschaft bekundet, die nächsten Herbst/Frühjahrstagungen an ihren Standorten durchzuführen. Der jeweilige Tagungsorganisator wird dabei zukünftig als temporäres Mitglied in den Beirat aufgenommen. Als Tagungsorte für die nächsten Sitzungen wurden Bonn (Verena Tischler) und Ulm (Konrad Steinestel) benannt. Zudem wurde Sabina Berezowska ohne Gegenstimmen zur stellvertretenden AG-Sprecherin gewählt. Sie wird nach der nächsten Tagung dem aktuellen Sprecher (Iver Petersen, Gera) nachfolgen und dann voraussichtlich die erste AG-Sprecherin sein, die nicht in Deutschland tätig ist.

Jahrestagung 2020

Die zweite Zusammenkunft der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft fand traditionell bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie statt. Die entsprechenden Planungen wurden von der Geschäftsstelle der DGP früh gestartet. Ein erstes Treffen zur Organisation der Tagung, an dem neben dem Tagungspräsidenten Peter Möller (Ulm), dem DGP-Präsidenten Gustavo Baretton (Dresden), Jörg Maas und Beatrix Zeller von der DGP-Geschäftsstelle (Berlin) auch die meisten Arbeitsgruppenleiter teilnahmen, fand bereits am 1. Februar 2020 in Frankfurt statt. Man traf sich in „luftigen Höhen“ im Besprechungsraum in der obersten Etage des gerade frisch renovierten bzw. teils noch in Renovierung befindlichen Dr. Senckenbergischen Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Frankfurt. Peter Möller erläuterte dabei das neue Konzept der Posterpräsentation, das auf einer digitalen Darstellung der Poster basierte. Das klassische Format mit Posteraushängen, die von einzelnen AG-Gruppen mit Vorsitzenden begangen werden, sollte bewusst aufgegeben werden und stattdessen alle Poster zusammen in einem Saal digital dargestellt und präsentiert werden. Diese Form der angestrebten Präsentation machte es dann später leichter, die gesamte Tagung in ein digitales Format zu überführen. Auf dem AG-Leiter-Treffen wurden der AG ursprünglich am Donnerstag, dem 4. Juni 2020, 2 Sitzungen à 90 min zugebilligt.

Kurz danach wurden die Planungen auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen; die Durchführung der Tagung war eine Zeit lang durch die Corona-Krise gänzlich in Frage gestellt. Aus der AG Thoraxpathologie kam dabei früh der Vorschlag, die Planungen aktiv weiter voranzutreiben und eine zusätzliche Sitzung zu dem Thema SARS-CoV2 mit dem Schwerpunkt Diagnostik und histopathologische Veränderungen zu organisieren. Dieser Vorschlag wurde später umgesetzt, nachdem feststand, dass die Tagung nur digital wird stattfinden können. Es konnte dann am 4. Juni, einem Donnerstagabend um 20:00 Uhr, immerhin eine digitale Liveveranstaltung durchgeführt werden. Sie war gut besucht, etwa 57 AG/DGP-Mitglieder bzw. Teilnehmer/innen der Onlinetagung hatten sich zumindest temporär in die Sitzung eingeloggt, um die Vorträge der 3 eingeladenen Sprecher/innen zu verfolgen.

Dabei erläuterte Francoise Galateau-Salle aus Lyons den EURACAN-IASLC-Vorschlag zur Klassifikation des Mesothelioms, die auch Einzug in die neue WHO-Klassifikation finden wird [2]. Danach stellte Roman Thomas (Köln) die neuesten Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe zum Thema Lungenkarzinom vor. Schließlich gab Philipp Jurmeister ein Update zur Methylomanalyse von Lungen- und Kopf-Hals-Karzinomen, wobei er auch auf das prädiktive Potenzial dieser Analysetechnik zur Vorhersage einer Immuntherapie einging. Während der Onlinepräsentation konnten über die Chatfunktion bereits Fragen gestellt werden. Diese wurden während oder nach den Vorträgen beantwortet. Es konnte insofern erstaunlich gut diskutiert und kommentiert werden.

Auch einzelne eingereichte Beiträge zum Thema Lungenpathologie, die in das Hauptprogramm übernommen wurden, konnten ebenfalls live präsentiert werden. Für die meisten anderen Beiträge galt leider, dass sie lediglich in digitaler Form abgespeichert und als „besprochene Powerpoint-Datei“ eingereicht werden konnten, sodass sie auf Abruf den Teilnehmern der Tagung „on demand“ zur Verfügung standen. Inwieweit diese Möglichkeit genutzt wurde, kann hier leider nur sehr eingeschränkt analysiert werden. Mit insgesamt 24 Aufrufen zählte ein Beitrag aus Lübeck („Molekulare Charakterisierung R0-resezierter Adenokarzinome mit einem frühen post-operativen Rezidiv“) zu den Top 10 der meist besuchten Beiträge. Um auch die anderen Beiträge zum Thema Thoraxpathologie zu würdigen, sind sie im Nachfolgenden aufgeführt. Nähere Informationen können dem Abstractband entnommen oder direkt von den Autoren angefordert werden.

  • Inter- and Intratumor Heterogeneity of the Tumor Microenvironment in Pulmonary Adenocarcinoma (D. Kazdal, A. Stenzinger et al., Heidelberg, DGP03.06)

  • On the regulation of Survivin and Regucalcin in Non-Small Cell Lung Cancer tissues (D. Nitschkowski, T. Goldmann et al., Borstel, P.002)

  • Gene expression profiling to predict long-term benefit from immune checkpoint blockade in lung cancer (Jan Budczies, A. Stenzinger et al., Heidelberg, DGP07.04)

  • Digital gene expression analysis of immunotherapy-treated patients reveals impairment of the immune response due to altered antigen processing (M. Wessolly, F. Mairinger et al., Essen, P.005)

  • Fibroblast growth factor receptor 1 gene amplification and protein expression in human lung cancer (O. Elakad, P. Ströbel, H. Bohnenberger et al., Göttingen, P.012)

  • Biomarker profiles predicting a higher risk for lung metastasis in colorectal cancer (F. Taverna, T. Kirchner, J. Neumann et al., LMU, DGP08.06)

  • Reduced isolated red signal pattern of ALK FISH in lung cancer patients (Kocsmar, G. Lotz, Pécs, Ungarn, KOOP02.07)

  • Acyl-CoA synthetase long-chain 5 is a potential diagnostic marker for lung adenocarcinoma (Y. Ma, Y. Chen et al., Jena, P.084)

  • Identification of microRNAs potentially regulating tumor suppressor HOPX in human lung cancer cells (Y. Chen et al., Jena, P.085)

  • Epitope quality: Changes in tumor antigen processing are leading to an immune escape (NSCLC). (M. Wessolly, F. Mairinger, Essen, DGP06.03)

  • Comparative analysis of expression profiles in primary lung adenocarcinomas and matched metastases (M. Polzer, S. Perner, J. Kirfel et al., Lübeck, AG05.06)

  • Molecular characterization of adenocarcinomas of the lung with an early relapse after R0-resection (S. Fischer, S. Perner, J. Kirfel et al., Lübeck, AG05.03)

  • Loss of BAP1 and MTAP protein expression in well-diferentiated papillary mesothelioma (WDPM) of peritoneum (P. Moses, A. Tannapfel, I. Tischoff, Bochum, AG05.10)

  • EZH2 overexpression is associated with poor survival in small cell lung cancer (P. Fernandez, R. Schneider-Stock et al., Erlangen, AG05.04)

  • Primary germ cell tumors of the mediastinum: a diagnostic approach (A. Fichtner, P. Ströbel, F. Bremmer et al., Göttingen, AG05.11)

  • Lung adenocarcinomas with STK11 mutations (R. Rustamov, I. Petersen et al., Gera, AG05.05)

  • Molecular Profiling of Pulmonary Vascular Remodeling in Chronic Pulmonary Disease (L. Neubert, D. Jonnigk et al., Hannover, AG05.12)

  • Molecular analysis of NSCLC „Super-Responders“ to Immune Checkpoint Inhibition (S. Mayer, P. Möller et al., Ulm, P.099)

  • Potential role of Tenascin C (TNC) in human non-small cell lung cancer progression (M. Schlensog, I. Esposito et al., Düsseldorf, P.100)

  • Comparison of PD-L1 expression between small biopsy and surgical histologic samples of lung adenocarcinoma (J. Dzambas et al. Belgrad + Novi Sad, Serbien, P.101)

  • Zinc exposition influences metallothionein expression levels and thereby response to platin-based treatment in MPM (H. Ohlig, F. Mairinger et al., Essen, AG05.09)

  • CXCR4 and MSLN are strongly expressed in a significant portion of mesotheliomas and represent promising targets for radiopharmaceutical treatment (F.D. Mairinger et al. Essen, AG05.08)

  • Comparative analysis of the immune microenvironment in usual interstitial pneumonia and organizing pneumonia. (R. Krupar, S. Perner, Borstel, Lübeck, DGP02.07)

  • Cytology of supernatant fluid in lung cancer (F.A. Flockerzi, M. Bohle et al., Homburg, AG11.05)

Hervorzuheben sei auch die Habilitation von Florian Mairinger aus Essen (eine von insgesamt 4) zum Thema Thoraxpathologie mit dem Titel „Predicting response and outcome after chemotherapy and new, targeted approaches in malignant pleural mesothelioma“ (DGP09.03).

Außerdem wurde der diesjährige Novartis-Preis der DGP an das Team Philipp Jurmeister und Michael Bockmayr vom Institut für Pathologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin für ihre Arbeit mit dem Titel „Machine Learning Analysis of DNA Methylation Profiles Distinguishes Primary Lung Squamous Cell Carcinomas From Head and Neck Metastases“ vergeben.

Insofern kann die AG Thoraxpathologie trotz oder auch wegen Corona auf ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr zurückblicken. Die nächste Sitzung der AG soll in Bonn stattfinden und steht unter der Leitung von PD Dr. Verena Tischler. Es bleibt zu hoffen, dass dann wieder ein persönlicher Austausch („face-to-face“ [ F2F]) möglich sein wird.