Zusammenfassung
Hintergrund
Auf Basis rezenter historischer Forschungen kann gezeigt werden, dass der mentalitätsgeschichtliche Kontext für die Medizin- und Pathologiegeschichte im Nationalsozialismus eine entscheidende Rolle spielt.
Fragestellung
Welche Auswirkung hatte das „Zeitalter der Gewalt“, die Zeit zwischen 1914 und 1945, auf den Betrieb der Pathologie in Deutschland? Was können Fachvertreter der Pathologie daraus für ihre heutige Arbeit ableiten?
Material und Methode
Auf der Basis von gedruckten Quellen und von Material des Universitätsarchivs Mainz und des Stadtarchivs Mainz wird die Mainzer Pathologie zwischen 1916 und 1946 als Fallstudie demonstriert.
Ergebnisse
Auch in Mainz als Teil einer Grenzregion des Deutschen Reiches wurden verbale und haptische Gewalterfahrungen gemacht. Diese Erfahrungen prägten den Betrieb des Faches im ganzen Reich. Im Kontext der Erfahrungen aus anderen Grenzregionen muss der mentalitätsgeschichtliche Einfluss derartiger Erfahrungen auf den Fachbetrieb in Deutschland hoch veranschlagt werden. Dies begünstigte das Mitwirken von Pathologen an der Medizin im NS-Staat.
Schlussfolgerungen
Im Rahmen von medizinethischen Fragestellungen sind nicht nur die Dispositionen von Akteuren und die Folgen von medizinischen Maßnahmen für die Betroffenen zu eruieren, sondern auch die Einflüsse von strukturellen mentalitätsstiftenden Handlungskontexten. Letztere sollten heute aktiv auf eine Weise gestaltet werden, dass Grundprämissen des demokratischen Gemeinwesens auch in der Medizin beachtet werden.
Abstract
Background
Based on recent historical research, the context of mentality plays an important role in understanding the history of medicine and pathology in Nazi Germany.
Objectives
What impact did the “Age of Violence” have on the work of pathology in Germany between 1914 and 1945? What does that mean for modern recent pathology?
Methods
Based on printed as well as archival material (City and University Archives, Mainz), the history of pathology in Mainz is presented as a case study.
Results
Mainz, as a part of a borderland region, faced experiences of verbal and bodily violence, which moulded the work of pathologists in the German Empire extensively. These developments bolstered the collaboration of pathologists with the Nazi state.
Conclusions
Inquiries regarding medical ethics should not be restricted to the dispositions of actors and consequences for the suffering. In contrast, influences of mentality-driven contexts should be considered equally. The latter should be supportive to the maintenance of a democratic medicine.
Literatur
Personalakte Walter Dibbelt (1879–1916), Stadtarchiv Mainz (keine Blattzählung).
Personalakte Georg Benno Gruber (1884–1977), Stadtarchiv Mainz (keine Blattzählung).
Personalakte Heinrich Müller (1884–1972), Stadtarchiv Mainz (keine Blattzählung).
Personalakte Heinrich Müller (1884–1972), Universitätsarchiv Mainz, Bestand 110–014 (keine Blattzählung)
Prüfung der Personalverhältnisse beim städtischen Krankenhaus am 22.12.1923, Stadtarchiv Mainz, Akte 70/14538 (keine Blattzählung).
Städtisches Krankenhaus, 1916–1932, Stadtarchiv Mainz, Akte 70/14528 (keine Blattzählung).
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Danksagung
Die Autorin dankt Frau Silke Dautenheimer sowie auch Dr. Frank Teske, Stadtarchiv Mainz, für die Unterstützung bei der Aushebung von Quellenmaterial.
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L. Prüll gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder an Tieren.
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Prüll, L. Pathologie im Zeitalter der Gewalt. Pathologe 40 (Suppl 3), 288–292 (2019). https://doi.org/10.1007/s00292-019-00701-x
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-019-00701-x
Schlüsselwörter
- Geschichte der Pathologie
- Medizingeschichte im 20. Jahrhundert
- Medizin in Mainz
- Medizin in der Weimarer Republik
- Medizin im Nationalsozialismus