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Uwe Bleyl

Prof. Dr. med. Uwe Bleyl, emeritierter Ordinarius für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg und zwischen 1975 und 2005 Direktor des Pathologischen Instituts des Universitätsklinikums Mannheim, ist am 21.12.2016 nach kurzer schwerer Krankheit verstorben.

Uwe Bleyl wurde am 28.10.1936 in Kiel geboren. Die Familie übersiedelte aber bald nach Greiz in Thüringen, wo sein Vater, Dr. Arthur Bleyl, als HNO-Arzt in eigener Praxis und am Krankenhaus als Belegarzt operativ tätig war. Nachdem Uwe Bleyl in der DDR wegen dieser „nicht proletarischen“ Herkunft ein Studienplatz im Fach Humanmedizin verweigert worden war, floh er 1954 in die Bundesrepublik Deutschland, wo allerdings sein in der DDR erworbenes Abitur nicht anerkannt wurde. Erst nach der Wiederholung des Abiturs in Lübeck konnte Uwe Bleyl ab 1955 Medizin in München, Hamburg und schließlich in Kiel studieren. In Kiel legte er 1960 das Staatsexamen ab und wurde 1961 mit einer von Prof. Dr. med. Volker Becker am Pathologischen Institut der Universität Kiel betreuten Arbeit über „Die Plazenta im fluoreszenzmikroskopischen Bilde“ promoviert. Im Jahr 1962 begann Uwe Bleyl seine Assistenzarztzeit am Pathologischen Institut der Universität Kiel, dem sein späterer langjähriger Lehrer und Mentor, Prof. Dr. Wilhelm Doerr, vorstand. Im Jahr 1963 wechselte Uwe Bleyl nach Karlsruhe, wo sein Doktorvater Volker Becker im gleichen Jahr zum Direktor des Pathologischen Instituts der Städtischen Krankenanstalten Karlsruhe ernannt worden war. Von dort ging Uwe Bleyl als wissenschaftlicher Assistent 1964 nach Heidelberg, wohin zwischenzeitlich Wilhelm Doerr als Ordinarius für Pathologie berufen worden war. Es folgten 1968 die Habilitation und die Ernennung zum Oberarzt. In den Jahren 1973 und 1974 war Uwe Bleyl als Gastprofessor in Göttingen tätig, arbeitete ab 1974 als außerplanmäßiger Professor wiederum in Heidelberg und wurde 1975 ordentlicher Professor und Ordinarius für Allgemeine Pathologie und Pathologische Anatomie der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg. Damit verbunden war das Direktorat des Pathologischen Instituts der Städtischen Krankenanstalten Mannheim, die 1980 in Klinikum Mannheim und ab 2001 rechtsverbindlich in Universitätsklinikum Mannheim umbenannt wurden. Dort war er bis zu seiner Emeritierung am 31.03.2005 tätig.

Von 1980–1983 diente Uwe Bleyl seiner Fakultät als Dekan, von 1983–1987 der Universität Heidelberg als Prorektor und von 1987–1992 dem Klinikum Mannheim als ärztlicher Direktor.

Aufbauarbeit in Mannheim

Eine Würdigung Uwe Bleyls muss betonen, dass er 1975 nicht an ein für damalige Verhältnisse „normales“ Universitätsklinikum berufen wurde. Vielmehr baute Uwe Bleyl in der Nachfolge von Professor Günther Schallock die bis dahin kleine Prosektur an den Städtischen Krankenanstalten Mannheim – mit ihrem lokal begrenzten diagnostischen Dienstleistungsauftrag und einem akademischen Lehrauftrag an der Universität in Heidelberg – zu einem pathologischen Universitätsinstitut der Maximalversorgung aus, das bei seiner Emeritierung über alle gängigen Verfahren der Immunhistologie, Fluoreszenzmikroskopie, Elektronenmikroskopie und Molekularpathologie verfügte und das gesamte Spektrum der Diagnostik einschließlich der Nephro- und Neuropathologie abdeckte. Bei der Einführung molekularbiologischer Methoden war das Pathologische Institut am Universitätsklinikum Mannheim führend. Gegen Ende der 1990er-Jahre war das Institut schließlich weit über die Region hinaus diagnostisch tätig, ehe sein Dienstleistungsauftrag ab dem Jahr 2000 durch die regionalen Selbstverwaltungsorgane der ambulanten Krankenversorgung begrenzt wurde.

Klinisches und wissenschaftliches Wirken

Klinisch stand Uwe Bleyl in der Tradition Wilhelm Doerrs und Volker Beckers, und entsprechend war ihm die autoptische Pathologie mit interdisziplinärer Falldiskussion unter Einbeziehung seiner klinischen Kollegen und seiner eigenen „Mannschaft“ ein lebenslanges Herzensanliegen, das er persönlich im Sektionssaal „vorlebte“ und vermittelte. Die Bedeutung, die er dem klinisch-pathologischen Dialog im Rahmen der Obduktionspathologie beimaß, und die hohen didaktischen Ansprüche, die er dabei an sich und andere stellte, waren sicher auch Basis der Begeisterung, die Uwe Bleyl für die Lehre aufbrachte. Seine Vorlesungen sind zahllosen Generationen von Studenten bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben. Aber auch die bioptisch-diagnostische Leistung mit frühzeitiger Einführung der Immunhistochemie war Uwe Bleyl wichtig, ebenso wie die Zytologie, was sich u. a. in seiner über 20-jährigen Leitung der Schule für Zytologieassistentinnen des Vereins für Medizinische Assistenzberufe e. V. am Universitätsklinikum Mannheim dokumentiert. Schließlich ist es seiner Weitsicht zu verdanken, dass das Pathologische Institut in Mannheim als eines der ersten pathologischen Institute in Deutschland bereits Anfang der 1990er-Jahre eine große molekularpathologische Abteilung etablierte, die zuletzt drei Molekularbiologen für die Forschung und klinische Diagnostik beschäftigte.

Uwe Bleyl veröffentlichte zwischen 1961 und 2006 über 100 Originalarbeiten, 3 Bücher und über 20 Buchbeiträge. Während in der frühen Phase seines wissenschaftlichen Schaffens der Schwerpunkt auf der Plazentapathologie lag, folgten danach Arbeiten zur Pathologie und Pathophysiologie des Schocks und den damit zusammenhängenden Gerinnungsstörungen, u. a. im Kontext von Geburtskomplikationen. Andere Themen waren die teilweise tierexperimentell untersuchten Mechanismen der Arteriosklerose und Pankreatitis sowie die molekulare Pathologie des Pankreaskarzinoms.

Weiter Horizont

Uwe Bleyl war nicht nur ein musisch breit interessierter, hochgebildeter Akademiker und Pathologe, sondern auch wissenschafts- und gesellschaftspolitisch höchst engagiert. So war er ab 1997 Rektoratsbeauftragter für den berufsbegleitenden Studiengang „Gesundheitsmanagement“ für Ärztinnen und Ärzte und für den studienbegleitenden Masterstudiengang „Humanmedizin mit betriebswirtschaftlicher Qualifikation“ für Studierende, also Studiengänge, die zum „Master of Science“ der Universität Heidelberg führten. Eine äußerst wichtige Rolle spielte Uwe Bleyl auch 2001 bei der vergleichenden Begutachtung der baden-württembergischen medizinischen Fakultäten bezüglich der Qualität von Lehre, Forschung und Krankenversorgung durch den Wissenschaftsrat. Diese Begutachtung verlief für die Mannheim Fakultät sehr erfolgreich, was die organisationsrechtliche Eigenständigkeit der Mannheimer Fakultät unter dem Dach der Universität Heidelberg sicherte und den Status des Klinikums Mannheim als Universitätsklinikum mit begründete.

Uwe Bleyl war außerdem Vorsitzender des Beirats des „Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim“. In dieser Rolle befasste er sich publizistisch ohne Scheu mit so verschiedenartigen wie kontroversen und aktuellen Themen wie dem ethischen und rechtlichen Spannungsfeld zwischen medizinischen und ökonomischen Ansprüchen in der Universitätsmedizin, dem Problem der Quersubventionierung der Krankenversorgung zulasten der Budgets für Forschung und Lehre und der rechtsethischen Bewertung der nicht medizinisch motivierten Plastination, die ihn früh zu einer ablehnenden Stellungnahme gegen die (1997 in Mannheim gezeigte) Ausstellung „Körperwelten“ veranlasste, einer Einschätzung, der sich u. a. auch die „Anatomische Gesellschaft“ anschloss.

Als weiterer Höhepunkt seines Wirkens darf Uwe Bleyls gestalterische Rolle in seiner Funktion als Prorektor der Universität Heidelberg bei der erfolgreichen Ausrichtung der 600-Jahr-Feier der Universität Heidelberg gelten. Für seine Verdienste wurde er am Ende seines 4‑jährigen Prorektorats 1987 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Persönliches

Als ich im Jahre 2006 meine Arbeit als Nachfolger von Uwe Bleyl in Mannheim aufnahm, war mir durch meinen Vorgänger in langen konstruktiven und erhellenden Gesprächen reichlich „Insider-Wissen“ zuteil geworden, das mir zu einem guten Start in Mannheim verhalf. Ich fand ein Institut vor, dessen Mitarbeiter fachlich hochkompetent und persönlich höchst loyal eingestellt waren und das technologisch auf der Höhe der Zeit war. So habe ich es besonders Uwe Bleyl zu verdanken, dass ich meine eigenen wissenschaftlichen Projekte ohne wesentliche Verzögerung fortsetzen und im diagnostischen Alltag fachlich ohne Probleme bestehen konnte. Uwe Bleyls Interesse am fortgesetzten Erfolg „seines“ Instituts erlosch auch nach seiner Emeritierung nie: Wann immer ich Fragen zu „Spezifika“ der Mannheimer Medizinischen Fakultät oder des Universitätsklinikums hatte, stand mir Uwe Bleyl umgehend und fachlich höchst kompetent und konstruktiv mit seinem abgewogenen, hochgeschätzten Rat immer zur Verfügung. Meine Mitarbeiter, die ihn kannten, und ich werden Uwe Bleyl als Vorbild in dankbarer und ehrender Erinnerung behalten.

Alexander Marx

Mannheim