Zahlreiche Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Infektion mit einer „High-risk“-Variante des humanen Papillomavirus (HPV) ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung der meisten Karzinome der Vulvovaginalregion und der Cervix uteri ist. In der Vulvovaginalregion gilt dies für die überwiegende Zahl der Karzinome, die bei jüngeren Frauen auftreten. Im Bereich der Cervix uteri sind nahezu alle plattenepithelialen Präkanzerosen und invasiven Karzinome HPV-positiv. Einige seltene Adenokarzinome der Cervix uteri sind demgegenüber offensichtlich nicht HPV-assoziiert.

Natürlich führt nicht jede Infektion mit einem HPV-high-risk-Virus zur Entstehung eines Tumors. So sind sowohl bei Frauen als auch bei Männern HPV-Infektionen ein sehr häufiges Ereignis, HPV-assoziierte Neoplasien demgegenüber verhältnismäßig selten. Die Tumoren treten auch nicht zufällig über die verschiedenen Körperregionen verteilt auf, sondern bevorzugen bestimmte Körperareale. Dies alles spricht dafür, dass das Virus effiziente Mechanismen entwickelt hat, wie es persistieren kann, ohne den Wirtsorganismus allzu sehr zu schädigen. Kommt es dennoch zur Tumorentstehung, muss zuvor der Übergang aus der persistierenden in die transformierende Form der HPV-Infektion stattgefunden haben. Miriam Reuschenbach aus der Arbeitsgruppe von Magnus von Knebel Doeberitz und Svetlana Vinokurova beschreiben in ihrem Beitrag, welche molekularen Mechanismen bei der Entstehung der HPV-assoziierten Karzinome des weiblichen Genitaltrakts wirken. Wichtig scheinen bestimmte Methylierungsmuster des viralen Genoms zu sein, die die Expression der E6- und E7-Onkogene im Stadium der transformierenden Infektion fördern. Morphologisch lässt sich dieses Stadium durch die Überexpression von p16INK4a erfassen.

Da eine HPV-Infektion eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung der meisten Karzinome im weiblichen Genitaltrakt ist, werden schon seit längerer Zeit verschiedene Testverfahren zum Nachweis einer solchen Infektion eingesetzt. Dies kann im primären Screening geschehen, bei der Abklärung unklarer Zytologiebefunde oder in der Nachsorge nach Behandlung von Krebsvorstufen. Nicolas Wentzensen beschreibt in seiner Übersicht die verschiedenen Testverfahren, die in der Mehrzahl die HPV-DNA nachweisen. In der letzten Zeit sind auch einige Tests entwickelt worden, in denen die RNA nachgewiesen wird. Darüber hinaus sind Verfahren zum Nachweis von Proteinen von HPV verfügbar. Wie bei allen klinischen Testverfahren treten auch bei den verschiedenen HPV-Tests Probleme in der Anwendung auf. Eine ausführliche Validierung von neuen HPV-Tests ist daher unerlässlich.

Die World-Health-Organization(WHO)-Klassifikation der Präkanzerosen und der invasiven Karzinome der Vulva trägt nur z. T. dem unterschiedlichen biologischen Verhalten dieser Läsionen Rechnung. Schon seit Längerem ist bekannt, dass sich die Karzinome der jüngeren und der älteren Frauen nicht nur histologisch, sondern auch biologisch voneinander unterscheiden. Entsprechende Unterschiede finden sich auch für die Vorläuferläsionen dieser Karzinome. Lars-Christian Horn geht mit seinen Koautoren auf die Besonderheiten dieser unterschiedlichen Tumoren und ihrer Vorläuferläsionen ein. Danach lassen sich zum einen HPV-assoziierte Veränderungen abgrenzen, die in ihrer präkanzerösen Form als klassische vulväre intraepitheliale Neoplasien (VIN) bezeichnet werden, zum anderen nicht-HPV-assoziierte Läsionen, die als differenzierte VIN charakterisiert werden. Die HPV-assoziierten Karzinome sind das verruköse, das kondylomatöse und das unverhornte (basaloide) Plattenepithelkarzinom, die nicht-HPV-assoziierten Karzinome das verhornte Plattenepithelkarzinom. Die Einteilung der Präkanzerosen der Vagina folgt dem Schema der zervikalen Präkanzerosen, wobei die leichten vaginalen intraepithelialen Neoplasien (VAIN) 1 und mittelschweren (VAIN 2) in der Regel auf eine „Low-grade“-Infektion, die schwere (VAIN 3) auf ein „High-grade“-Infektion zurückzuführen sind.

Das Ziel aller medizinischen Früherkennungsuntersuchungen ist die Entdeckung einer möglichen Erkrankung in einem noch kurativ zu behandelnden Stadium. Die Zervixkarzinomfrüherkennungsuntersuchung war in diesem Sinne besonders erfolgreich, was dazu geführt hat, dass das invasive Zervixkarzinom in den westlichen Ländern ein seltenes Karzinom geworden ist. Dass dieser Erfolg nicht hundertprozentig ist, sondern dass es auch in Deutschland nach wie vor Zervixkarzinome gibt, die zum Tod der Patientin führen, ist eine unbestrittene Tatsache. Der wichtigste Grund hierfür ist die nichtregelmäßige Teilnahme an der jährlich angebotenen Vorsorgeuntersuchung. Ein weiterer Grund ist die unzureichende Sensitivität des Papanicolaou(PAP)-Abstrichs, die dazu führt, dass ein gewisser Teil der behandlungsbedürftigen Läsionen nicht entdeckt wird. Hans Ikenberg geht in seinem Beitrag auf das neue Testverfahren der Dünnschichtzytologie ein, das nicht unumstritten ist, jedoch in einigen Studien eine eindeutig bessere „performance“ gezeigt hat als der konventionelle PAP-Abstrich. Diese Ergebnisse ließen sich durch eine computerassistierte Auswertung noch weiter verbessern.

Ein anderes Verfahren, das in Zukunft potenziell im primären Screening eingesetzt werden kann, schon jetzt aber in der Abklärung zytologisch unklarer und leicht dysplastischer Befunde seinen Wert bewiesen hat, ist der „Dual-stain“-Test mit einem kombinierten immunzytochemischen Nachweis von p16 und Ki-67. In einer normalen Zelle sind diese beiden Färbungen niemals gleichzeitig positiv, da der eine Marker (p16) als Suppressorgen wirkt, während der andere Marker (Ki-67) das gesteigerte Proliferationsverhalten eines Tumors anzeigt. In der Situation der HPV-high-risk-induzierten Dysplasien und Neoplasien werden jedoch beide Marker im Stadium der transformierenden HPV-Infektion koexprimiert, sodass es mit diesem Test gelingt, entsprechend pathologisch veränderte (doppelmarkierte) Zellen im PAP-Abstrich oder im Dünnschichtpräparat nachzuweisen. Im Gegensatz zum HPV-Test kann mit diesem Test das tatsächliche Vorhandensein einer Erkrankung und nicht nur das Risiko, dass eine Frau eine Präkanzerose oder eine Neoplasie entwickeln könnte, festgestellt werden. Dietmar Schmidt geht in seiner Analyse auch auf die anderen Biomarker ein, die dieses neue Verfahren ergänzen könnten.

Geht man heute in Deutschland davon aus, dass es möglicherweise Änderungen im Zervixkarzinomscreening gibt, ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass diese nicht ohne den Blick auf die gesamte Kette der verschiedenen Untersuchungsschritte geschehen dürfen. Zu diesen Untersuchungen gehört v. a. die histologische Untersuchung eines Biopsats oder eines Konisats. Mit der Biopsie soll in Zukunft die Diagnose gestellt werden, die dann ggf. zu der weiteren therapeutischen Maßnahme der Schlingenkonisation führt. Es wird also in der Zukunft noch stärker darauf ankommen, anhand des Biopsats eine Diagnose zu stellen, die eng mit dem zytotologischen Befund korreliert, v. a. aber die wahre Situation an der Zervix wiedergibt. Katrin Marquardt hat sich bereits in den vergangenen Jahren ausführlich mit diesem Problem beschäftigt. Sie kennt die Fehlerquellen bei beiden Methoden und diskutiert in ihrem Beitrag, wie sich diese erfolgreich vermeiden lassen.

Eine gezielte Biopsieentnahme von der Zervix ist nur nach Inspektion mithilfe des Kolposkops möglich. Während früher die Kolposkopie wichtiger Bestandteil in der Ausbildung zum Frauenarzt war, wird sie heute in der Klinik nicht mehr vermittelt. Hauptgrund hierfür ist die Tatsache, dass diese Untersuchung in den gynäkologischen Praxen nicht mehr bezahlt wird. Ihre Bedeutung hat sie jedoch nicht verloren, was man auch daran sieht, dass sie in anderen Industrienationen nach wie vor in der Routine eingesetzt wird. So sind sowohl in den USA als auch in Großbritannien Leitlinien entwickelt worden, die „minor changes“ und „major changes“ mit entsprechenden Konsequenzen für weitere therapeutische Maßnahmen definieren. Wolfgang Kühn setzt sich seit Langem für die Wiedereinführung der Kolposkopie in die tägliche Routine, einschließlich ihrer Vergütung, ein. Handlungsempfehlungen für die deutsche Gynäkologie sind unter seiner Ägide von der Arbeitsgemeinschaft für Zervixpathologie und Kolposkopie (AG-CPC) erarbeitet worden.

Keine Regel ohne Ausnahme: Obwohl die meisten Karzinome der Zervix, auch die Adenokarzinome, HPV-assoziiert sind, gilt dies für eine kleine Gruppe von Adenokarzinomen nicht, wie z. B. den „gastric type“, die klarzelligen und die serösen Adenokarzinome. Gleichwohl zeigen sowohl die klarzelligen als auch die serösen Typen eine Überexpression von p16. Bei der Differenzialdiagnose der glandulären Karzinome muss diese Erkenntnis berücksichtigt werden. Thomas Löning et al. gehen in ihrem Beitrag darüber hinaus auch auf die manchmal schwierige Differenzialdiagnose der gutartigen „Imitate“ mithilfe von Spezialuntersuchungen ein. Spezialuntersuchungen sind gelegentlich auch bei Fällen notwendig, in denen es um die Abgrenzung eines zervikalen Adenokarzinoms von einem Adenokarzinom endometrialen Ursprungs geht.

Die vielfältigen Bemühungen der letzten Jahre haben sowohl in der zytologischen als auch in der histopathologischen Begutachtung zu eindrucksvollen Verbesserungen in der Diagnostik geführt. Für die betroffenen Patientinnen ist eine richtige Diagnose der erste wichtige Schritt für die weiteren therapeutischen Maßnahmen. Weitere wesentliche Anstrengungen sind erforderlich, um die Zahl der noch verbliebenen Karzinome weiter zu reduzieren. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die HPV-Impfung hierbei unterstützend wirksam wird.

Prof. Dr. Dietmar Schmidt