Liebe Leserinnen und Leser,

Sie halten das letzte Heft des Jahres 2020 in Händen, eines Jahres, das uns noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird. Sicher haben Sie kein Interesse, noch einen weiteren Text zum Thema Digitalisierung durch Corona zu lesen. Das hatten wir ja jetzt über Monate hinweg. Gestatten Sie mir, einen kleinen Rückblick auf mein Jahr zu geben – und ich vermute beinahe, dass Sie alle zurückblicken und sich fragen: „Was war das denn?!“.

Beim Frühstückskaffee am 31.01.2020 las ich den Artikel in der Süddeutschen Zeitung mit der Überschrift „WHO ruft wegen Coronavirus weltweite Notlage aus“. Da stand noch, dass internationale Reisen und der Handel nicht eingeschränkt werden müssten und dass man sich um Länder mit schwächerem Gesundheitssystem sorge, die nicht genügend Kapazitäten zur Eindämmung einer Pandemie hätten. Damals hatte ich dem Artikel keine weitere Bedeutung beigemessen. Frühere Epidemien, die in Asien ihren Ursprung hatten, erlangten ja keine weltweite Ausbreitung. Ab dem Zeitpunkt der öffentlichen Warnung durch die WHO hätte man gewarnt sein müssen. Insbesondere kann kein Politiker behaupten, er hätte es nicht gewusst.

In der ersten Märzwoche entnahm ich mit Verwunderung der Presse, dass Länder wie Großbritannien und die USA keine Corona-Schutzmaßnahmen einzuleiten gedenken. Am DKRZ begannen die Diskussionen hierzu bereits Ende Februar, der gleichnamige Folder in meinem Mailprogramm umfasst annähernd eintausend Emails. 11. März: letzte Dienstreise zu einer Sitzung in München, dann letzter Flug für lange Zeit. Es folgte Homeoffice.

Private Bilanz der Ereignisse bis Mitte November: fast alle Familienfeiern gestrichen, Sommerurlaub im Ausland ausgefallen, kein Abitreffen, kein Oktoberfest, kein Uniball, kaum mehr Treffen mit Freunden, kein Vereinssport. Aber ich bin gesund, habe meinen Job und mein Gehalt. Dafür bin ich dankbar. Mein VHS-Sprachkurs findet seit April nur noch per Videokonferenz statt, und das geht hervorragend. Tatsächlich haben alle Teilnehmer und unsere Lehrerin sich dahingehend geäußert, dies so beizubehalten. Hier brechen neue Zeiten an. Mein Büro gleicht mittlerweile einem kleinen Filmstudio mit Kameras, Mikrofonen, Leuchten und Kopfhörern. Studierende treffe ich nur noch virtuell, bei den Mitarbeitern verhält es sich fast genauso. Immerhin, unsere regelmäßigen Professorentreffen sind virtuell bestens besucht. Auch an der Sitzung der Herausgeberschaft im September nahmen fast alle Mitglieder teil, und das war natürlich sehr produktiv. Positive Aspekte der Digitalisierung müssen wir uns bewahren, sie verbessern auch unsere Klimabilanz!

Heute Morgen lese ich in „Der Zeit“ den Artikel zum Thema „Was 2020 an Gutem gebracht hat“. Meine persönlichen Favoriten sind „Donald Trump ist abgewählt“ und „Keith Richards lebt noch immer“. So endet das Jahr also auch mit Positivem, und ich blicke verhalten optimistisch auf 2021. Herr Pagel und ich wünschen Ihnen und Ihren Familien, liebe Leserinnen und Leser, einen friedvollen Start in das neue Jahr.