Zusammenfassung
Trauer ist ein individueller, facettenreicher Prozess, der durch die Todesumstände, intrapsychische, interpersonale und soziale Faktoren beeinflusst wird. Die Vielfalt an Trauerreaktionen erschwert eine Definition normaler und pathologischer Trauer. Empirische Befunde weisen darauf hin, dass es sich bei der pathologischen Trauer um eine Symptomatik von Krankheitswert handelt, die als eigenständiges Krankheitsbild anzusehen ist. Zwei Arbeitsgruppen haben sich darum bemüht, empirisch-amerikanische, validierte diagnostische Kriterien zu entwickeln, die jeweils den traumatischen Aspekt der Trauersymptomatik in besonderer Weise akzentuieren. Der gegenwärtige Stand der Forschung erlaubt es aus unserer Sicht jedoch nicht, davon auszugehen, dass sämtliche Formen pathologischer Trauer unter die von Horowitz et al. (1997) und Prigerson et al. (1999b) vorgeschlagene diagnostische Klassifizierung der traumatischen Trauer subsumiert werden können. Klinische Befunde sprechen dafür, dass die traumatische Trauer als eine Sonderform der pathologischen Trauer anzusehen ist.
Weitere empirische Studien an größeren, repräsentativen Stichproben sind notwendig, um die bisherigen Befunde zu validieren und mögliche Unterformen pathologischer Trauer zu identifizieren.
Abstract
Grief is a highly individualized process influenced by intrapsychic, interpersonal and social factors. The definition of normal and pathological grief is complicated by the variety of grief reactions. Empirical research indicates that pathological grief may be concerned considered as a separate entity. Two research groups developed empirically validated criteria with a special focus on the traumatic aspect of grief. The current state of research allows, however, in our opinion not the conclusion, that the proposed diagnostic criteria for complicated (Horowitz et al. 1997) or traumatic grief (Prigerson et al. 1999b) do not enclose all types of grief. Further empirical research on representative samples is necessary to validate previous findings and to differentiate specific subgroups of pathological grief.
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Kersting, A., Reutemann, M., Ohrmann, P. et al. Traumatische Trauer – ein eigenständiges Krankheitsbild?. Psychotherapeut 46, 301–308 (2001). https://doi.org/10.1007/s002780100164
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DOI: https://doi.org/10.1007/s002780100164