Zusammenfassung
Hintergrund
Ausgehend von den in der Literatur beschriebenen problematischen psychosozialen und gesundheitlichen Folgen von Arbeitslosigkeit ist die Entwicklung von präventiven Maßnahmen, die auf die Förderung der psychosozialen Kompetenz von Arbeitslosen und deren Gesundheitsverhalten abzielen, angezeigt.
Fragestellung
Im Rahmen eines vom Europäischen Sozialfond geförderten Drittmittelprojekts ist an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin der Universität Rostock ein Gruppenprogramm zur „Förderung der Gesundheit und der psychosozialen Selbstwirksamkeit bei Langzeitarbeitslosen“ in Kooperation mit ebenfalls vom Europäischen Sozialfond geförderten Projekten zur Integration von Langzeitarbeitslosen entwickelt und dessen Wirksamkeit überprüft worden.
Methode
Im Zeitraum von Oktober 2009 bis April 2010 erfolgte die Umsetzung des Programms zur „Förderung der Gesundheit und der psychosozialen Selbstwirksamkeit bei Arbeitslosen“ in 5 unterschiedlichen Gruppen. Insgesamt durchliefen 35 Teilnehmer das Programm. Zur Überprüfung der Effektivität des Interventionsprogramms wurden zu Beginn und am Ende des Programms die psychischen Belastungen der Teilnehmer mithilfe des Brief Symptom Inventory (BSI; Franke 2000) erhoben. Mithilfe des Fragebogens zur Erfassung von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten (FERUS; Jack 2007) wurden die vorhandenen Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Teilnehmer am Beginn und nach Durchlaufen des Programms erfasst.
Ergebnisse
Im Bereich der psychischen Symptombelastung ließen sich nach Durchlaufen des Programms geringere Belastungen in den Bereichen Aggressivität und paranoides Denken (Misstrauen) nachweisen. Hinsichtlich der erhobenen Selbstmanagementfähigkeiten zeigten die Teilnehmer nach Ende des Programms statistisch signifikante Verbesserungen bezüglich ihrer Einschätzungen zu ihren eigenen Coping-, Selbstverbalisations- und Selbstmanagementkompetenzen sowie in Bezug auf das Erleben von Hoffnung.
Schlussfolgerungen
Eine systematische Unterstützung von Arbeitslosen in Bezug auf ihre Bewältigung von den mit Arbeitslosigkeit verbundenen psychosozialen Problemen ist angezeigt. Durch den Einsatz niedrig strukturierter Programme ist eine Implementierung in unterschiedliche organisatorische und administrative Kontexte relativ leicht möglich.
Abstract
Background
The development of appropriate preventive measures aimed at the promotion of psychosocial capabilities and health behavior is based on the recognition that unemployment is associated with many physical, psychological and social problems.
Objective
A group program “promotion of health and psychosocial self-efficacy in long-term unemployed” was developed and investigated with respect to the effectiveness by a study group at the Clinic for Psychosomatic Medicine of the University of Rostock. The study was part of a project funded by the European Social Fund (ESF).
Methods
During the period from October 2009 to April 2010 the group program was implemented in 5 different groups and the sample included a total of 35 persons. To examine the effectiveness of the program the participants had to complete standardized questionnaires at the beginning and at the end of the program. Information as to what extent the unemployed suffer from mental stress was collected via the brief symptom inventory (BSI; Franke 2000). The questionnaire on resources and self-management skills (FERUS; Jack 2007) was applied to analyze the capabilities and the self-management skills of the participants.
Results
The unemployed subjects reported lower levels of aggressiveness and paranoid thinking (distrust) after their participation in the program. Regarding the self-management skills the participants improved their coping skills, self-instructions skills and also felt more hopeful with regard to their current environment and the future.
Conclusions
A systematic support of unemployed people regarding coping with the psychosocial problems associated with unemployment seemed to be important. The use of low structured group programs is a good possibility to implement them in different contexts with relatively few resources.
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Braungardt, T., Schindler, N., Vogel, M. et al. Förderung der Gesundheit und der psychosozialen Selbstwirksamkeit bei Langzeitarbeitslosen. Psychotherapeut 56, 40–46 (2011). https://doi.org/10.1007/s00278-010-0797-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00278-010-0797-9
Schlüsselwörter
- Arbeitslosigkeit
- Stress, psychischer/Ätiologie
- Gesundheitsverhalten
- Selbstwirksamkeit
- Psychosoziale Unterstützungssysteme