Den inhaltlichen Schwerpunkt dieses Heftes stellt das Thema „Traumatisierung“ dar. In einer theoretischen Übersichtsarbeit diskutiert W. Wöller die therapeutischen Implikationen, die sich aus der Komorbidität zwischen einer schweren Persönlichkeitsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ergeben. Ausgehend von der These, dass in den bisherigen spezifischen empirisch begründeten therapeutischen Ansätzen zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen und einer PTBS, die jeweilige andere vorliegende psychische Problemstellung nicht genügend berücksichtigt wird, stellt der Autor ein integratives sequenziell aufgebautes Therapiekonzept vor, das auf die umfassende Behandlung beider Störungsbereiche abzielt und sowohl kognitiv-behaviorale als auch psychodynamisch orientierte Strategien umfasst.

Den Zusammenhang zwischen Traumatisierungen während der Kindheit sowie in späteren Lebensphasen und einer pathologisch zu wertenden Spielsucht thematisiert M. Vogelgesang und zeigt auf der Basis einer klinischen Stichprobe, dass die Frauen ein höheres Ausmaß an Traumatisierungen aufwiesen als die Männer.

Unter der Rubrik Behandlungsprobleme schildern H. Oberlerchner und J. Marksteiner, wie massive berufliche Belastungen im Sinne einer Mobbing-Situation nach einem Wechsel der Geschäftsleitung bei einem Patienten zu einer psychischen Dekompensation geführt haben. Die Autoren sehen diesen Fall als Beleg dafür, dass auch berufliche Belastungssituationen zu einer Traumatisierung und einer nachfolgenden PTBS führen können. Als Argument für diese Erwägungen wird angeführt, dass der Patient bis zum Eintreten der psychischen Symptomatik stets über gute Adaptationsfähigkeit verfügt und infolge der beruflichen Belastungssituation die typischen Symptome einer PTBS ausgebildet habe. Die Problematik der diagnostischen Kriterien für das Vorliegen einer PTBS oder einer anderen traumaassoziierten Störung wird durch diesen Fall exemplarisch verdeutlicht. Sind das Vorliegen einer längsschnittlich scheinbar unauffälligen Biografie und psychosozialen Anpassung sowie das Auftreten von für die PTBS beschriebenen charakteristischen Symptome (z. B. Flashbacks, Albträume sowie innere und äußere Vermeidung) bereits ein genügender diagnostischer Beleg für die Gültigkeit der Diagnosenstellung? Wir finden im Alltag in den unterschiedlichsten sozialen und juristischen Kontexten – bei denen häufig Ansprüche auf Schadenersatz oder andere finanzielle Forderungen geprüft werden – oder auch im Asylrecht oder vor dem Hintergrund des Opferentschädigungsgesetzes vielfach klinische oder gutachterliche Problemstellungen, bei denen es um die Feststellung einer traumabedingten Störung geht. Vor diesem Hintergrund ist zukünftig eine Schärfung der diagnostischen Kriterien – die insbesondere das traumatische Ereignis betreffen sollten – zu wünschen. Von Interesse ist, welche diagnostischen Veränderungen die Entwicklungen des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders- (DSM-)V und der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems- (ICD-)11 zu diesem Themenkomplex bringen werden.

In zwei weiteren Arbeiten dieser Ausgabe steht das Thema Narzissmus im Mittelpunkt. E. Neumann untersucht empirisch die Konzepte des „offenen“ und „verdeckten“ Narzissmus und kann diese beiden Formen mit den eingesetzten Fragebogenmethoden an ihrer klinischen Stichprobe gut differenzieren.

Die Autoren C.-H. Lammers und M. Marwitz stellen das Konzept eines integrativen manualisierten Therapieansatzes zur Behandlung von Patienten mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung vor. Neben stärker symptomorientierten Interventionen beinhaltet das Therapiekonzept auch beziehungs-, ressourcen- und schemaorientierte Vorgehensweisen. Auch wenn dieser Ansatz primär an verhaltenstherapeutischen Konzepten orientiert ist, zeigt er doch relativ hohe Gemeinsamkeiten zu dem therapeutischen Modell von W. Wöller, das ebenfalls neben der Symptomfokussierung weiter gefasste psychologische Hintergrundvariablen der Erkrankung beinhaltet. Mit der Bezugnahme auf die Schematherapie öffnet sich das Konzept m. E. auch in Richtung psychodynamischer Entwicklungskonzepte, die der Schematherapie nicht fremd sein sollten.