Bewältigung des unerfüllten Kinderwunsches

Zusammenfassung

Der Beitrag gibt zuerst einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand zum unerfüllten Kinderwunsch als kritisches Lebensereignis und zu seinen kurzfristigen Auswirkungen auf Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden. Danach wird über eine Studie berichtet, in der 68 kinderlose Frauen im mittleren Erwachsenenalter (45–65 Jahre) untersucht wurden, die aufgrund von Fruchtbarkeitsstörungen langfristig ungewollt kinderlos geblieben sind. Die Studie geht der Fragestellung nach, ob sich ungewollt kinderlose Frauen langfristig von Frauen im gleichen Alter mit leiblichen Kindern in ihrer Lebenszufriedenheit und ihrem Wohlbefinden unterscheiden. Die Frauen der Kontrollgruppe hatten nie unter Fertilitätsstörungen gelitten und waren spontan schwanger geworden. Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden wurden anhand des Fragebogens zur Lebenszufriedenheit (FLZ; Fahrenberg et al. 2000) und der Symptom-Checkliste SCL-90-R (Derogatis, deutsch von Franke 1995) erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass sich ungewollt kinderlose Frauen von Frauen mit Kindern vor allem in ihrer psychischen Befindlichkeit unterscheiden. Im Hinblick auf das soziale Wohlbefinden sowie auf die körperliche Verfassung ergaben sich keine Auffälligkeiten. Den Ergebnissen zufolge kann ein unerfüllt gebliebener Kinderwunsch für Frauen eine chronische Belastung darstellen. Ein psychotherapierelevantes Problem stellt die ungewollte Kinderlosigkeit im mittleren Erwachsenenalter damit aber nicht zwingend dar. Die Entwicklung von Beratungsangeboten speziell für diese Personengruppe bleibt aufgrund des von den Probandinnen signalisierten Gesprächsbedarfs allerdings sinnvoll.

Abstract

The article reviews current research in relation to two aspects of involuntary childlessness; firstly, the extent to which involuntary childlessness can be considered a critical life-event and secondly, the short-term effects of childlessness on life-satisfaction and well-being. A study is reported in which 68 middle-aged women (45 to 65 years) who are long term childless because of infertility, are investigated. The study focuses on the extent to which unfilled desire for a child has long term effects on well-being and life-satisfaction. The control group comprised 68 women who did not suffer from fertility problems and became pregnant spontaneously. Life-satisfaction and well-being were assessed using the life-satisfaction questionaire (FLZ; Fahrenberg et al. 2000) and the SCL-90-R (Symptome-Checklist, Derogatis, the German version of Franke 1995). The study shows clearly that psychological well-being is significantly lower in childless middle-aged women compared to women of the same mean age, who have a child. No significant differences were found in social well-being and health. The results support the view that unwanted childlessness may become a chronic stressor. Unintentionally childless middle-aged women do not constitute a clinical group whose need for psychotherapy is urgent. However, the development of specific counselling for women who fail to conceive and those who remain childless in the long term is recommended.