Somatoforme Störungen und Bindungstheorie

Zusammenfassung

Somatoforme Störungen beinhalten neben einer körperlichen Störung eine grundsätzliche Störung im Erleben und Gestalten von zwischenmenschlichen Beziehungen. Interpersonelle Probleme einschließlich derjenigen, die sich infolge eines spezifischen Krankheitsverhaltens in der Patient-Arzt-Interaktion entwickeln, gehören zu den zentralen behandlungsbedürftigen Aspekten dieser Krankheitsentität (Nickel u. Egle 1999). Aus der Perspektive der Bindungsforschung weisen die Beziehungsschwierigkeiten von Patienten mit somatoformen Störungen auf einen entwicklungsgenetischen Hintergrund des Störungsbilds hin. Im Anschluss an einen kurzen Abriss der Bindungstheorie wird im Zusammenhang mit dem Konzept der Bindungsrepräsentation gesondert auf die entwicklungpsychopathologische Dimension der Repräsentanzenbildung bei somatoformen Störungen eingegangen. Es folgt eine ausführliche Übersicht über den Stand der Theorie und Forschung zur Bindungsentwicklung bei somatoformen Störungen. Schließlich wird auf dieser Basis ein Vulnerabilitätsmodell für somatoforme Störungen skizziert.

Abstract

Somatoform disorders are not only marked by somatic symptoms, but also by significant disturbances in interpersonal relationships. Interpersonal difficulties – including the maladaptive pattern of illness behavior and the resulting difficult doctor-patient-relationship – are an important field of therapeutic intervention (Nickel u. Egle 1999). The interpersonal problems which are characteristic in patients with somatoform disorders draw attention to the developmental aspects of these conditions. Attachment theory provides a promising framework for understanding these developmental features. In the paper presented we therefore apply concepts and observations from attachment theory to somatoform disorders. After a brief review of attachment theory we specifically discuss the developmental aspects of representation formation in somatization. As next, empirical evidence is reviewed that link attachment insecurity to the development of somatoform disorders. Finally a vulnerability model of somatoform disorders is outlined.