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Forensisch-toxikologische Eignungsuntersuchungen

Teil 1: Rechtliche Hintergründe und Durchführungsbestimmungen

Forensic toxicological analyses for aptitude testing

Part 1: Legal background and requirements

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Zusammenfassung

In den letzten Jahren haben forensisch-toxikologische Eignungsuntersuchungen im Rahmen verschiedener Fragestellungen an Bedeutung gewonnen, so etwa in Bezug auf die Kraftfahreignung, das Drogenscreening am Arbeitsplatz, Bewährungsauflagen und Sorgerechtsentscheidungen. Im vorliegenden Beitrag werden die rechtlichen Hintergründe und Durchführungsbestimmungen forensisch-toxikologischer Analysen diskutiert. Bei der Überprüfung des Alkoholkonsums hat die Bestimmung direkter Marker Vorzüge gegenüber den früher herangezogenen indirekten Markern. Haaranalysen werden immer häufiger durchgeführt, erfordern aber ein sorgfältiges Vorgehen bei der Probennahme. Die Voraussetzungen für forensisch-toxikologische Analysen werden erörtert. Thematisiert werden insbesondere die deutschen Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung.

Abstract

In recent years forensic toxicological analyses for aptitude testing under a variety of circumstances has become a topic of greater interest (e. g. fitness to drive a motor vehicle, workplace drug testing, probation and child custody). The legal background and requirements for forensic toxicological analyses are discussed. Concerning the issue of alcohol, testing for direct markers of alcohol consumption is more useful than the previously used testing for indirect markers. Hair testing has become increasingly more popular but requires a careful sampling procedure. Requirements for forensic toxicological analyses are discussed. The German guidelines for testing fitness to drive are particularly emphasized

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Notes

  1. Eine orientierende Prüfung, ob ein Urin zu sehr verdünnt ist, sollte idealerweise bereits vor Ort erfolgen, um eine erneute Urinasservierung mit kurzem zeitlichem Abstand noch am selben Tag durchführen zu können. Stellt sich erst mit dem Laborergebnis eine zu starke Verdünnung heraus, ist ein unauffälliger Befund auf Rauschmittel/EtG nicht verwertbar. Ein Rückschluss auf eine Manipulation ist aber nicht sicher zulässig, soweit nicht Zusatztatsachen bekannt werden. Bei einer Verdünnung unbekannter Genese erfolgt eine erneute (kostenpflichtige) Einbestellung; im Abschlussbericht wird die verdünnte und damit nichtverwertbare Probe aber erwähnt. Ist auch die erneute Probe nicht verwertbar, wird das vereinbarte Kontrollprogramm abgebrochen, es sei denn, es kommen andere Erklärungen in Betracht, die durch einen sachverständigen Arzt oder Toxikologen zu prüfen, zu beurteilen und in einem Bericht, einschließlich der erfolgten Interpretation, zu dokumentieren sind.

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Correspondence to F. Musshoff.

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Interessenkonflikt

F. Musshoff und B. Madea geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.

Additional information

Redaktion

B. Madea, Bonn

CME-Fragebogen

CME-Fragebogen

Welche Aussage zu Alkoholmarkern ist falsch?

Auffällige Leberwerte beweisen eine Alkoholproblematik.

Direkte Alkoholmarker beweisen immer eine Anwesenheit von Alkohol.

Indirekte Alkoholmarker können auch aus anderen Ursachen als Alkoholkonsum auffällig werden.

Ethylglucuronid ist ein indirekter Alkoholmarker.

CDT ist ein direkter Alkoholmarker.

Warum sind die zu den klassischen indirekten Alkoholkonsummarkern zählenden „Leberwerte“ (GPT, GOT, GGT) für den Beweis einer Alkoholproblematik nur unzureichend geeignet?

Diese Laborwerte weisen eine zu hohe Sensitivität auf.

Diese Laborwerte weisen nur eine mäßige Spezifität auf.

Diese Laborwerte schlagen bereits nach Konsum kleinster Alkoholmengen an.

Diese Laborwerte fallen bereits Stunden nach Alkoholkonsum wieder ab.

Diese Laborwerte sind nur an Urinproben zu erheben.

Bei einem 35-jährigen Mann, dem wegen eines alkoholbedingten Verkehrsunfalls der Führerschein entzogen wurde, wird eine Fahreignungsuntersuchung durchgeführt. Dabei soll seine nunmehr angegebene Alkoholabstinenz überprüft werden. In den Kopfhaaren wird eine EtG-Konzentration von 24 pg/mg gemessen. Welche Aussage ist mit diesem Messergebnis am ehesten zu vereinbaren?

Das Ergebnis korrespondiert mit einem fehlenden Nachweis eines Alkoholkonsums.

Das Ergebnis ist auch mit einer Alkoholabstinenz vereinbar.

Das Ergebnis spricht für ein moderates Trinkverhalten.

Das Ergebnis belegt einen übermäßigen Alkoholkonsum.

Das Ergebnis legt ein Alkoholabhängigkeitssyndrom nahe.

Bei einem 32-jährigen Mann, der wiederholt unter Alkohol- und Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug geführt hat, soll im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik ein Drogen- und EtG-Urin-Kontrollprogramm erfolgen. Mit dem Mann wird eine schriftliche Vereinbarung über dieses Programm getroffen. Darin enthalten ist auch eine zeitliche Regelung zur Abgabe der Urinproben. Welche konkrete Anforderung ist am ehesten in der Vereinbarung enthalten?

Die Urinkontrollen können nur aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um höchstens 7 Tage verschoben werden.

Die Urinkontrollen müssen spätestens am Folgetag nach der unangekündigten Einbestellung erfolgen.

Die Urinkontrollen sollten innerhalb eines Halbjahreszeitraums zu mindestens 2 unvorhersehbaren Terminen veranlasst werden.

Die Urinkontrollen dürfen nach der Einbestellung allenfalls einmalig für einen Zeitraum von 3 Wochen (z. B. Urlaub) verlegt werden.

Die Urinkontrollen müssen an mindestens 3 kurzfristig angesetzten Terminen über die Zeitdauer eines Jahres erfolgen.

Welchen klinischen Laborwert muss eine Befundmitteilung über Urinkontrollen für forensische Zwecke insbesondere im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik enthalten:

Phosphatspiegel

Harnsäurekonzentration

Harnstoffwert

Kreatiningehalt

Cystatin-C-Anteil

Bei Hinweisen auf Vernachlässigung oder Gesundheitsgefährdung von Kindern aufgrund des Alkoholproblems eines Elternteils kann ein Familiengericht in Sorgerechtsfällen eine Abklärung veranlassen. Welche Untersuchung kommt dabei am ehesten zur Anwendung?

Blutuntersuchung auf Ethanol

Serumbestimmung auf Begleitalkohole

Haaranalyse auf EtG

Urinkontrolle auf „carbohydrate-deficient transferrin“

Atemalkoholkonzentrationsmessung

Bei Untersuchungen im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik (Analyse auf EtG) sollten die Kopfhaare in der Regel nicht koloriert sein. Welche Bedingungen oder Alternativen können bei kolorierten Kopfhaaren am ehesten trotzdem zu einem verwertbaren Befund führen?

Es können Achsel- oder Schamhaare eingesetzt werden, wenn keine unkolorierten Kopfhaare zur Verfügung stehen sollten.

Es können kolorierte Kopfhaare in den ersten 6 Monaten eingesetzt werden, wenn in den zweiten 6 Monaten eine Urinkontrolle mitläuft.

Es können in Strähnen gebleichte Haare eingesetzt werden, wenn eine Abtrennung und Untersuchung ungebleichter Haare möglich ist.

Es können gefärbte Kopfhaare eingesetzt werden, wenn der entsprechende Färbevorgang mindestens 4 Wochen zurückliegt.

Es können gebleichte Kopfhaare eingesetzt werden, wenn lediglich ein EtG-Kontrollprogramm vorgesehen ist.

Folgende Aussage gilt nicht im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung:

Bei Verdacht auf Medikamentenmissbrauch ist eine Laboruntersuchung zur Abklärung erforderlich.

Bei Verdacht auf Umgang/Konsum von synthetischen Cannabinoiden (Spice) sind entsprechende Laboruntersuchungen zur Abklärung erforderlich.

Bei Hinweis auf früheren Opiat-/Opioidkonsum muss zwingend eine Erweiterung des polytoxikologischen Screenings gem. den allgemeinen CTU-Kriterien vorgenommen werden.

Beweissichere positive chemisch-toxikologische Befunde sind zwingend auch unterhalb der Mindestanforderungen an die Bestimmungsgrenze anzugeben.

Bei positiven Immunoassay-Befunden reicht deren Mitteilung auch ohne chromatographische Überprüfung, wenn der Klient nicht dagegen aufbegehrt.

Bzgl. einer Verfälschung von Untersuchungsmaterial gilt folgendes nicht:

Durch Zugabe von Seife zu einer Urinprobe kann der Immunoassay gestört werden.

Durch Coloration kann EtG aus Haaren ausgewaschen werden.

Durch Coloration können Drogensubstanzen aus Haaren ausgewaschen werden.

Durch Verwendung eines Haarwassers, das zwar kein EtG, aber Ethanol enthält, kann bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ein positiver EtG-Befund erklärt werden.

Durch Aufnahme großer Flüssigkeitsmengen kann ein Urin verdünnt werden.

Bei einer 23-jährigen Frau soll die Abstinenz nach einem früheren Betäubungsmittelkonsum mit Polytoxikomanie u. a. mit einer Haaranalyse überprüft werden. Die Klientin gibt an, seit einem Jahr clean zu sein. Der Nachweis, welches Metaboliten von Cannabis bzw. Cocain bei der Haaranalyse würde bei einem fortbestehenden Konsum am ehesten gegen diese Behauptung sprechen?

Tetrahydrocannabinol

Benzoylecgonin

Ecgoninmethylester

Cannabidiol (CBD)

THC-Carbonsäure

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Musshoff, F., Madea, B. Forensisch-toxikologische Eignungsuntersuchungen. Rechtsmedizin 26, 149–165 (2016). https://doi.org/10.1007/s00194-016-0084-3

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