Die Schultergelenke sind die beweglichsten Gelenke unseres Körpers. Diese Mobilität muss jedoch zu Ungunsten einer gewissen Instabilität in Kauf genommen werden, was v. a. im Sport zu einer hohen Anzahl von Schulterverletzungen führt.

Die am wenigsten stabile Position für die Schulter besteht in einer Abduktion von 90 Grad, einer Ellbogenflexion von 90 Grad und einer nach vorne zeigenden Hand. Vereinfacht ausgedrückt: Die Schulter ist am schwächsten, wenn Überkopfsportarten wie Schwimmen, Klettern oder jede Art von Werfen ausgeübt werden. Gerade die Stabilisierung des Schultergelenks in komplexen Bewegungsmustern erfordert von den umgebenden Weichteilen Höchstleistungen, die im Laufe der Zeit oft zu pathologischen Auswirkungen führen können.

In diesem Heft versuchen wir, Ihnen den neuesten Stand der Diagnostik und Therapie verschiedenster Formen von Schulter- und Ellenbogenverletzungen insbesondere beim Sportler zu zeigen.

Die SLAP-Verletzung ist nach wie vor Gegenstand aktueller Diskussionen

Die SLAP-Verletzung ist – gerade beim jungen Sportler – nach wie vor Gegenstand aktueller Diskussionen. Im ersten Artikel wird dieses kontroverse Thema von Siebenlist et al. insbesondere dahingehend bearbeitet, welcher Patient von welcher Therapie profitiert und ob die anatomische Rekonstruktion oder die Tenodese verlässlichere Ergebnisse liefert.

Tomanek und Lanz befassen sich detailliert mit der eingangs beschriebenen großen Beweglichkeit des Schultergelenks und geben Antworten auf die Frage, warum diese vor allem beim Überkopfsportler zu spezifischen Problemen der Schulterinstabilität führt. Aufgrund der Komplexität des Bewegungsmusters und der unterschiedlichen Muskelaktivierung lohnt es sich, diesen Formenkreis näher zu beleuchten.

Gerade das Bewegungsmuster der Wurfbewegung zeigt, dass nicht allein das Glenohumeralgelenk, sondern vor allem auch die Bewegung des Schulterblatts am Brustkorb entscheidend für eine physiologische Bewegung ist. Eigenschink et al. beleuchten neue elektrostimulatorische Therapiemöglichkeiten, die genau an der Korrektur dieses Bewegungsmusters ansetzen. Nach dem Motto „Nicht alles ist Impingement“ soll gerade beim Sportler ein besonderes Augenmerk auf den Pathomechanismus des Schulterschmerzes gelegt werden, um hier auch wertvolle Tipps für die Praxis geben zu können.

Beim Wurf- und Überkopfsportler sind die nervalen Strukturen sehr hohen Belastungen ausgesetzt

Eine Entität, welche oft beim Wurf- und Überkopfsportler vernachlässigt wird, sind Nervenläsionen im Schulterbereich. Aufgrund der hohen Winkelgeschwindigkeiten und starken muskulären Aktivität sind die nervalen Strukturen sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Stark und Wirth zeigen dies daher in ihrem Artikel „Nervenspezifische Therapieansätze“ im Einzelnen auf.

Nicht nur die Schulter, sondern auch der Ellenbogen ist im Sport, und gerade bei den Wurfsportarten, hohen Anforderungen ausgesetzt.

Daher beleuchten Burkhart et al. in dieser Ausgabe die spezifischen Probleme des Ellenbogens in den verschiedenen Sportarten strukturiert – von der konservativen bis zur operativen Therapie. Außerdem sind insbesondere die großen Sehnen, die das Ellenbogengelenk führen, vor allem im Kraftsport großen Belastungen ausgesetzt und somit stark verletzungsanfällig. Mathias Ritsch stellt seine Expertise mit diesem speziellen Patientengut vor und zeigt Behandlungsstrategien auf.

Je tiefer man in das Thema der Sportverletzungen von Schulter und Ellenbogen eintaucht, desto weiter entfernt man sich vom allgemeingültigen Diagnose- bzw. Therapie-Kochbuch. Umso mehr gilt es, auf dem Boden einer adäquaten Untersuchung eine korrekte Diagnose zu stellen, die alle Facetten des sportspezifischen Bewegungsmusters berücksichtigt, und dann basierend auf Evidenz und Expertenerfahrung eine individuelle, für die Einzelperson maßgeschneiderte Therapielösung zu finden.

Wir wünschen unseren Lesern viel Vergnügen bei der Lektüre dieses spannenden und immer weiter in die Tiefe gehenden Themas!

Dr. med. Philipp R. Heuberer

Prof. Dr. med. Sebastian Siebenlist