Die orthopädische Chirurgie ist ein dynamisches medizinisches Fachgebiet mit schnellen und innovativen Fortschritten. In jüngster Zeit wurden so vielversprechende neue Technologien in der Knieendoprothetik entwickelt und klinisch eingesetzt. Darunter fällt auch die patientenspezifische Instrumentierung (PSI), welche eingeführt wurde, um die Implantationstechnik der Knietotalendoprothese (Knie-TEP) zu vereinfachen und präziser und effizienter zu gestalten als die konventionelle Instrumentierung. Dennoch gibt es kritische Argumente gegen die PSI für den Routineeinsatz. Das Ziel dieses Artikels ist es, Vorteile und Grenzen der PSI für die primäre Knie-TEP zu beschreiben.

Hintergrund

Die Gonarthrose stellt eine der häufigsten Krankheitsbilder in der Orthopädie dar. Aufgrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten wird diese weiter zunehmen [30]. Die Gonarthrose betrifft schätzungsweise > 40 Mio. Menschen in Europa und hat für das Knie ein Lebenszeitrisiko von 45 % [25, 42]. In der Bevölkerungsgruppe über 60 Jahre leiden 10 % der Männer und 13 % der Frauen an einer symptomatischen Gonarthrose [69].

Die Implantation einer Knie-TEP ist eine sehr effektive Behandlung für Patienten mit konservativ ausbehandelter endgradiger Gonarthrose. Sie führt zu guten Ergebnissen hinsichtlich Rückkehr zu Alltagsaktivitäten, guten Überlebensraten und einem deutlichen Funktionsgewinn [8]. Die Befriedigung der funktionellen Erwartungen von Patienten, die sich einer Knie-TEP unterziehen, bleibt ein wichtiges chirurgisches Ziel. Die Knietotalendoprothetik, wie sie aktuell praktiziert wird, ist das Ergebnis von fast 150 Jahren Verständnis der Biomechanik des Knies sowie der ständigen Weiterentwicklung von Prothesenmaterialien und Operationstechniken gepaart mit akribischer Auswertung von klinischen Langzeitergebnissen [31]. Die Erwartungen der Patienten in Bezug auf die Ergebnisse nach der Implantation einer Knie-TEP haben sich im Laufe der Zeit verändert. Viele Patienten unterziehen sich heute einer Knie-TEP in der Hoffnung, nicht nur wieder gehen, sondern auch Sport oder Aktivitäten mit hoher körperlicher Beanspruchung ausüben zu können.

Bis zu 20 % der Knie-TEP-Patienten bleiben unzufrieden

Trotz aller bisherigen Fortschritte in der Operationstechnik und im postoperativen Management über die Jahre bleiben bis zu 20 % der Knie-TEP-Patienten unzufrieden [46]. Dieser hohe Prozentsatz an unzufriedenen Patienten nach Knie-TEP war und ist die Triebfeder für weitere Forschung und Neuentwicklungen in der Knieendoprothetik. Verschiedene Arten neuer Technologien wurden entwickelt, um die chirurgische Genauigkeit zu verbessern – als Ergebnis hofft man auf eine Verbesserung der Patientenzufriedenheit nach Knie-TEP. Technologien wie patientenspezifische Instrumentierung (PSI), Navigation, intelligente Werkzeuge, Computer- oder robotergestützte Chirurgie (CAS) zielen darauf ab, die Operation zu individualisieren, die Anatomie und das Bandspiel jedes Patienten zu berücksichtigen, die Präzision der chirurgischen Planung in 3 Dimensionen (3-D) und die Implantatpositionierung zu verbessern sowie die Ausrichtungsgenauigkeit und -zuverlässigkeit zu erhöhen. Neue Technologien haben jedoch oft ihre Grenzen und einige Nachteile. Daher ist das Wissen über die Evidenz und Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Technologien entscheidend, um dem Patienten das optimale Outcome ermöglichen zu können.

Patientenspezifische Instrumentierung

Mit der Idee, technische Schwierigkeiten und die Invasivität der Standard-Knie-TEP zu reduzieren, wurde eine neue Operationstechnik entwickelt, bei der patientenspezifische Instrumente zur Durchführung der Knie-TEP verwendet werden. Die PSI wird auch als maßgefertigte Instrumentierung oder in Englisch „patient-matched instrumentation“, „custom-fit instrumentation“ oder „custom-made instrumentation“ bezeichnet [6, 29, 45].

Mittels PSI sollte der operative Prozess in der täglichen Praxis rationalisiert und die Sägegenauigkeit erhöht werden. Eines der Ziele bei der Entwicklung dieser Technologie war es, die Vorteile der CAS, wie z. B. verbesserte Ausrichtung, Genauigkeit und Prothesenpositionierung sowie Reduktion der Ausreißer, zu nutzen und deren Nachteile zu vermeiden. Zu Letzterem zählen längere Operationszeiten, höhere Kosten, Fehler bei der Landmarkenerfassung, Pin-Lockerungen und Frakturen [33].

Planung

Als Grundlage für die Planung und Herstellung der Instrumente dient eine präoperativ durchgeführte Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) in Kombination mit stehenden, anteroposterioren Ganzbein-Röntgenbildern [43]. Die aktuelle Literatur hinsichtlich CT- oder MRT-Bildgebung-begünstigender Ergebnisse ist jedoch kontrovers [34, 54, 62]. Nach der Bildgebung wird mithilfe einer spezialisierten Software, basierend auf spezifischen Algorithmen der einzelnen Hersteller, ein exaktes 3‑D-Modell des Knies des Patienten generiert. Aus diesem 3‑D-Modell können folgende anatomische Landmarken extrahiert werden: Femurkopfmitte, distale Schaftmitte (femorale Notch), posteriore mediale und laterale Kondylen, mediale und laterale Epikondylen, distale mediale und laterale Kondylen; distale und proximale Tibiamitte, mediolaterale und anteroposteriore Begrenzung des Tibiaplateaus. Anhand dieser Landmarken werden die knöchernen Resektionen geplant. Anschließend werden die exakte Knochenresektionstiefe und die notwendigen Knochenresektionswinkel, die Implantatposition, -rotation und -größe bestimmt. Auf der Grundlage dieses Plans werden Einweg-Resektionsblöcke hergestellt, die der individuellen Anatomie des Patienten entsprechen und angepasst sind. Hierbei verwenden unterschiedliche Hersteller unterschiedliche Auflagepunkte auf dem Knochen oder Knorpel.

Das Planungstool ermöglicht auch die Berücksichtigung der vom Chirurgen präferierten Ausrichtung der Prothese (mechanisch, anatomisch, kinematisch). Dieses Vorgehen erlaubt dem Chirurgen, frühzeitig Kenntnisse über die Größe und die Lage der Knochenresektionen in den jeweiligen Gelenkabschnitten zu erhalten und somit die Größe und Positionierung des Implantats zu antizipieren – so kann ein patientenindividueller Operationsplan entwickelt werden. Die erwarteten Vorteile dieser Technologie sind, dass die angestrebte postoperative Ausrichtung reproduzierbarer ist, die Operationszeit verkürzt und das gesamte Verfahren effizienter und kostengünstiger wird.

Im Vergleich zur konventionellen Planung an der Ganzbeinaufnahme und der 2‑D-CT-basierten Planung zeigt die 3‑D-Planung weitere Vorteile [16, 48]: Vermeidung von Fehlern aufgrund von Vergrößerungseffekten und variabler Patientenpositionierung während des Röntgens und die Bereitstellung einer echten dreidimensionalen Abbildung der zugrundeliegenden Anatomie sowie genaue Informationen über die Knochenqualität. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die 3‑D-CT-basierte präoperative Planung der Knie-TEP eine höhere Genauigkeit aufweist als die 2‑D-Röntgenbild-basierte präoperative Planung [16, 48]. Einzige Bedenken bezüglich der 3‑D-CT-basierten Planung der Knie-TEP bestehen darin, dass momentan die Kosten und die Strahlendosis für die Patienten im Vergleich zu konventionellen Röntgenbildern höher ausfallen [40]. Darüber hinaus wird die CT in einer nichtbelasteten Position durchgeführt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

a Hip-Knee-Ankle-Winkel (HKA) und Hip-Knee-Shaft-Winkel (HKS). b „Joint line convergence angle“ (JLCA), definiert als Gelenklinienwinkel zwischen den distalen Kondylen und dem Tibiaplateau; distaler α‑Winkel (auch femoraler mechanischer Winkel FMA), gemessen zwischen der distalen femoralen Gelenklinie und der femoralen mechanischen Achse (gerade Linie vom Hüftkopfzentrum zur femoralen Notch); β‑Winkel (auch tibialer mechanischer Winkel TMA), gemessen zwischen der Tangente zur proximalen Tibiaoberfläche und der tibialen mechanischen Achse (gerade Linie vom Zentrum der proximalen Tibia durch das Sprunggelenkzentrum). c Posteriorer α‑Winkel, definiert als Winkel zwischen der femoralen mechanischen Achse und der posterioren Kondylenachse (Tangente zur posterioren Kondylen); „transepicondylar axis“ (TEA). d Posteriorer proximaler Tibiawinkel (PPTA), Winkel zwischen der Tangente zur gesunden Tibiaplateauseite und der mechanischen Achse (posteriorer Tibiaslope). e Präoperative klinische Information bereitgestellt durch den Chirurgen. f Anmerkungen vom Chirurgen. (Mit freundlicher Genehmigung Symbios Orthopédie SA, Schweiz)

Nachdem der provisorische Plan vom operierenden Chirurgen, nach allfälligen Anpassungen, validiert wurde, wird der Auftrag zur Produktion freigegeben und die Prothese und Instrumente können produziert werden (meist mittels 3‑D-Druck; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Planungsbericht für eine patientenspezifische Knietotalprothese auf Grundlage der präoperativen Computertomographie. In der Planung wird die Ausrichtung der Prothesenkomponenten angegeben mit den jeweiligen Sägeschnitten. Als Basis dafür dient die Ganzbeinaufnahme (links). (Mit freundlicher Genehmigung Symbios Orthopédie SA, Schweiz)

Genauigkeit

Obwohl die Bedeutung einer neutralen mechanischen Achse für den langfristigen Erfolg der Knie-TEP in Frage gestellt wurde [2, 3, 5, 9,10,11, 22, 50], bleibt eine neutrale mechanische Beinachse ein angestrebtes Ziel für die meisten Chirurgen, die eine Knie-TEP durchführen [33, 38, 50]. In mehreren Studien, systematischen Reviews und Metaanalysen wurde die Effektivität von PSI hinsichtlich der Reproduzierbarkeit einer neutralen, mechanischen Achse untersucht [4, 14, 17, 20, 24, 36, 37, 53, 55,56,57, 60, 61, 65]. Boonen et al. untersuchten in einer prospektiven, doppelblinden, kontrollierten Studie 180 Patienten, die für PSI- oder Standard-Knie-TEP randomisiert wurden [12, 13]. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied in der mittleren mechanischen Achse oder im Prozentsatz der Ausreißer in der mechanischen Achse zwischen den Gruppen. Des Weiteren wurde weder für die Ausrichtung der einzelnen Komponenten in der Frontalebene noch für den Prozentsatz der Ausreißer ein statistisch signifikanter Unterschied gefunden. Die Autoren schlossen daraus, dass sich diese Ergebnisse in Bezug auf das Erreichen einer neutralen mechanischen Achse und korrekter Prothesenpositionierung nicht zwischen den Gruppen unterschieden.

Auch andere Studiengruppen konnten hinsichtlich Ausreißer keine signifikanten Unterschiede nachweisen [1, 23, 39, 52, 68]. Roh et al. beispielsweise verglichen die Inzidenz von Ausreißern im postoperativen Alignment von 50 PSI- und 50 Standard-Knie-TEPs und fanden vergleichbare Ergebnisse (12 % in der PSI- und 10 % in der Standard-Gruppe; [52]). Hingegen konnten Victor et al. in der PSI-Gruppe deutlich mehr koronare (15 %) und sagittale tibiale Ausreißer (21 %) aufzeigen als in der Kontrollgruppe (3 %). Die femoralen Ausreißer unterschieden sich nicht signifikant [63]. Andererseits zeigten Vide et al. gegenläufige Ergebnisse mit einer höheren Zahl an Ausreißern im koronaren Alignment in der Standard-Knie-TEP-Gruppe im Vergleich zur PSI-Gruppe [64]. Hinsichtlich axialer Prothesenpositionierung zeigte eine detaillierte Intent-to-treat- und Per-protocol-Analyse von PSI- und Kontroll-Knie-TEP-Gruppen keine signifikante Verbesserung durch PSI [66].

Chareancholvanich et al. verglichen die Genauigkeit der Beinausrichtung und Komponentenpositionierung nach Knie-TEP unter Verwendung von PSI und der konventionellen Technik. Es wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich des tibiofemoralen Winkels oder der femoralen Komponentenausrichtung gefunden [15]. Parratte et al. stellten 2013 die Hypothese auf, dass PSI die Genauigkeit der Rotationsausrichtung bei der Knie-TEP verbessern könne [49]. Die Autoren verglichen die Positionierung der Implantate in 2 Gruppen von 40 Patienten und fanden keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der frontalen und sagittalen Positionierung der Implantate. Die mittlere tibiale Rotation betrug 8º Innenrotation in der PSI-Gruppe und 15º Innenrotation in der Kontrollgruppe (nicht signifikant). Gan et al. hingegen konnten in ihrer Studie für die PSI-Gruppe eine höhere Gesamt-Genauigkeit aufzeigen [19].

Diverse Metaanalysen der letzten Jahre kamen zu ähnlichen Ergebnissen: Weder Thienpont et al., Shen et al. noch Russell et al. fanden Ergebnisse zugunsten der PSI-Knie-TEP [53, 57, 61]. Die Metaanalyse von Fu et al. mit 10 eingeschlossenen RCTs bestätigte die oben erwähnten Ergebnisse von Victor et al. mit erhöhten tibialen Ausreißern in der koronaren Ebene in der PSI-Gruppe [17]. Mannan et al. demonstrierten in ihrem systematischen Review eine PSI-begünstigende femorale, axiale Ausrichtung [36]. Eine andere Metaanalyse bestätigte diese Ergebnisse, allerdings auf Kosten eines erhöhten Risikos von Ausreißern in der tibialen Komponentenausrichtung [60].

Die meisten Arbeiten postulieren keine statistisch signifikanten Effekte zugunsten der Genauigkeit der PSI- gegenüber der Standard-Knie-TEP. Aber sie berichten im Allgemeinen auch nicht, dass die Genauigkeit mit PSI schlechter sei. Insgesamt überwiegen Studien, die eine bessere Komponentenpositionierung, insbesondere in der Sagittalebene und weniger Ausreißer in der mechanischen Achse beschreiben (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Mittels 3‑D-Druck gefertigte patientenspezifische Instrumente, welche auf Grundlage der präoperativ durchgeführten Bildgebung hergestellt werden und sich an anatomischen Landmarken orientieren. Femorale (ad) und tibiale (eh) Sägeschablone, welche an definierten anatomischen Landmarken positioniert wird. Die definitive Prothese besteht weiterhin aus Kobalt-Chrom oder Titan. (Mit freundlicher Genehmigung Symbios Orthopédie SA, Schweiz)

Klinische und funktionelle Resultate

Nur wenige systematische Reviews und Metaanalysen haben klinische und funktionelle Resultate mittels „patient-reported outcome measures“ (PROMS) evaluiert [21, 24, 26, 33, 35, 67]. Eine Autorengruppe hat 2019 eine aufwändige Metaanalyse mit 38 Studien und insgesamt über 3400 eingeschlossenen Patienten nach Knie-TEP durchgeführt und im Besonderen auch klinische Ergebnisse nach PSI-Knie-TEP detailliert aufgearbeitet [26]. In einer Nachuntersuchungsperiode von unter einem Jahr wie auch über einem Jahr konnte für die PSI-Knie-TEP keine verbesserten PROMs im Vergleich zum Standard-Knie-TEP gezeigt werden. Auch Huijbregts und Mannan et al. schlussfolgerten, basierend auf ihren Metaanalysen, dass PSI die kurzzeitigen funktionellen Resultate nicht klinisch bedeutsam verbessere [24, 35]. Ähnliche Erkenntnisse lieferte das diesjährige publizierte 5‑Jahres-Follow-up von Moorthy et al., die in einer prospektiven Studie das klinische Outcome und die Lebensqualität von 60 PSI- und Standard-Knie-TEP-Patienten erfassten. Auch sie konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen feststellen [41].

Es gibt also genügend Konsens unter den veröffentlichten Studien, um festzuhalten, dass es kurz- und mittelfristig keinen Unterschied in den klinischen und funktionellen Ergebnissen zwischen Patienten gibt, die mit PSI oder in der konventionellen Technik operiert wurden.

Operationsdauer und Blutverlust

In der Theorie sollte PSI die Operationsdauer und den Blutverlust aufgrund der Vereinfachung der operativen Schritte reduzieren [33]. Denn beim PSI-Verfahren ist es nicht notwendig, für die Prothesenausrichtung den Markraum zu eröffnen, da keine Stäbe in den Ober- und Unterschenkelknochen eingebracht werden müssen. Ein potenzieller Vorteil ist ein reduzierter Blutverlust und eine geringere Transfusionsrate. Auch der einfachere Arbeitsablauf durch die individuellen Resektionsblöcke reduziert potenziell die Operationszeit. Eine lange Operationszeit ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für eine postoperative Infektion [51] und eine tiefe Venenthrombose (TVT; [18]). Daher wurde erwartet, dass PSI das postoperative Infektionsrisiko und die TVT-Rate reduziert.

Kizaki et al. haben in ihrer großen Metaanalyse mit über 3400 eingeschlossenen Patienten diese Hypothesen kritisch überprüft [26]. Weder wurde eine kürzere Operationszeit noch eine geringere Komplikationsrate für die PSI-Knie-TEP festgestellt. Lediglich der intraoperative Blutverlust erwies sich als niedriger im Vergleich zur Standardtechnik, jedoch mit unveränderter Transfusionsrate [26]. Andere Metaanalysen konnten ähnliche Resultate feststellen [56, 57, 65]. Lediglich Thienpont et al. konnten in einer großen Metaanalyse von 3480 zusammengeführten Knien aus 26 Studien eine um 4,4 min verkürzte Operationsdauer bei einem um 37,9 ml reduzierten Blutverlust feststellen [60].

Effizienz und Kosten

Einer der postulierten Vorteile der PSI ist eine Steigerung der Effizienz und damit eine Senkung der Kosten. Eine der wenigen Studien zu den perioperativen Kosten stammt von Barrack et al. [7]. Die Verwendung patientenspezifischer Instrumente führten zu bescheidenen Kosteneinsparungen für die nicht notwendige Aufbereitung der Instrumente (322 USD). Diese Einsparungen wurden jedoch übertroffen durch die Kosten für die Bildgebung und Schablonen, die pro Fall etwa 1775 USD mehr ausmachten als die Einsparungen bei der Instrumentenaufbereitung [7]. Auch Nunley et al. kamen in ihrer Kosteneffektivitätsanalyse nur auf ein Gesamtkostenersparnis von 291 USD pro PSI-Fall und schlussfolgerten, dass dies die Kosten für die Resektionsblöcke und die zusätzliche Bildgebung nicht aufwiege und daher nicht kosteneffektiv sei [47].

Hinsichtlich Krankenhausverweildauer zeigten die Mehrzahl der Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen der PSI- und der Standard-Knie-TEP-Gruppe [1, 13, 20, 28, 32]. Wenige Autoren konnten jedoch auch eine kürzere Verweildauer für die PSI-Gruppe vorweisen [24, 44, 45].

In Bezug auf die ökonomischen Aspekte hat ein Markov-Entscheidungsmodell zur Analyse der Kosteneffektivität der routinemäßigen Anwendung von PSI gezeigt, dass aufgrund der erhöhten Kosten, bedingt durch die Bildgebung und Herstellung der maßgefertigten Instrumente, diese Technologie nicht kosteneffektiv sei [58]. Die Autoren fügten jedoch hinzu, dass eine allfällige Reduktion der Revisionsrate im Laufe der Zeit durch PSI die Kosteneffizienz steigern könne, und postulierten, dass dafür eine längerfristige Nachbeobachtung erforderlich wäre. Die Studiengruppe von Klasan et al. hat im vergangenen Jahr Registerdaten auf diese Frage hin untersucht und keine signifikanten Unterschiede der Revisionsrate der untersuchten Implantate zwischen den Gruppen gefunden [27]. Der Nachbeobachtungszeitraum war 7 Jahre.

Was sagt der Experte – ein Ausblick

Die Integration von Technologie in bewährte, traditionelle Operationstechniken hat während den letzten Jahren die Orthopädie gefordert. Eine nahezu unüberschaubare Flut von Angeboten betreffend neuen Prothesendesigns, computerassistierten Systemen, Operationsrobotern, individualisierter Prothesen- und Instrumentenherstellung und 3‑D-Druck-Produkte haben die vergangene Dekade gezeichnet. Der Wert jeder neuen medizinischen Technologie hängt von ihrem Potenzial ab, die klinischen Ergebnisse im Vergleich zu bereits etablierten Technologien zu verbessern. Jede neue Technologie muss in Bezug auf Wirksamkeit, Effektivität, Nutzen und Vorteil evaluiert werden und muss entweder eine erhöhte Wirksamkeit im Vergleich zu bestehenden Technologien oder gleichwertige Ergebnisse bei reduzierten Kosten generieren. Aufgrund der aktuellen Studienlage kann geschlossen werden, dass die patientenspezifische Instrumentierung in der Knietotalprothetik im Vergleich zur Standard-Knie-TEP bei Patienten mit fortgeschrittener Gonarthrose nicht per se ein besseres postoperatives Ergebnis zeigt. Auch die Operationszeit und Transfusionsrate weisen keinen signifikanten Unterschied auf, lediglich wurde ein leicht reduzierter Blutverlust bei der PSI-Knie-TEP gefunden. Hinzu kommen die höheren Kosten durch das PSI-Design.

Die PSI zeigt theoretische und praktische Vorteile

Neue Technologien bieten jedoch auch praktische Vorteile, die schwer zu objektivieren sein können. PSI weist zahlreiche theoretische Vorteile auf, die es zu einer attraktiven Alternative zur Standard-Knie-TEP für die Knieprothetik-Chirurgie macht. Obwohl die aktuell vorliegenden Studienergebnisse die PSI-Technologie hinsichtlich vieler messbarer Kriterien nicht eindeutig von der Standardtechnik abhebt, zeigt die PSI folgende theoretische und praktische Vorteile: Sie bietet die Möglichkeit der Planung vor der Operation mit einem computergestützten virtuellen 3‑D-Modell. Dies erlaubt die Optimierung von Entscheidungen nicht nur in der koronaren, sondern auch in der sagittalen und transversalen Ebene – und somit die Vertrautmachung mit jedem einzelnen Knie sowie die Reduktion des Unerwarteten während der Operation. Dieser Mehrwert ist ein praktischer Nutzen, der nicht mittels randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) abgebildet werden kann. Ein weiterer Vorteil bietet die PSI in besonders komplexen Fällen (extraartikuläre Deformitäten, in situ liegendes Osteosynthesematerial, in Fehlstellung verheilte Fraktursituationen, starker tibialer und femoraler Knochenverlust). Diese Fälle stellen eine erhebliche Schwierigkeit für die präoperative Planung dar, und es können einige intraoperative technische Schwierigkeiten auftreten, wie z. B. die Verwendung von intramedullären Stäben. In diesen ausgewählten Fällen kann die PSI von erheblichem Nutzen sein.

Was ist die Zukunft und Anwendbarkeit dieser Technologie? Aktuell gibt es keine abschließende Antwort darauf, die Literatur in diesem Gebiet ist begrenzt. Weitere Studien, insbesondere in Form von unbefangenen RCTs, sind erforderlich, um alle Vor- und Nachteile dieser Technologie gründlicher zu evaluieren. Insbesondere wird es nötig sein, den exakten Anwendungsbereich der PSI-Technologie zu definieren, speziell in Bezug auf High- und Low-volume-Chirurgen. Darüber hinaus sind Studien mit Langzeitbeobachtung und größeren Stichproben erforderlich, um festzustellen, ob die postulierten Vorteile zu verbesserten klinischen und funktionellen Ergebnissen, einer höheren Patientenzufriedenheit und Implantatüberlebensdauer sowie einer verringerten Revisionsrate führen [59].

Fazit für die Praxis

  • Mittels PSI sollte der operative Prozess in der täglichen Praxis rationalisiert und die Sägegenauigkeit erhöht werden.

  • Eine präoperative Planung der Knie-TEP mittels 3‑D-CT weist gegenüber 2‑D-Röntgenbildern eine höhere Genauigkeit auf.

  • Insgesamt überwiegen Studien, die eine präzisere Komponentenpositionierung insbesondere in der Sagittalebene und weniger Ausreißer in der mechanischen Achse beschreiben.

  • Kurz- und mittelfristig gibt es keinen Unterschied in den klinischen und funktionellen Ergebnissen zwischen Patienten, die mit PSI oder der konventionellen Technik operiert wurden.

  • Die PSI-Technik reduziert weder die Operationszeit noch die Komplikationsrate; lediglich der intraoperative Blutverlust erweist sich als niedriger im Vergleich zur Standardtechnik, jedoch mit unveränderter Transfusionsrate.

  • Aufgrund der erhöhten Kosten, bedingt durch die Bildgebung und Herstellung der maßgefertigten Instrumente, ist die PSI-Technologie aktuell nicht kosteneffektiv.