Liebe Leserin, lieber Leser,

in den letzten beiden Jahrzehnten wurden in der Behandlung der Rotatorenmanschette große Fortschritte erzielt. Dies betrifft praktisch alle Bereiche, begonnen vom biomechanischen und biologischen Verständnis über die Diagnostik bis hin zur Therapie und der Rehabilitation. Während vor 20 Jahren für viele Probleme noch ganz unterschiedliche Erklärungen und Therapieformen bestanden, hat die Verdichtung des Wissens zu einer Annährung der Therapieformen geführt. Zwar besteht in vielen Bereichen noch kein eigentlicher Goldstandard, aber die grundsätzlichen Therapieansätze werden immer ähnlicher, und der Diskurs dreht sich mehr um Details als um grundsätzliche Fragen.

Der praktisch tätige Arzt steht jeden Tag vor kniffligen Fragen und Entscheidungen

Trotzdem steht der praktisch tätige Arzt jeden Tag vor kniffligen Fragen und Entscheidungen, über die es noch (zu) wenige klare Antworten gibt. In diesem Heft werden, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige Themen aufgegriffen, die uns in unserer täglichen Arbeit begegnen und vor offene Fragen stellen oder Probleme bereiten.

Häufige Fragestellungen in der Beratung des Patienten in der Sprechstunde ist einerseits der Aspekt der Genese einer Ruptur und die Frage nach dem zu erwartenden Outcome einer Rekonstruktion. Die erste Frage wird von den Versicherungen sowohl an den Patienten als auch an den behandelnden Arzt herangetragen. Sie ist eine häufige Ursache für Unsicherheiten und Ärger, da hier alte Ansichten und neues Wissen aufeinanderprallen und häufig subjektives Empfinden und objektivierbare Aspekte divergent sind. Daher braucht es klare Leitlinien sowohl für die Beratung unserer Patienten als auch in der Diskussion gegenüber den Versicherungen.

Die zweite Frage ist die natürliche Frage eines Patienten, der vor einer Operation steht. Zwar ist es mittlerweile möglich, einigermaßen gut mit generellen Statistiken zu argumentieren, aber noch immer bereitet uns die individuelle Beratung des Patienten mit seinem ganz eigenen Risikoprofil Mühe.

Aus dem Bereich der operativen Behandlung haben wir zwei Bereiche gewählt. Einerseits haben wir die Fixationssysteme herausgegriffen. Trotz verschärfter Zulassungsbestimmungen werden uns von der Industrie immer wieder neue Anker- und Fixationssysteme zur Verfügung gestellt, die zu den bisherigen in Konkurrenz stehen. Was gilt nun? Wie sollen wir uns entscheiden?

Der zweite Bereich ist die Behandlung von Massenrupturen und (partiell) irreparablen Rupturen. Hier bewegen wir uns im Grenzbereich des Möglichen, und dadurch werden definitionsgemäß Grenzfragen aufgeworfen. Was geht noch wie lange und mit welchen Resultaten? Gelingt es uns, die Grenze weiter zu verschieben? Was bringen neue Therapieansätze?

Es freut uns sehr, dass wir für dieses Heft renommierte Autoren gewinnen konnten, die durch ihre jahrelange Beschäftigung mit den Aspekten ihrer Beiträge zu Experten in diesen Bereichen geworden sind. Dadurch, dass sie mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ihre Erfahrungen teilen, hoffen wir, Ihnen eine Hilfestellung in der täglichen Arbeit in der Sprechstunde und im OP geben zu können. Sie sollen Ihnen einige Entscheidungen erleichtern und damit helfen, Ihre Patienten optimal zu beraten und zu versorgen!

Dr. Matthias Flury

Dr. Andreas Marc Müller