Das Hüftgelenk besitzt aufgrund der anatomisch tiefen Lage mit einem sehr kräftigen Muskelmantel und der weit umschließenden Hüftpfanne eine Ausnahmestellung bei den großen Gelenken. Durch die schwere Erreichbarkeit der azetabulären Gelenkfläche bei offenen Eingriffen spielte die Knorpeltherapie am Hüftgelenk im letzten Jahrhundert keine wesentliche Rolle, da sowohl Operateure als auch Patienten die invasiven operativen Eingriffe scheuten. So galt die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks lange Zeit als Goldstandard in der Behandlung von Knorpelschäden der Hüfte. Gelenkerhaltende operative Therapien umfassten vornehmlich extraartikuläre Korrekturen von Deformitäten mittels Becken- und Femurosteotomien bei Dysplasie, Femurosteotomien nach Epiphysiolysis capitis femoris sowie Osteotomien, Anbohrungen und Knochentransplantationen bei Hüftkopfnekrose.

Mit Beginn des neuen Jahrtausends entwickelten sich jedoch durch das bessere Verständnis des femoroazetabulären Impingments sowie die rasante Verbreitung der Hüftarthroskopie neue gelenkerhaltende Therapieoptionen. Spezifische Knorpeltherapien wurden auch ohne chirurgische Hüftluxation rein arthroskopisch möglich. Heutzutage verfügen wir auch an der Hüfte über minimal-invasiv durchzuführende stadiengerechte Therapieoptionen bei Knorpeldefekten. Die Ergebnisse der Knorpeltherapie werden im Hüftmodul des Knorpelregisters der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) erfasst, woraus evidenzbasierte Ergebnisse und Therapieempfehlungen gewonnen werden können.

Während das Labrum acetabulare bei Rupturen lange Zeit lediglich reseziert wurde, hat eine Vielzahl an Studien zu einem besseren Verständnis der Funktionen des Labrums geführt. Klinische Untersuchungen betonen die Bedeutung des Labrums für das sog. „suction seal“, die Gelenkstabilität sowie die Propriozeption. Um die Funktionen bei Labrumschäden wiederherzustellen, liegt heutzutage ein Schwerpunkt der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie auf der Behandlung von Labrumrissen. Bei fortgeschrittenen Labrumschäden und reseziertem Labrum haben sich einige Techniken zur Labrumrekonstruktion aus verschiedenen autologen Materialien entwickelt, die vielversprechende Ergebnisse zeigen.

Ein Schwerpunkt der Hüftchirurgie liegt heute auf der Behandlung von Labrumrissen und Knorpelschäden

Aktuelle klinische Studien untersuchen jedoch nicht nur die chirurgischen Therapiemöglichkeiten, sondern auch die prognostischen Faktoren für gute und schlechte Resultate nach Hüftoperationen. Für die Auswahl des richtigen Operationszeitpunkts und die Indikationsstellung wesentlich ist auch die Kenntnis des natürlichen Verlaufs der Hüftgelenkerkrankungen. Die Ergebnisse der gelenkerhaltenden Chirurgie bei femoroazetabulärem Impingement und Hüftdysplasie sind sehr vielversprechend. Jedoch sind zur Beantwortung der Frage, ob eine Koxarthrose durch gelenkerhaltende Hüftchirurgie verhindert werden kann, noch weitere qualitativ hochwertige Studien notwendig.

Stellt die Prävention der sekundären Koxarthrose eines der Hauptziele der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie dar, so muss auch die Notwendigkeit von Screeninguntersuchungen und Screeningkriterien bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine präarthrotische Deformität mit weiteren Studien beantwortet werden. Diesbezüglich scheint insbesondere die reduzierte Innenrotationsfähigkeit in Beugung ein einfacher klinischer Parameter, um Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein femoroazetabuläres Impingement zu erfassen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre des vorliegenden Themenheftes und danken den Autoren sehr herzlich für die hervorragenden Beiträge!

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Prof. Dr. Hans Gollwitzer

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Prof. Dr. Moritz Tannast