Risse in der Rotatorenmanschette (RM) sind eine häufige Ursache von Schulterschmerzen und Beweglichkeitseinschränkungen der Schulter. Die Ätiologie der Risse ist im Wesentlichen multifaktoriell und altersabhängig. Die drei wichtigsten Faktoren dabei sind die Reduktion der peripheren Durchblutung, der repetitive Stress mit Mikro- und Makrotraumen sowie Verknöcherungen an der Unterfläche des Akromions am Ansatz des akromioklavikularen (AC) Ligaments. Wichtig sind daneben Faktoren wie Rauchen, Diabetes, Hypercholesterinämie und Genetik [2]. Die Altersabhängigkeit des Degenerationsprozesses (internes Impingement) zeigt sich klar in der altersspezifischen Prävalenz von Rotatorenmanschettenrupturen (RMR) in asymptomatischen Schultern. In einer großen Studie von 411 asymptomatischen Probanden fanden sich sonographisch bei den 50- bis 59-Jährigen in 13 % der Fälle Risse, bei den 60- bis 69-Jährigen in 20 %, bei 70- bis 79-Jährigen in 31 % und bei den über 80-Jährigen in 51 % [5].

Trotzdem ist nach wie vor unklar, welche Parameter eine asymptomatische RMR in eine symptomatische konvertieren. Es bedarf einer gewissen Größe, dass Schmerzen auftreten und die Funktion beeinträchtigt wird. Größere symptomatische Risse (>1,5 cm) bei jüngeren Patienten verlaufen mit großer Wahrscheinlichkeit progredient und sollten einer früheren operativen Rekonstruktion zugeführt werden, bevor degenerative Muskel- und Sehnenveränderungen eine Rekonstruktion unmöglich machen [4]. Dasselbe gilt für traumatische Risse bei Patienten unter 60 Jahren, die den Arm nicht mehr halten oder rotieren können, da deren RM wahrscheinlich noch keine signifikanten Altersveränderungen aufweisen. Die beiden Autorengruppen um Wellmann und Siebenlist widmen sich dieser Thematik.

Kleinere Risse und Partialrisse sind hingegen eher einer initial konservativen, den Humeruskopf zentrierenden Therapie zugänglich (assistierte Therapie und Selbsttherapie). So sind sich heute die meisten Schulterspezialisten einig, dass das arthroskopische Débridement bei Partialrupturen nur durch die gleichzeitige Behandlung von Begleitläsionen, wie z. B. einer SLAP-Läsion oder einer Bizepssehneninsuffizienz, Sinn macht und dabei auch die meisten Athleten wieder zurück zum gleichen Sportniveau bringen kann. Die Arbeiten der Gruppen um Braun und Agneskirchner beleuchten diese kontroverse Literaturlage.

Bei Überkopfsportlern ist die RM erheblichem Stress wie Fehlbelastung, Überlastung der Sehneninsertionen und sekundärem Impingement ausgesetzt. Typische Sportarten sind Ballsportarten (Handball, Tennis), Leichtathletik, Rudern und Gewichtheben. Das Erkennen der verschiedenen Läsionsmuster ist auch für den Erfahrenen schwierig, zumal gerade auch bei diesen Sportlern bereits altersabhängige Degenerationsprozesse neben den zusätzlichen Begleitverletzungen vorhanden sind. Mehrere Arbeiten aus den Gruppen von Beitzel, Lehmann, Scheibel und Rose sind dieser Thematik gewidmet.

Über 50 % der RMR entstehen nicht durch traumatische Ereignisse, sondern durch Überlastung („overuse“) und sind Teil des Älterwerdens, so wie der Verlust von Haaren und das Abnehmen der Knochendichte. Trotzdem kann auch die Rekonstruktion der lädierten RM-Sehnen beim über 70-Jährigen Sinn machen. In einer vergleichenden Multizenterstudie ist zwar die Heilung der unter 50-Jährigen deutlich besser, aber der Funktionsgewinn und die Schmerzreduktion sind bei beiden Gruppen gleichwertig [1, 3]. Diese Grenzindikationen werden in den Arbeiten von Heuberer, Scheiderer und Flury aufgegriffen, und neuere Methoden – wie die superiore Kapselrekonstruktion – werden beschrieben.

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A.B. Imhoff