Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Resonanz auf das erste Hüftarthroskopie-Themenheft vom Februar 2006 war überwältigend. Während wir vor 3 Jahren auf die Grundlagen der Hüftarthroskopie eingegangen waren und hierbei Aspekte wie Lagerung, Portaltechnik, arthroskopische Anatomie, sinnvolle Indikationen und Ergebnisse besprochen hatten, soll Ihnen das aktuelle Heft neue Trends, auf der anderen Seite aber auch die Grenzen arthroskopischer Interventionen am Hüftgelenk vorstellen.

Häufig stellt sich die Frage, ob ein arthroskopisches Débridement bei Vorliegen einer Koxarthrose noch sinnvoll ist, oder ob dem Patienten besser eine endoprothetische Versorgung empfohlen werden sollte. Michael Bohnsack und Mitarbeiter aus Bremen/Hannover diskutieren Pro und Contra arthroskopischer Interventionen bei primären und sekundären Knorpelschäden unter Berücksichtigung eigener Nachuntersuchungen und Erfahrungen anderer Arbeitsgruppen.

Wie an anderen Gelenken ist auch am Hüftgelenk die Diskussion entfacht, ob vor einer Umstellungsosteotomie die Notwendigkeit zur diagnostischen und möglicherweise therapeutischen Arthroskopie besteht. Michael Wettstein aus Lausanne beschreibt die Pathogenese der Hüftdysplasie und analysiert intraartikuläre Kollateralschäden, bei denen eine arthroskopische Operation vor oder nach der knöchernen Reorientierung sinnvoll sein kann.

Synoviale Erkrankungen der Hüfte werden nicht selten übersehen, führen jedoch häufig zu einer progredienten Sekundärarthrose. Die Literaturanalyse zeigt Rezidive nach arthroskopischem und offenem Vorgehen, sowohl ohne als auch nach subtotalen Synovektomien. Matthias Kusma und Mitarbeiter aus Homburg/Saar beschreiben charakteristische Befunde, die den Verdacht auf eine synoviale Erkrankung lenken sollten. Vor- und Nachteile des arthroskopischen und offenen Vorgehens bei Synovitiden wie der Chondromatose oder pigmentierten villonodulären Synovitis werden diskutiert.

Neben einem knöchernen Impingement ist kürzlich ein Weichteilimpingement zwischen Schleimhautfalten des Femurkopf-Hals-Übergangs und der Gelenkkapsel vorgestellt worden. Thierry Boyer und Mitarbeiter aus Paris beschäftigen sich als Rheumatologen bereits seit mehr als 20 Jahren mit der Arthroskopie des synovitischen Hüftgelenks. Das pektineofoveale Impingement zwischen medialer Schleimhautfalte und Gelenkkapsel wurde von ihnen erstbeschrieben.

Die Funktion des Ligamentum capitis femoris ist weiterhin nicht vollständig geklärt, diskutiert werden eine Bedeutung zur intrauterinen Blutversorgung des Femurkopfes und seine Funktion als Stabilisator und Rezeptororgan. Christoph Lampert aus St. Gallen geht im Detail auf die verschiedenen anatomischen und biomechanischen Aspekte ein, bevor pathologische Veränderungen des Ligaments und der Fossa acetabuli und die arthroskopische Evaluation und Therapie beschrieben werden.

Insbesondere bei der Behandlung des femoroazetabulären Impingements und der Hüftdysplasie spielt das Labrum acetabulare eine zentrale Rolle. Die Entscheidung über den Erhalt oder die Refixation des Labrum ist hier, über den hohen technischen Anspruch hinaus, auch für den erfahrenen Hüftarthroskopeur gelegentlich schwierig. Die Arbeitsgruppe um Hassan Sadri aus Genf/Riaz stellt ihren Behandlungsalgorithmus in Abhängigkeit von Verletzung und zugrundeliegender Erkrankung, Gewebedegeneration und Risstyp, vor.

Rekonstruktive arthroskopische Operationen am Hüftgelenk sind bislang nur in Ausnahmefällen indiziert. Mögliche Indikationen bestehen nach Verlust des Labrum acetabulare oder großen Knorpeldefekten, die nicht mittels klassischer Verfahren wie Abrasionsarthroplastik und Mikrofrakturierung behandelt werden können. Marc Philippon aus Vail/U.S.A. bewegt sich technisch im Hüftgelenk seit einigen Jahren auf höchstem Niveau. Zusammen mit seinen Mitarbeitern stellt er seine Erfahrung mit der Rekonstruktion des Labrum acetabulare mit einem Fascia-lata-Streifen vor.

Keine andere Erkrankung hat die gelenkerhaltende Hüftchirurgie der letzten 10 Jahre so stark geprägt wie das femoroazetabuläre Impingement. Während die operative Behandlung in den ersten Jahren ausschließlich über eine chirurgische Luxation erfolgte, haben sich seit 2003 arthroskopische Techniken entwickelt. Ich beschreibe Vor- und Nachteile der offenen und arthroskopischen Operationstechnik und stelle meinen aktuellen Behandlungsalgorithmus in Abhängigkeit von Impingement-Typ und -Schweregrad vor.

Die Indikationsliste für die Arthroskopie des Hüftgelenks wurde auf Komplikationen nach endoprothetischem Hüftersatz erweitert. Einsatzmöglichkeiten bieten sich bei unklaren Schmerzen, Impingement und Psoasirritationen. Die Arbeitsgruppe um Richard Villar aus London beschreibt ihre Erfahrungen nach Arthroskopien von Hüftgelenken, die mittels Oberflächenersatzprothesen endoprothetisch versorgt wurden.

Ich hoffe, dass wir mit dem vorliegenden Heft Ihr Interesse an dem spannenden Gebiet der arthroskopischen Hüftchirurgie wecken und dem bereits aktiven Hüftarthroskopeur den einen oder anderen operativen oder klinisch relevanten Tipp geben können.

Ihr

Michael Dienst